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Der größte Raubüberfall der NFL-Geschichte: Als die Dallas Cowboys Herschel Walker tradeten

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Die Dallas Cowboys dominierten die 90er Jahre wie kein anderes Team der NFL. Doch zuvor waren sie eine Lachnummer Ende der 80er. Erst ein zu der Zeit lächerlich einseitiger Trade brachte die Wende und entpuppte sich dabei als größter Raubüberfall der NFL-Geschichte.

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Den Namen Herschel Walker assoziiert man heutzutage eher mit dem gescheiterten Senats-Kandidaten aus dem US-Bundesstaat Georgia, der während seiner gesamten Wahlkampagne im Vorjahr kein Fettnäpfchen ausließ. Doch Walker war einst eine Footballikone.

Mit Georgia gewann er in den 80er Jahren die Heisman Trophy, war dann drei Jahre eines der Aushängeschilder der letztlich gescheiterten Liga USFL für die New Jersey Generals - kurioserweise auch damals schon unter Teameigner Donald Trump, der ihn Jahrzehnte später als republikanischen Senatskandidaten aussuchte. Nach Zusammenbruch dieser Liga erfüllte er sich schließlich einen Lebenstraum und schloss sich den Dallas Cowboys an, die in den 70er Jahren eine Macht, eine Dynasty unter Head Coach Tom Landry waren (zwei Super-Bowl-Titel).

Und jener Herschel Walker war es auch, der den Cowboys dazu verhalf, von einer Lachnummer Ende der 80er Jahre erneut zu einer grandiosen Dynasty zu werden. Und das, ohne auch nur ein Yard zu den drei Super-Bowl-Titeln beizusteuern.

Dallas Cowboys: Neues Regime übernimmt 1989

Die Wende begann für die Dallas Cowboys, die 1988 3-13 waren, im Laufe der Saison 1989. Texas-Öl-Milliardär Jerry Jones hatte die Franchise gekauft und mit Jimmy Johnson einen ehemaligen College-Teamkollegen der University of Arkansas als neuen Head Coach installiert. Ein Move, den Spötter noch heute als Jones' einzigen guten Move als Eigner und General Manager der Cowboys bezeichnen.

Johnson war bis dahin College-Coach und hatte 1988 die National Championship mit "The U", also Miami, gewonnen und war dort generell äußerst erfolgreich. In vier Jahren vor seinem Cowboys-Engagement verlor er ganze zwei Spiele in der Regular Season.

Johnson übernahm einen Kader, der brach lag. Johnson erklärte später in einer "30 for 30"-Ausgabe ("The Great Trade Robbery") von ESPN, dass sein Team "53 Spieler von einem Super Bowl" entfernt war. Das Team beendete die Saison 1-15.

Viel denkwürdiger war jedoch, was Johnson im Laufe der Saison gemacht hat. Er tat nämlich das Unglaubliche und fädelte einen Trade für den einzigen Pro-Bowler, den einzigen Star seines Teams, ein - Herschel Walker.

"Wirklich? Du kannst doch Herschel Walker nicht traden. Wir werden keinen einzigen Punkt erzielen, wenn wir keinen Herschel Walker haben", soll Jones Johnson entgegnet haben, als dieser ihm von dem möglichen Deal berichtete.

Jimmy Johnson (l.) war vermutlich Jerry Jones' (r.) beste Verpflichtung überhaupt bei den Dallas Cowboys.
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Jimmy Johnson (l.) war vermutlich Jerry Jones' (r.) beste Verpflichtung überhaupt bei den Dallas Cowboys.

Dallas Cowboys: Jimmy Johnsons Geniestreich

Der Deal jedoch entpuppte sich als Geniestreich - und als perfide List. Man kann sogar sagen, dass Johnson mit dem Trade General Manager Mike Lynn von den Minnesota Vikings gründlich übers Ohr gehauen hat.

Wir reden hier über eine Zeit, in der in der NFL nicht allzu viel getradet wurde. Man setzte auf den Draft, um Spieler zu holen, entsprechend wurden auch selten Draftpicks getradet. Das Konzept der heutigen Free Agency wurde erst 1993 eingeführt.

