Die Bundesliga legt wegen der WM-Qualifikation eine Atempause ein. Bei einigen Klubs könnten die nächsten 14 Tage unabhängig von Ergebnissen und Tabellenstand äußerst ungemütlich werden. Unzufriedene Spieler und "schizophrene Geschichten" sind die Hauptursache.
Auch wenn ein erheblicher Teil der Spieler auf Reisen ist und einen geregelten Trainingsbetrieb erschwert oder weitgehend unmöglich macht, herrscht keineswegs Ruhe bei den Bundesliga-Klubs. Der eine oder andere hat sogar richtig Feuer unterm Dach.
Brandherd Wolfsburg
Da kam sicher eins zum anderen, als Grafite am Samstag der Kragen platzte: Seine anhaltende Torflaute, verheerende Leistungen in Serie und dann eine nach seinem Empfinden demütigende Auswechslung in Bochum.
Mehr Respekt bat sich Deutschlands Fußballer des Jahres von Trainer Armin Veh aus. "Mich schon nach fünf Minuten in der zweiten Halbzeit auszuwechseln, ist vom Trainer nicht okay. Ich bin kein kleiner Junge und auch keine 20 Jahre mehr. Ich bin Familienvater. Ich habe eine Geschichte in diesem Verein. So eine Auswechslung zu diesem Zeitpunkt habe ich nicht verdient."
Grafite zum Rapport
Mit den Aussagen seines Sturmführers konfrontiert, sagte Veh am Sonntag nur: "Das hätte er nicht sagen sollen." Und in der Tat kommt es zum Nachspiel. Am Mittwoch muss Grafite zum Rapport bei seinem Vorgesetzten antreten. Dann dürfte der Torschützenkönig der vergangenen Saison bestätigt bekommen, was ohnehin schon allgemein angenommen wird: Aus dem Leitwolf Grafite dürfte fürs erste der Reservist Grafite werden.
Einen ähnliche gelagerten Pflegefall hat der Meister gleich noch mal im Kader. Der etatmäßige Abwehrchef Andrea Barzagli saß zuletzt in der Champions League bei Manchester United (1:2) und in Bochum (1:1) 90 Minuten auf der Bank. Doch im Gegensatz zu Grafite hält der Italiener still. Noch...
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Brandherd Stuttgart
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Misstöne beim VfB fallen. Schließlich dürfte nicht jedem Markus Babbels "heavy rotation" gefallen. Und wenn es dazu dann noch derart mies läuft wie zuletzt...
Acht-Millionen-Einkauf Zdravko Kuzmanovic ist es jetzt zu bunt geworden. Von der Bank aus verfolgte der Serbe zuletzt die Partien in der Champions League gegen Urziceni (1:1) und Bremen (0:2). Über die volle Länge. "Ich trainiere hundert Prozent, bin fit und seit drei Wochen da. Natürlich bin ich angefressen, wenn ich zweimal nicht zum Einsatz komme. Ich dachte, dass ich spielen würde, deshalb bin ich enttäuscht", klagte der 22-Jährige im "Kicker".
Ungemach für Babbel
Probleme könnte Babbel nicht nur mit unzufriedenen Spielern bekommen. In Sachen Trainerausbildung droht dem 37-Jährigen Ungemach. In dieser Woche bekam er frei, um sich um seine schwer angeschlagene Mannschaft zu kümmern.
DFB-Lehrgangsleiter Frank Wormuth zeigt Verständnis für die prekäre Lage der Schwaben, gab aber auch zu bedenken, dass es kein Zuckerschlecken werden dürfte, den versäumten Stoff nachzuholen.
Wormuth in der "Bild": "Markus Babbel hat momentan die Fehlzeitengrenze in fast jedem Fach erreicht. Wir müssen uns Gedanken machen, wie und wann er das nachholen kann. Hier müssen beide Seiten in den nächsten Wochen gut zusammenarbeiten. Der Inhalt muss auf jeden Fall sitzen, sonst kann man in den Klausuren Probleme bekommen, da man nicht alles aus dem Bauch machen kann."
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Brandherd Köln
Milivoje Novakovic und kein Ende. Nun weilt der FC-Kapitän also bei der slowenischen Nationalmannschaft, die sich auf die entscheidenden WM-Qualifikationsspiele gegen die Slowakei und San Marino vorbereitet.
Die Reise trat er gegen alle Empfehlungen und den ausdrücklichen Wunsch seines Klubs an. Schließlich war der 30-Jährige wegen Adduktorenproblemen nicht einsatzfähig und zudem zuletzt krank geschrieben. Verbieten konnte der FC den Trip nach Maribor wegen der Abstellungspflicht nicht.
