Matchbälle vergeben: Kerber verpasst Melbourne-Finale

Von Ulrike Weinrich
Angelique Kerber
© getty

Angelique Kerber hat das Endspiel der Australian Open nach großem Kampf und einer wahren Nervenschlacht verpasst. Die Kielerin verlor in einem hochklassigen Halbfinale mit 3:6, 6:4, 7:9 gegen die topgesetzte Rumänin Simona Halep und vergab dabei im dritten Satz zwei Matchbälle. Kerber kassierte damit nach zuvor 14 Siegen in Serie ihre erste Niederlage 2018.

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Von Ulrike Weinrich aus Melbourne

Kerber erwischte in ihrem sechsten Grand-Slam-Halbfinale seit 2011 einen klassischen Fehlstart. Gleich ihr erstes Aufschlagspiel musste die 30-Jährige abgeben und erlaubte sich dabei drei unerzwungene Fehler. Halep indes schenkte Kerber keine leichten Punkte und wirkte nach ihrer zu Turnierbeginn erlittenen Knöchelverletzung topfit.

Von den ersten 25 Punkten der Partie gewann die Kielerin nur fünf - und lag in Windeseile mit 0:5 zurück. Erst danach konnte sie ihren ersten Spielgewinn feiern und verkürzte nach zwei Breaks noch einmal auf 3:5. Doch im Gegensatz zu den vorherigen Partien musste Kerber ihrer Kontrahentin immer wieder die Initiative überlassen. Symptomatisch, dass sie Halep mit ihrem zwölften Unforced Error den Satzgewinn nach nur 25 Minuten ermöglichte.

Topgesetzte Halep ließ Kerber weite Wege laufen

Kerber, die vor zwei Jahren im Melbourne Park ihren ersten Major-Coup gelandet hatte, verließ daraufhin den Platz, um sich für den zweiten Satz zu rüsten. Doch auch hier rannte sie der ersten Führung lange vergeblich hinterher. Halep, die in Australien ohne einen Ausrüstervertrag antritt, zog ihr Winkelspiel auf und ließ die frühere Nummer eins weite Wege laufen. Kerber kämpfte, wirkte aber zunehmend frustriert, da Halep kaum Schwächen offenbarte. Als die Deutsche zum 1:1 ausgleichen konnte, zeigte sie die Faust und rief: "Komm' jetzt!"

Der Weckruf wirkte zunächst nur bedingt. Zwar war das Match nun ausgeglichener, doch Halep ließ sich auch nicht beirren, als Kerber nach einem 1:3-Rückstand ausgleichen konnte. Die Rumänin gewann das folgende Aufschlagspiel zu Null - und damit das "ominöse" siebte Spiel. "Angie" schlug aber zurück, nahm Halep in dem nun immer hochklassiger werdenden Match den Aufschlag ab und verwandelte wenig später ihren dritten Satzball zum Ausgleich. In der Box blickte ihr neuer Coach Wim Fissette schon wesentlich zuversichtlicher drein.

Vergebene Matchbälle auf beiden Seiten

Im entscheidenden Durchgang holte sich Kerber, die ihre Gegnerin oft auf der Rückhandseite anspielte, mit einer wahnsinnigen Laufleistung nach einem Marathon-Ballwechsel gleich das Break zum 1:0. Doch Halep ließ nicht nach. "Was soll ich denn machen", rief Kerber zwischenzeitlich. Der spannende Schlagabtausch begeisterte die Zuschauer. Halep ging mit 5:3 in Front, vergab aber dann beim Stand von 5:4 zwei Matchbälle im Folge. Kerber glich aus, konnte aber dann ihrerseits beim 6:5 und eigenem Aufschlag zwei Matchbälle nicht nutzen.

Obwohl beide Spielerinnen von den Strapazen der Weltklassepartie im australischen Sommer gezeichnet waren, wurde die Qualität kaum schlechter. Das entscheidende Break gelang Halep zum Matchgewinn nach 2:20 Stunden. "Ich zittere noch. Es war wie eine Achterbahnfahrt, aber ich habe nicht aufgegeben. Ich bin sehr stolz auf mich", sagte die glückliche Siegerin im OnCourt-Interview.

Halep nun gegen Wozniacki im Finale und um die Nummer eins

Die 26-jährige Halep trifft am Samstag (19.30 Uhr OZ/9.30 MEZ) im Finale des Happy Slams auf Caroline Wozniacki (27). Die Dänin hatte am Donnerstag im ersten Semifinale Außenseiterin Elise Mertens mit 6:3, 7:6 (7:2) bezwungen. Weder Wozniacki noch Halep haben bislang einen Major-Titel gewonnen. Mit einem Sieg könnte "Caro" die Rumänin zudem von der Spitze des Rankings verdrängen.

Die Fragen nach ihrer Rolle als Turnierfavoritin hatte Kerber in den letzten Tagen stets abgeblockt. "Den Druck mache ich mir nicht mehr, den habe ich mir letztes Jahr gemacht", sagte sie gebetsmühlenartig, "und das war, was mir am meisten im Weg stand." Trotz ihres ersten verpassten Grand-Slam-Finals seit September 2016 ist die 30-Jährige auf dem Weg zurück und wird nach Abschluss des Events am Yarra River als Neunte wieder in den Top Ten stehen.

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