"Das Letzte, was ich darstelle, ist ein politisches Statement": WWE-Superstar Gunther packt über seine Rolle als "Ringgeneral" aus

Von Tim Ursinus
Gunther und Brock Lesnar im Ring.
© getty

Gunther gehört zu den derzeit größten Superstars der WWE. Nach seiner historischen Regentschaft als Intercontinental Champion will der Österreicher sich am Samstag zum "King of the Ring" krönen und anschließend einen der beiden großen Gürtel ins Visier nehmen.

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Im Interview mit SPOX erklärt Gunther die Bedeutung seines 666 Tage langen Title Runs - mit dem er Legenden wie Bret "The Hitman" Hart, Ric Flair, Razor Ramon oder Shawn Michaels mit großem Abstand hinter sich ließ - und wie es zu dessen Ende bei WresteMania 40 im April dieses Jahres kam.

Außerdem spricht der 36-Jährige, geboren als Walter Hahn in Wien, über seine Pläne beim ersten deutschen WWE Premium Live Event "Bash in Berlin" am 31. August, die Hintergründe zu seinem enormen Gewichtsverlust, die Anerkennung von Wrestling im deutschsprachigen Raum - und sein Gimmick als der in Militärkleidung auftretende "Ringgeneral".

Was löst mehr in Ihnen aus: Der Intercontinental Champion mit der längsten Regentschaft der WWE-Geschichte zu sein, oder bald als "King Gunther" in den Ring zu steigen?

Gunther: Beides. Doppelt gemoppelt. (lacht) Die Intercontinental Championship war besser als ich am Anfang dachte. Und "King of the Ring" (nächstes WWE Premium Live Event am Samstag; Anm. d. Red.) läuft auch sehr gut. Ich habe den Luxus, SmackDown am Freitag abzuwarten und zu sehen, ob ich auf Randy Orton oder Tama Tonga treffe.

War die Niederlage bei WrestleMania gegen Sami Zayn die bitterste Ihrer Karriere?

Gunther: Bittersüß, würde ich sagen. Der Run musste auch irgendwann einmal enden. Und ich war froh, dass es auf der größten Bühne gegen einen sehr guten Gegner passiert ist. Sie ist aber auch eine Chance: Jetzt geht der volle Fokus auf den nächsten Schritt.

Hätten Sie Ihren Gürtel lieber an jemand anderen verloren?

Gunther: Sami war schon ein sehr passender Gegner, er ist generell ein großartiger Wrestler. Mit ihm habe ich auch schon vor der WWE eine persönliche Geschichte und habe in Deutschland bei wXw (Westside Xtreme Wrestling, Anm. d. Red.) schon einmal einen Titel an ihn verloren. Ich wusste, dass es ein großartiges Match für die Fans wird. Deshalb war ich sehr happy damit.

An ihm Rache zu nehmen, würde Ihnen aber schon gefallen - oder haben Sie andere Pläne?

Gunther: Das werden wir sehen. Aktuell macht er sein Ding und ich meines. Der Weg muss jetzt auf jeden Fall Richtung World Heavyweight Championship gehen. Dafür muss "King of the Ring" erstmal klappen, aber dann stehe ich ganz gut da, dass ich mich in diese Position hereindrücke. Es ist das klare Ziel.

Gunther und Brock Lesnar im Ring.
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Gunther: "Davor hatte ich den Look des Metzgers"

Und dann geht es im Optimalfall als Champion zu "Bash in Berlin" am 31. August?

Gunther: Das werden wir sehen. Nach "King of the Ring" steht noch SummerSlam an. Als Champion nach Berlin zu kommen, wäre natürlich eine sehr besondere Sache - und dafür will ich mein Bestes beitragen.

Spätestens seit WrestleMania 40 ist der Hype um Wrestling in Deutschland wieder neu entfacht. Ist das auch Ihr Verdienst?

Gunther: Ich bin auf jeden Fall mitverantwortlich. Wir haben mit Ilja Dragunov und Ludwig Kaiser ein paar deutsche Wrestler aktuell. Ich werde zwar akzeptiert, aber der richtige Deutsche bin ich nicht. (lacht) Es ist ein Boom entstanden. Mich kontaktieren so viele Leute, die Wrestling wieder verfolgen. Es kommen derzeit viele Sachen zusammen, sodass wir wieder Anlauf nehmen können.

Kürzlich wurde Giovanni Vinci aus Ihrer Gruppierung "Imperium" geworfen. Was waren die Beweggründe?

Gunther: Ich mache sowieso mein Ding. Aus egoistischer Sicht war es der richtige Zeitpunkt, sich von Gio zu trennen. Aber auch für ihn ist es eine neue Chance. Von den beiden hat Ludwig Kaiser deutlich mehr herausgestochen. Er ist die eine große Konstante in meiner Karriere, auch schon in Deutschland. Mit ihm bin ich super happy. Auch für Kaiser hoffe ich, dass er in Berlin prominent vertreten sein wird. Da freuen wir uns schon beide sehr darauf.

Vor Ihrem Durchbruch verloren Sie über 25 Kilogramm Gewicht. Eine Entscheidung aus freien Stücken?