Dort wollte Novakovic nach eigener Auskunft am Dienstag ins Training einsteigen, um für die Partie am Samstag beim Spitzenreiter der WM-Quali-Gruppe 3, die Slowakei, fit zu werden. Für den FC kam er in dieser Saison erst drei Mal über 90 Minuten zum Einsatz. Gegen Leverkusen (0:1) reichte es nur zu einem Kurzeinsatz, gegen die Bayern (0:0) fehlte er komplett.
Kleiner Hoffnungsschimmer
Manager Michael Meier fehlt jegliches Verständnis: "Die Geschichte ist doch schizophren. Wir machen ihn hier mit unseren Mitteln gesund. Und dann fährt er da hin. Nova hat doch gar nicht die Fitness, um torgefährlich sein zu können."
Das sieht der Spieler anders, der den slowenischen Teamärzten offenbar mehr zutraut als der medizinischen Abteilung seines Brötchengebers.
Immerhin: Novakovic deutete an, auf das Spiel gegen San Marino am Mittwoch nächster Woche unter Umständen zu verzichten. Das wolle er aber mit "dem Trainer" abklären - dem slowenischen Nationalcoach Matjaz Kek versteht sich.
Brandherd Hamburg
Dass nicht Friede, Freude, Eierkuchen beim HSV herrschen, ist klar, denn nach dem Kreuzbandriss von Paolo Guerrero fällt jetzt auch noch Mladen Petric langfristig aus. Sprunggelenksverletzung. OP. Hinrundenaus!
Doch ist das nicht die einzige Sorge des Bundesliga-Zweiten, denn da ist ja auch noch der schwelende Konflikt zwischen der Klubführung, namentlich Bernd Hoffmann, und Petric. Der kroatische Torjäger würde seinen bis ohnehin bis 2012 laufenden Vertrag gerne verlängern, aber nicht zu den aktuellen Bezügen (rund 2,5 Millionen Euro/Jahr).
Angeblich habe ihm Hoffmann in der vergangenen Winterpause in Aussicht gestellt, seinen Wünschen nachzukommen, jetzt aber umgeschwenkt.
"Beschissen und belastend"
Die jüngsten Vertragsgespräche gingen denn auch ergebnislos zu Ende. Der HSV hat ein nach seinem Empfinden sehr gutes Angebot gemacht, und Petric - für Hoffmanns Empfinden "völlig unverständlich" - hat abgelehnt.
Der HSV steht nun auf dem Standpunkt, dass man seinen Starstürmer trotz allem lange behalten werde. Petric-Berater Volker Struth sagt dagegen: "Ich denke nicht, dass Mladen unter diesen Umständen langfristig beim HSV bleiben wird." Und Petric selbst spricht von einer "beschissenen und belastenden" Situation.
Brandherd Gladbach
Vier Niederlagen in der Liga in Serie, dazu das Aus im Pokal im eigenen Stadion gegen Zweitligist Duisburg und Wolfsburg, Hamburg, Schalke, Bayern und Leverkusen vor der Brust - die Borussia bräuchte gar keine internen Querelen, um genug Feuer unter dem Dach zu haben. Da ist es überflüssig wie ein Kropf, wenn sich zwei Spieler vor laufenden Kameras in die Haare kriegen und den Eindruck eines schlecht spielenden Haufens um den eines zerstrittenen bereichern.
Am Sonntag nach der 0:1-Heimpleite gegen Dortmund gerieten Dante und Kapitän Tobias Levels aneinander. Levels war allein in die Fankurve marschiert, Dante brüllte ihn daraufhin heftig an, worauf Ersterer mit der Scheibenwischer-Geste reagierte.
Dante relativierte den Vorfall inzwischen, kündigte aber auch an, dass es jederzeit wieder zu einem Ausbruch kommen könnte: "Wir stehen alle unter Druck. Da ist es völlig normal, dass es mal knallt", sagte der Brasilianer in der "Bild".
Jetzt schon Durchhalteparolen
Den Druck spüren selbstredend auch Trainer Michael Frontzeck und Sportdirektor Max Eberl, die nach dem Dortmund-Spiel einigermaßen konsterniert wirkten und den leidenden Fans wenig Erbauliches zu sagen hatten.
Eberl: "Wir sind wieder dort, wo wir nicht wieder sein wollten."
Frontzeck: "Die Bundesliga besteht nicht nur aus schönen Phasen, sondern auch aus unangenehmen. Denen muss man sich stellen. Das werden wir tun. Immerhin gibt es noch 26 Spiele."
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