In Spanien hat die uneigennützige Abgabe des Trikots an die Fans endgültig ein Ende. Sergio Ramos macht den Anfang und trägt nun Grillfleisch spazieren. In Italien bekommt der Goalgetter ein fragwürdiges Lob und in England antwortet N'Golo Kante endlich auf wichtige Fragen der biologischen Forschung.
Serie A
Von Oliver Birkner
Pimmelgesicht des Spieltags: Höchstwahrscheinlich waren keine damaligen Zeitzeugen im Stadio Dall'Ara anwesend, als Napoli in Bologna für die höchste Heimniederlage seiner Klubgeschichte Revanche nahm. Es ist schließlich schlappe 78 Jährchen her, dass Napoli gegen die Bolognesi 1:6 unterging. Am Samstagabend entzückte das neapolitanische Tanztheater dafür mit einem 7:1 in der Emilia und dem höchsten Auswärtserfolg der SSC-Historie. Einfach sagenhaft, den Fantastischen Vier Insigne, Mertens, Hamsik und Callejon bei der Arbeit zuzuschauen. Ersterer erhielt gar ein besonderes Lob von Coach Maurizio Sarri: "Lorenzo ist mit seinen genialen Tricks ein ganz schön freches Pimmelgesicht."
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Das wird er strahlend vernommen haben. Bolognas Roberto Donadoni hatte den wahren Grund des Heim-Armageddon indes flugs gefunden: "Die Leistung des Referees war heute unter aller Kanone." Sieben Buden kassiert, da muss fraglos der Pfeifenmann Schuld tragen. In dieser Form darf man sich auf kommende Woche freuen, wenn Napoli in der Champions League bei Real Madrid antritt. "Sieben Kracher an CR7", schaute der "Corriere dello Sport" voraus. Die Tifosi befinden sich bereits in heller Aufregung: Aus ganz Italien wurden über 10.000 Flüge gen Madrid gebucht. Sarri fliegt natürlich gratis und erzählte: "Egal wie die Partie ausgeht kann ich in jedem Fall sagen, einmal in der Champions League auf der Bank im Bernabeu gecoacht zu haben." Vor vier Jahren trainierte er noch in Liga drei...
Überflieger des Spieltags: Noch rasanter stürmte sich Cristian Carletti nach oben. Vor 13 Monaten hatte der Angreifer vom Fußballtraum genug. Bei den Profis von Cremonese erhielt er keine Chance, als Leiharbeiter woanders ebenso wenig, da löste er den Kontrakt auf, suchte sich einen Job und kickte bei Kumpels in der Kreisliga C. Dort wurde Pergolettese aus der Serie D auf ihn aufmerksam, wo der 20-Jährige in der Hinrunde sieben Mal knipste. Carpi suchte vergangene Woche noch einen Backup-Stürmer, nun findet sich Carletti plötzlich in der zweiten Liga wieder und spielt um den Aufstieg. Acht Ligen in zehn Monaten übersprungen - das klingt nach einem Fabelrekord.
Altro? Solch einen rasanten Überflug bekommt höchstens noch die Roma hin, zumindest wenn es um das Thema Stadionneubau geht. Vor einigen Jahren kündigte die amerikanische Besitzerkombo mit tosendem Tamtam eine neue Arena an. Die soll sich am Kolosseum orientieren und, laut üblicher US-Bescheidenheit, das Colosseo an Majestät eigentlich noch übertreffen. 2017, allerspätestens 2018 hieß es, würde dort der erste Anstoß erfolgen. Dazu müsste vielleicht einmal der erste Spatenstich erledigt werden. Letzte Woche vermeldete die Stadtführung, das vorgelegte Projekt könne man aus Sicherheitsbedenken so nicht abnicken. Geschwindigkeit gehört eben nicht zu den höchsten italienischen Tugenden. Vielleicht wird Francesco Totti das neue Kolosseum zu seinem 60. ehrenhaft einweihen - fehlen ja bloß noch 20 Jahre.
