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"Wir haben dem Verein geschadet"

SPOXOTHER
21. Dezember 201416:25
Jürgen Klopp und der BVB stecken tief in der Krisegetty
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Das ernüchternde 1:2 im Kellerduell bei Werder Bremen spült Borussia Dortmund über die Winterpause zumindest auf einen Abstiegsplatz. Wer über die Zukunft des Trainers beim BVB nach der zehnten Saisonniederlage spekuliert hatte, sah sich nach der Partie einem angriffslustigen Jürgen Klopp gegenüber.

Der BVB-Coach analysierte auf der Pressekonferenz nach dem Spiel die Fehler der Vergangenheit und Gegenwart, formulierte aber auch einige Kampfansagen für die nahe Zukunft. Und er nahm Stellung zu möglichen Zugängen in der Winterpause.

Frage:Herr Klopp, wie bewerten Sie das 1:2 Ihrer Mannschaft gegen Werder Bremen?

Jürgen Klopp:Diese Partie kann man getrost als Spiegelbild unserer Vorrunde bezeichnen. Nach dem frühen 0:1 haben wir Hektik in unser Spiel bekommen. Es ging für beide Mannschaften um sehr viel und es war klar, dass es irgendwann auch hektisch werden würde. Aber nicht so früh. Wir haben es in der ersten Halbzeit gar nicht gut gemacht. Zur zweiten Halbzeit haben wir deshalb umgestellt und es ein wenig besser gemacht und hatten auch ein paar Torchancen. Gereicht hat es trotzdem zu nichts.

Frage: Der BVB könnte nun - einen Freiburger Sieg am Sonntag vorausgesetzt - als Tabellenletzter überwintern.

Klopp:Jegliche Form der Kritik, die derzeit über uns hereinprasseln kann, ist absolut angemessen und in Ordnung. Wir sind sehr unzufrieden mit uns und der Situation. Aber es gibt Erklärungen für diese Vorrunde, durch die wir uns durchgequält haben. Die einzig gute Nachricht des heutigen Tages ist, dass die Vorrunde jetzt vorbei ist, dass 2014 jetzt vorbei ist. Es gibt ganz wenig Positives - aber dass es jetzt vorbei ist, darüber bin ich sehr glücklich. Weil das eine super schwere Zeit war und ist. Jetzt können wir den Blick nach vorne richten. Ich gehe davon aus, dass wir als Letzter überwintern. Das ändert nichts daran, dass die Plätze, die mittlerweile für uns sehr schön wären, schon kilometerweit entfernt wären. Wir werden ein erbitterter Jäger sein, das kann ich jetzt schon versprechen!

Frage: Was waren die Knackpunkte für eine derart schlechte Halbserie?

Klopp:An vielen Orten wird heute Abend die Stimmung dramatisch besser sein als in Dortmund - aber die Saison ist noch nicht vorbei! Wir haben noch 17 Spiele und das allerwichtigste: Wir haben eine Vorbereitung. Mit einem bis dahin hoffentlich nahezu kompletten Kader. Was uns bis jetzt gefehlt hat, ist Stabilität. Wir haben viel zu viele Gegentore bekommen. Das werden wir uns erarbeiten, dass das in Zukunft besser wird. Das geht, das können wir und das werden wir auch tun. Dann wird's deutlich schwerer, uns zu schlagen und wenn es mal schwer wird, uns zu schlagen, dann können wir auch wieder gewinnen. Darum wird's gehen.

Frage:Hat die Mannschaft denn im Spiel beim Letzten den Abstiegskampf ganz angenommen? Man hatte das Gefühl, dass Werder Bremen die leidenschaftlichere Mannschaft war.

Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.comKlopp:Wenn man nach drei Minuten in unserer Situation ein Gegentor bekommt, verändert das vieles. Dass man dann nicht zur allerbesten Leistung in der Lage ist, mussten bereits viele Leute in ihrem Leben feststellen. In der zweiten Halbzeit sah das besser aus. Aber wenn man unter der Woche gegen Wolfsburg 124 Kilometer laufen muss, um einen Punkt zu bekommen, ist es einfach auch schwierig, das drei Tage später wieder zu tun. Rücksicht konnten wir darauf aber nicht nehmen, weil wir immer versucht haben, die fitteste Mannschaft aufs Eis zu stellen. Das hat heute erneut nicht geklappt. Wir haben zehnmal in dieser Vorrunde verloren, das ist absolut verrückt. Wir haben die beschissenste Vorrunde unseres Lebens gespielt! Und trotzdem sind wir nur drei, vier Punkte von den Plätzen weg, die für uns komplett in Ordnung wären. Das Rennen ist nicht vorbei, wir geben nicht auf und bleiben dran. Dann wird das anders aussehen. Stand heute: Katastrophe. Aber es geht trotzdem weiter...

Seite 1: Klopp über die Gründe für die Schwäche und berechtigte Kritik

Seite 2: Klopp über Wintertransfers und den Schaden für den BVB

Frage:Braucht der BVB in der Winterpause Verstärkungen, um aus dieser Situation rauszukommen?