Gunther: Ja, auf jeden Fall. Davor hatte ich den Look des Metzgers, das fand ich immer sehr passend für einen Schwergewichtswrestler. Dann wusste ich, dass es nach Amerika geht und ich jede Woche im TV zu sehen bin. Da dachte ich mir, es ist Zeit für die geupdatete Version von mir und ich ziehe voll durch. Am Ende hat es sich gelohnt.

Gunther: "Das Letzte, was ich darstelle, ist ein politisches Statement"

Ihr Charakter hat ja auch eine gewisse Ästhetik bzw. Eigenschaften, die als Heel wunderbar funktionieren. Haben Sie Bedenken, dass es im wahren Leben auch Applaus von der falschen Seite geben kann? Zum Beispiel, wenn Sie jetzt in Deutschland auftreten?

Gunther: Wenn man Österreicher oder deutscher Herkunft ist und alles in Richtung Militär geht, wird man gleich in diese Richtung geschoben. Da gehört auch ein bisschen Fantasie dazu, finde ich. Aber bisher war das nicht der Fall.

Und dahingehend haben Sie auch keine Bedenken?

Gunther: Das Letzte, was ich darstelle, ist ein politisches Statement. Ich bin der "Ringgeneral", der war ich auch schon lange vor der WWE. Das ist ein Begriff, der aus der Wrestling-Welt kommt. Das hat mit nichts anderem zu tun. Wenn man als "Ringgeneral" einen Militärmantel anhat, dann macht das vom Look her auch irgendwo Sinn.

Zurück zu WrestleMania. Dort und in den Shows zuvor holte sich in diesem Jahr mit The Rock nicht zum ersten Mal eine Legende den großen Applaus ab. Verspüren die anderen Wrestler in der Umkleide, die jede Woche ihre Knochen hinhalten, Neid, wenn sie das sehen?

Gunther: Den Gedankengang kann ich auf jeden Fall verstehen. Aber das ist das Showgeschäft. Auch wenn das mit The Rock eine Menge Zeit in Anspruch genommen hat, war das dennoch eine Sache, von der wir alle profitiert haben. Er ist dank Hollywood der berühmteste Wrestler der Welt. In meinem Umfeld habe ich auch keine negative Stimmung verspürt. Ich versuche mich generell nicht zu scheren, was die anderen machen.

Einen Legendenstatus in der WWE zu erreichen ist sicher auch Ihr Traum.

Gunther: So eine Karriere hält nicht für immer. In den nächsten Jahren bin ich in meiner sogenannten Prime. Das will ich das meiste herausholen und der Beste sein, der ich sein kann und auch etwas hinterlassen. Wenn ich irgendwann aufhöre, wäre es mir schon recht, wenn die Leute ein bisschen traurig sind.

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© imago images

WWE: Wrestling für Gunther "mit allen anderen Sportarten unvergleichbar"

Wrestling wird weiterhin ein bisschen belächelt. Haben die Leute falsche Vorstellungen?

Gunther: Es ist schon so, dass in Deutschland oder Österreich immer wieder zu hören ist, dass es kein echter Sport ist und blablabla. Aber das interessiert eigentlich keinen unserer Fans. Die Anforderungen, ein guter Wrestler zu sein, sind breit gefächert. Wir haben Athleten jeglicher Couleur, von Quereinsteigern bis hin zu Leuten, die es schon ewig machen. Aber selbst Olympischen Ringern oder College-Athleten mit optimalen Voraussetzungen fehlt am Ende eine Kleinigkeit. Die größte Herausforderung im Wrestling ist die Balance, um erfolgreich zu sein. Das aktive Leben als Wrestler ist eine Prüfung, weil wir das ganze Jahr am Start sind. Bei uns wird es nie weniger, wir müssen einen gewissen Standard an körperlicher Fitness an den Tag legen.

Zum Abschluss noch eine kleine Ansprache von Ihnen: Warum sollte Wrestling noch mehr Anklang im deutschsprachigen Raum finden?

Gunther: Wrestling hat eine riesengroße Geschichte, gerade im deutschsprachigen Raum! Meine Wenigkeit, und unter anderem auch Ludwig Kaiser, haben uns jahrelang den Allerwertesten aufgerissen. Es war unser Ziel, etwas in Deutschland zu bewegen und wieder vor die Haustür zu bringen. Unser Sport ist ein Live-Spektakel, welches mit allen anderen Sportarten unvergleichbar ist. Kein anderer Sport schafft es, die Leute derart in den Bann zu ziehen und vergessen zu lassen, was sonst gerade in der Welt und im Leben passiert.

WWE, King and Queen of the Ring: Die Match Card im Überblick

NummerMatchBesonderheiten
1Gunther vs. Randy Orton/ Tama Tonga*Finale "King of the Ring"
2Lyra Valkyria vs. Nia Jax/ Bianca Belair*Finale "Queen of the Ring"
3Becky Lynch vs. Liv MorganSingle Match um die Women's World Championship
4Sami Zayn vs. Chad Gable vs. Bronson ReedTriple Threat Match um die WWE Intercontinental Championship
5Cody Rhodes vs. Logan PaulSingle Match um die Undisputed WWE Championship

*Entscheidet sich am Freitag bei SmackDown.