Premier League
Von Frank Oschwald
Arsene des Spieltags: Der gute Arsene Wenger macht es sich hier und da aber auch ein wenig einfach. Dem peitschenden Gegenwind sämtlicher Fans, die hauptsächlich seine Transferpolitik kritisieren, weicht er gekonnt aus. Erst bei der Pressekonferenz vor dem Chelsea-Spiel wurde der Franzose gefragt, warum Arsenal denn eigentlich nicht N'Golo Kante holte. Der sei doch super, so die allgemeine Meinung. Da hätten ja auch die Gunners mal auf die Idee kommen können. Wenger, der alte Fuchs, antwortete gekonnt: "Das haben wir schon mehrfach probiert. Es hat leider nicht funktioniert." Hört sich zunächst nach einer logischen Erklärung an. Wühlt man allerdings etwas in der Vergangenheit, scheint Wenger dieses Argument dann doch etwas häufiger zu verwenden. Unter anderem wollte er - kein Witz - folgende Spieler verpflichten: Cristiano Ronaldo, Zlatan Ibrahimovic, Didier Drogba, Yaya Toure, Samuel Eto'o, Joey Barton, Petr Cech, Juan Mata, Claude Makelele, Xabi Alonso. Arsene, so geht das nun auch nicht. Du kannst die Jungs nicht groß aufzocken lassen und im Nachhinein sagen: "Aaaah. Den wollten wir auch haben." Das ging vielleicht mal im Deutsch-Unterricht.
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Der umgarnte N'Golo Kante brachte indes Licht ins Dunkel um eine der meist diskutierten Fragen der Biologie. Auf der Insel kochten zuletzt die Gerüchte hoch: "75 Prozent der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Die anderen mit N'Golo Kante", hieß es immer wieder. Der Franzose antwortete dazu auf Social Media: "Es gibt doch mehr als Fußball. Wichtigere Dinge bedecken die Erde", schrieb Kante. Ein Dementi sieht anders aus.
Like des Spieltags: Bitte, lieber Social-Media-Gott! Lass Facebook, Twitter, Whatsapp und dieses ganze andere Gerümpel nienienie aussterben. Wir wüssten ja dann gar nicht mehr, über was wir Woche für Woche in den Blitzlichtern schreiben sollen. Wenn sie den Fußball einstellen würden, wäre das vergleichsweise harmlos. Die zuckerbergschen Jünger liefern uns im Minutentakt neue amüsante Geschichten. Jüngster Vorlagengeber: Alex Oxlade-Chamberlain. Der Brite checkte nach der bitteren 1:3-Pleite gegen Chelsea, was auf diversen Kanälen abging. Unter anderem war dort ein Post "Wenger muss gehen". Das sah The Ox offenbar ähnlich und drückte mal eben flugs "Gefällt mir". Seine 2,2 Millionen Follower registrierten die Reaktion und amüsierten sich köstlich. Arsenal selbst fand die Aktion des - sagen wir mal - meinungsstarken Kickers nicht wirklich geil. Wenig später kam jedoch direkt die Entschuldigung. Er habe den Tweet lediglich "aus Versehen" gelikt. "Ich wollte diesen Post natürlich nicht liken. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass ich es getan habe", so Oxlade-Chamberlain. Ah! Ach so! Aus Versehen! Na dann kann er dafür ja gar nichts.
Tipps könnte er sich in Zukunft vielleicht bei Victor Anichebe holen. Denn der hat das mit Social Media voll im Griff. Der Nigerianer wollte sich bei seinen zahlreichen Fans mal wieder für den grandiosen Support bedanken. Zeit für diesen Bullshit hatte er allerdings nicht. Deshalb schrieb er einem Mitglied seiner Family: "Schreibt einfach etwas in die Richtung: Großer Support gestern und starkes Spiel." Die Family fackelte nicht lange und setzte wie befohlen folgenden Tweet ab: "Schreibt einfach etwas in die Richtung: Großer Support gestern und starkes Spiel." Wenig später wurde der Tweet gelöscht und Anichebe entschuldigte sich bei seinen Fans.
Anything else: Abschließend ist es unsere verdammte Pflicht, uns vor einem der ganz großen Schwergewichte der letzten Jahre zu verabschieden: Frank Lampard verkündete unter der Woche sein Karriereende. 609 Premier-League-Spiele (Platz drei in der ewigen Rangliste), 429 Spiele für Chelsea (nur fünf Spieler machten mehr Spiele für einen einzigen Klub), 177 Tore in der Premier League (Platz vier) und 102 Vorlagen (Platz zwei). Wir könnten bis morgen weitermachen. Farewell Frank Lampard!