Und so war der Walker-Trade letztlich bahnbrechend, noch bevor er sich als das entpuppte, was er tatsächlich war. Zunächst sahen die Cowboys als Verlierer dieses Trades aus, schließlich bekamen sie mit den Linebackern Jesse Solomon und David Howard, Cornerback Isaac Holt, Running Back Darrin Nelson und Defensive End Alex Stewart lediglich Rollenspieler zurück für ihren Superstar. Immerhin: Im Paket war noch der Vikings-Erstrundenpick des Drafs 1993. Die Kritik an diesem Deal war besonders heftig in der örtlichen Presse in Dallas, wo man den Move zerlegte und Johnson als ahnungslosen College-Coach abkanzelte.

Was die Öffentlichkeit damals nicht wusste: Teil dieses äußerst komplizierten Trade-Konstrukts waren Provisionen, die griffen, sollten die Cowboys einen oder mehrere Spieler dieses Deals abgeben. Und Johnson gab später zu, dass er von Anfang an vorhatte, keinen der erhaltenen Spieler zu behalten. Er entließ vier davon, dazu schickte er Nelson per Trade nach San Diego, weil der sich weigerte, für die Cowboys zu spielen.

Unterm Strich brachte dieser Trick den Cowboys dann sieben zusätzliche Draftpicks ein, also acht insgesamt - die Picks der ersten, zweiten und sechsten Runde 1990, der ersten beiden Runden 1991 sowie die Picks der Runden 2 und 3 im Draft 1992 zusätzlich zum bereits bekannten Erstrundenpick 1993.

Herschel Walker spielte für insgesamt vier Teams in der NFL.
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Herschel Walker spielte für insgesamt vier Teams in der NFL.

Dallas Cowboys: Saisons unter Head Coach Jimmy Johnson

SaisonSiegeNiederlagenNFC EastPlayoffs
19891155.-
1990794.-
19911152.Divisional Round
19921331.Sieger Super Bowl XXVII
19931241.Sieger Super Bowl XXVIII

Dallas Cowboys: Exit-Bonus für Herschel Walker

All das für Walker, der sich zunächst sogar geweigert hatte, nach Minnesota zu gehen und sogar mit Rücktritt drohte. Erst ein "Exit-Bonus" seitens der Cowboys in Höhe von einer Million Dollar bewegte ihn zum Umdenken. Walker hielt es jedoch nur bis 1991 in Minnesota aus, wurde dann im Frühjahr 1992 entlassen und spielte danach noch für die Eagles, Giants und letztlich nochmal Dallas (1996, 1997). In seinen letzten drei Jahren in der NFL war er jedoch kaum noch ein Faktor und erzielte nur noch einen Touchdown, obwohl er kein Spiel (als Backup) verpasste.

Und die Cowboys? Sie hatten Gefallen an Trades gefunden und nutzten letztlich keinen einzigen der Picks, die sie aus Minnesota bekamen, selbst. Vielmehr fädelten sie 51 Trades in fünf Jahren ein - mehr als alle Teams der Liga zusammen in dem Zeitraum - und bauten damit ihre Dynasty der 90er Jahre zusammen. Auf diese Weise zogen sie in den folgenden Drafts Hall-of-Fame-Running-Back Emmitt Smith und diverse Pro-Bowler wie Defensive Tackle Russell Maryland, Linebacker Robert Jones oder Safety Darren Woodson nebst zahllosen weiteren Leistungsträgern.

Die Cowboys gewannen nicht nur diesen Trade auf beeindruckende Art und Weise, sie avancierten auch zum Team der 90er Jahre mit insgesamt drei Super-Bowl-Siegen. Beim ersten Titel nach der Saison 1992 war das Team von Johnson sogar das mit der kleinsten Payroll und dem jüngsten Durchschnittsalter. Das Team verteidigte seinen Titel ein Jahr später, anschließend verließ Johnson, der mittlerweile in die Hall of Fame gewählt wurde und seit Jahrzehnten TV-Experte bei FOX ist, die Cowboys nach Querelen mit Jerry Jones, doch das von ihm weitestgehend zusammengestellte Team erreichte noch zwei weitere NFC Championship Games und krönte seine Dynasty mit dem Erfolg in Super Bowl XXX nach der Saison 1995.

Die Vikings wiederum warten bis heute auf einen Super-Bowl-Erfolg.