Klopp:Wir kennen unsere Situation und es gibt Erklärungen dafür, warum der eine oder andere Spieler in der Vorrunde nicht das abgerufen hat, was er kann. Die meisten Jungs mussten mit einer ganz kurzen oder gar keiner Vorbereitung oder einer Verletzungssituation heraus relativ schnell in den Drei-Tages-Rhythmus kommen und konnten ihre Leistung entsprechend nicht abrufen. Wenn man sich die Ausgangslage in Ruhe anschaut, sieht man, dass keiner dieser Spieler das für eine Bundesliga-Saison notwendige Training führen konnte. Wir mussten sie schnell ins Rennen werfen. Wir haben das Training umgestellt, weil wir gar nicht regulär trainieren konnten. Aber die letzten Jahre haben auch gezeigt, dass wir extrem vom Training leben, vom Arbeiten und von den Abläufen. Dies wieder mit allen Spielern hinzubekommen und alle in die entsprechende Verfassung zu bringen, wird unsere Aufgabe sein.

Über Verstärkungen denken wir die ganze Zeit schon nach. Aber wir holen nicht einfach was dazu, das ist nicht wahnsinnig wahrscheinlich! Wir müssen schon schauen, was wir darstellen können. Und bei aller Ernsthaftigkeit des Ganzen macht Aktionismus jetzt natürlich keinen Sinn. Denn bevor wir jetzt über Leute nachdenken, die wir dazu holen und mit denen dann drei Wochen arbeiten können und die dann für uns alles besser machen, prüfen wir das lieber nochmal ab. Wir glauben daran, dass wir uns von dem Moment an, an dem wir wieder gemeinsam auf dem Trainingsplatz stehen, uns einiges erarbeiten können und es wieder viel unangenehmer für den Gegner wird, als es im Moment ist.

Frage:Wie sehr haben die letzten Monate an Ihnen gezehrt?

Klopp: Wenn einer glaubt, das sei die beste Phase meines Lebens, der täuscht sich. Mit einer vermeintlichen Spitzenmannschaft mitten im Abstiegskampf zu stecken, ist an Herausforderung kaum zu überbieten. Trotzdem ist das meine Aufgabe. Es ist nicht so wahnsinnig wichtig, wie es mir geht, ich komme morgens schon noch aus dem Bett. Dass es auch mal in eine andere Richtung gehen kann, das wusste ich. Dass ich jetzt nicht komplett niedergeschlagen bin, liegt daran, dass wir bereits vor dem Spiel wussten, dass wir aus einer sehr bescheidenen Vorrunde auch mit einem Sieg keine Weltklasse-Vorrunde mehr machen können.

Ob wir mit 15 Punkten dastehen oder mit 18, bedeutet Stand heute nichts. Am Ende der Saison wird man es sehen. Für den Moment - nach dem Spiel - bedeutet es nichts. Vor dem Spiel wollten wir die drei Punkte mit aller Macht haben, aber auch da gab es die drei Szenarien: Sieg, einen Punkt oder verlieren. Und jetzt kann ich nicht so tun, als wäre ich nach dieser Vorrunde völlig überrascht davon, dass wir verloren haben. Über meine Herangehensweise an die Rückrunde bin ich mir seit langem im Klaren. Wir hätten nur gerne eine bessere Startposition gehabt. Ich gehe von Platz 18 aus, das heißt, es kann nicht mehr weiter nach hinten gegen. Es wird also von Beginn an zur Sache gehen.

Frage:Was haben Sie aus der Vorrunde gelernt?

Klopp: Wir mussten viele Dinge lernen. Vor allen Dingen aber, dass es in der Kürze der Zeit und unter diesen körperlichen Voraussetzungen der Spieler unsere beste Leistung abzurufen. Aber: Die Möglichkeit besteht, man kann im Abstiegskampf besser agieren und vor allem stabiler sein. Das können auch wir. Und das werden wir sein. Hundertprozentig werden wir das sein! Das war heute ein ganz schwieriger Tag für alle, denen Borussia Dortmund wichtig ist. Aber: Das Ding ist noch nicht vorbei! Ich würde jedem Einzelnen den Tipp geben, es nicht für unmöglich zu halten, dass irgendwann ein Licht angeht am Ende des Tunnels. Ich glaube daran, ich kenne die Mannschaft. Wir haben alle unserem Ruf geschadet in dieser Vorrunde, uns selber und dem Verein. Aber dieser Verein wird das überstehen und wir werden ganz anders daraus hervorgehen. Den Glauben daran, dass es besser geht, habe ich nicht verloren.

Frage:Wie sieht der Fahrplan für die nächsten Tage aus? Schalten Sie erstmal ab oder gehen Sie sofort an die Aufarbeitung?

Klopp:Wir haben lange genug Zeit gehabt, das einzuordnen. Natürlich wird es noch Gespräche geben mit Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc, wir werden ständig in Kontakt stehen. Aber wir können die Situation in der Weihnachtszeit auch nicht so verändern, dass sie dann nicht mehr so scheiße wäre für uns. Es ist Zeit, dass die Jungs den Akku aufladen - und wir auch - und dass wir erholt an die Sache rangehen. Ich bleibe dabei: Es ist eine körperliche Geschichte. Die Jungs sind unglaubliche Wege gegangen und haben dafür nichts bekommen - weil wir zu viele Fehler gemacht haben. Die Situation ist analysiert, das Spiel gegen Bremen hat für die Analyse keine Relevanz. Es war vorher schon klar, dass die Halbserie nicht mit einem absoluten Glücksgefühl enden würde. Deshalb wäre es ein bisschen komisch, wenn wir damit jetzt erst beginnen würden. Wir haben die Augen davor nicht verschlossen und leben damit schon die ganze Zeit. Unser Fahrplan ist abgesteckt.

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Bremen - Dortmund: Die Statistik zum Spiel

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