Primera Division
Von Frank Oschwald
Nicht-Transfer des Spieltags: Vorneweg eines: Rayo Vallecano ist anders. Sehr anders. Im pompösen Fußball-Theater von Madrid spielen sie an der Seite der Hauptdarsteller um Real und Atletico bestenfalls eine klitschkokleine Nebenrolle. Vielleicht ein Baum oder so. Nichtsdestotrotz bringt das Gallier-Volk mit dem Charme von Köln-Kalk Woche für Woche romantische Fußballgeschichten hervor. So auch in der Woche des Deadline-Days. Los ging eigentlich alles herzlich harmlos. Der Klub verpflichtete wenige Tage vor Transferschluss Roman Zozulya. Dieser wechselte im Sommer zu Real Betis, ist ukrainischer Meister und schnürt seine Schuhe auch für die ukrainische Nationalmannschaft. Kurzum: Auf dem Papier ein ordentlicher Fang für den Erstliga-Absteiger.
Doch der Klub hatte die Rechnung mal wieder ohne die Fans gemacht. Treue Anhänger wühlten ein wenig in der zozulyaschen Vergangenheit und fanden prekäre Details heraus. Bilder mit ihm in Militärkleidung - teilweise garniert mit einem Maschinengewehr - wurden an die Oberfläche gespült. Auch bei seiner Ankunft in Sevilla trug Zozulya ein Shirt mit einem Logo einer ultrarechten politischen Partei aus der Ukraine, die Kämpfer in den Bürgerkrieg in der Ost-Ukraine entsendet. Upsi! Das gefiel den linken Fans von Rayo überraschenderweise nur mittelgut. Sie gingen auf die Barrikaden. "Wir von Rayo wollen solche Typen nicht hier haben - weder auf dem Spielfeld noch auf den Rängen", hieß es in einem offiziellen Statement. Das wiederum ließen die Ex-Kollegen von Zozulya nicht auf sich sitzen. Betis-Kapitän Joaquin Sanchez verlas im Beisein der kompletten Mannschaft einen öffentlichen Brief: "Wir alle, inklusive der Medien, sollten darüber nachdenken, wie leicht es ist, einen solchen Schaden anzurichten. Wir sind Sosulja", hieß es darin. Ende der Geschichte: Zozulya ist nun erst mal zurück zu Betis, ist allerdings nicht spielberechtigt, da er in dieser Saison bereits bei drei Klub gemeldet war.
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Grillfleisch des Spieltags: Wirklich innovativ ist das ja meistens nicht, was da so auf den Bannern im Stadion steht. Mit tollen Sprüchen wie "Ronaldo, schenkst du mir dein Trikot" lockste heute natürlichen keinen Star mehr hinter dem Ofen vor. Ganz abgesehen davon, dass diese verschwitzten Lappen sowieso nur komische Leute wollen. Und überhaupt! Beim Tennis! Da kloppen sich die teilweise sechs Stunden die Bälle um die Ohren und feuern danach ihre triefnassen Schweißbänder in die Menge. Also bitte.
Viel schlimmer ist aber eigentlich: Von den Fans kommt nichts zurück. Da müssen sich die Spieler in Zukunft halt zweimal überlegen, ob sie ihr Leibchen herschenken. Sergio Sanchez aus Vejer de la Frontera gab zuletzt deshalb einen fairen Deal an: "Sergio, wenn du mir dein Shirt gibst, gebe ich dir eine Packung Lomo en Manteca." Ein Tausch, den der gebürtige Andalusier Sergio Ramos natürlich nicht ausschlagen konnte. Deshalb ging der Real-Kapitän nach dem Spiel an die Bande und warf Sanchez sein Trikot zu. Statt direkt kehrt zu machen, wartete Ramos geduldig. Erst in diesem Moment merkte der Beschenkte, dass Ramos das Grillfleisch tatsächlich haben wollte.
Algo mas? Willkommen zurück, Yeray Alvarez! Beim Innenverteidiger wurde vor Weihnachten 2016 Hodenkrebs festgestellt. Am Wochenende feierte der 22-Jährige nach einer Operation sein Comeback. Gegen Barcelona. Er spielte 90 Minuten durch. Fußball ist schön.
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