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Mailbag: Das sind die größten Enttäuschungen nach 4 Spielen

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zu Woche 4.
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Over- und Underperformer: Bei wem passt die Bilanz nicht?

Nico Ju: Bei welchen Teams täuscht der Record über die wirkliche Leistungsfähigkeit hinweg und bei welchen Teams ist es umgekehrt?

Ich hab das mal unterteilt, in "Overperformer" - also Teams, deren Bilanz sie klar besser aussehen lässt als sie sind - und "Underperformer", also Teams, die nach vier Wochen mehr Siege auf dem Konto haben müssten.

Overperformer: Auch jetzt mit der jeweils ersten Niederlage im Gepäck sehe ich die Carolina Panthers und die Denver Broncos mit 3-1 jeweils auf dem zweiten Platz ihrer Division als "Overperformer". In beiden Fällen war der Schedule zum Start in die Saison sehr angenehm, und in beiden Fällen war eine dominante Defense ein wesentlicher Teil der Rechnung.

Das ist schwer aufrecht zu erhalten, und die Matchup-Abhängigkeit wird dabei nochmal mehr unterstrichen. Bei den Broncos traue ich Bridgewater nicht wirklich zu, die Aggressivität in seinem Passspiel über eine komplette Saison durchzuziehen - nach dem Ausfall von K.J. Hamler wird das nicht leichter.

Ich hatte über beide Teams am vergangenen Mittwoch auch schon geschrieben, ja, Darnold spielt besser als bei den Jets und natürlich profitiert er von viel besseren Umständen. Aber ich bleibe skeptisch, dass das reicht, um wirklich oben mitzuspielen. Wenn ich bei einem der beiden auf ein Wildcard-Ticket tippen müsste, dann eher noch Carolina aufgrund des leichteren Schedules und wenig Wildcard-Ticket-Qualität in der NFC North und der NFC East.

Underperformer: Die New York Giants (1-3) wären so ein Kandidat, auch wenn es natürlich legitime Gründe für den Fehlstart gibt - und die sehe ich vor allem im Coaching Staff. Aber allen voran Daniel Jones spielt besser als die Bilanz vermuten lassen würde. Für mich waren die Giants über die ersten vier Spiele das zweitbeste Team in der Division und sollten wenigstens 2-2 stehen.

Die Minnesota Vikings (1-3) habe ich hier auch klar auf dem Zettel. Gegen Cleveland war es jetzt doch mal wieder ein Spiel, in dem die Offensive Line keinen Fuß auf den Boden bekam und Minnesota der Plan B fehlte. Bis dahin aber war ich sehr beeindruckt von der Vikings-Offense insgesamt. Trotz des Fehlstarts habe ich Minnesota deshalb im Wildcard-Rennen auch keineswegs schon abgeschrieben.

Das einzige Team neben den Vikings, das schon drei Niederlagen auf dem Konto aber einen positiven Point-Differential hat, sind die New England Patriots. Diese Niederlage gegen Miami in Woche 1 könnte den Pats am Ende noch richtig wehtun, das war gerade defensiv ein eindrucksvoller Auftritt gegen Tampa Bay. Und falls die Lernkurve bei Mac Jones weiter nach oben geht, und die Offensive Line sich auch irgendwann stabilisiert, würde mich ein kleiner Patriots-Run in der zweiten Saisonhälfte nicht überraschen.

Tabbey: Sind die Cowboys for real?

Absolut! Da bin ich wirklich sehr überzeugt, weil es keine glücklichen Überraschungssiege oder Fluke-Plays in entscheidenden Momenten sind, welche diese Cowboys-Team tragen. Dallas gefällt mir in seinem Kern sehr gut, was die Grundstruktur dieses Teams angeht, und deshalb denke ich auch, dass es für die Cowboys weit gehen könnte.

Das beginnt natürlich mit Prescott, der bislang eine wirklich eindrucksvolle Saison spielt. Kaum ein Quarterback scheint so dermaßen seine Offense auch an der Line of Scrimmage unter Kontrolle zu haben, er spielt exzellent aus der Pocket, verteilt den Ball gut und spielt wahnsinnig ruhig unter Druck. Prescott ist über die ersten vier Wochen vielleicht wirklich der beste Pocket-Passer in der NFL.

Und dann passen die Umstände um ihn herum auch. Die Offensive Line spielt deutlich besser als letztes Jahr, als hier ebenfalls mehrere Starter fehlten. Ezekiel Elliott und Tony Pollard hatten als Duo einen sehr guten Start in die Saison, und dann macht noch ein Spieler wie Cedric Wilson Plays, während die Cowboys auf die Rückkehr von Michael Gallup warten.

All das würde die Cowboys schon zu einem gefährlichen Team machen, aber umso stabiler ist Dallas, weil Big D endlich eine vernünftige Defense hat. Was Dan Quinn macht, ist nicht spektakulär, aber es funktioniert: Er lässt seine athletische Defense schnell spielen, er hat es bisher geschafft, den Ausfall von Top-Pass-Rusher DeMarcus Lawrence aufzufangen, und in der Secondary spielt sich Trevon Diggs gerade ins Rampenlicht.

So wie die Offense spielt, reicht eine Defense, die dir die Spiele nicht verliert; aktuell hat Dallas sogar mehr als das. Natürlich sind die Cowboys nach vier Spielen der haushohe Favorit in der eigenen Division, aber ich denke, dass es dieses Jahr für Dallas noch weiter gehen kann als das.

Hendrick, Leif: Was machen wir mit der AFC South?

Natürlich hat es sich bemerkbar gemacht, dass die Titans gegen die Jets ohne A.J. Brown und ohne Julio Jones antreten mussten. Es unterstreicht aber auch, wie dünn dieser Kader aufgestellt ist - einen echten Plan B gibt es dann kaum, weil die Offensive Line ein riesiges Problem darstellt.

Sieben (!) Mal erwischten die Jets Ryan Tannehill, der für sich betrachtet gar keine schlechte Saison spielt. Aber es fehlt einfach am Support System, und das gilt schematisch, aber eben auch rein was die Qualität in diesem Team angeht. Ja, die Titans können in den meisten Fällen am Boden Schaden anrichten, aber die Qualität dieses Teams über die letzten beiden Jahre war, dass man ein physisches Run Game mit einem wahnsinnig effiziente Passspiel kombiniert.

Der zweite Part dieser Gleichung fehlt aber einfach bislang, und das liegt nicht an Tannehill. Gegen die Jets hatte die Defense, die eigentlich schon auf dem aufsteigenden Ast zu sein schien, dann auch einen herben Rückfall, was wiederum generell den Zustand dieses Teams unterstreicht: Die Titans sind ein massiv instabiles Team, dem ich mit Blick auf die Saison betrachtet trotzdem nicht nur das höchste Ceiling, sondern auch die beste Chance auf den Division-Titel einräume.

Über Houston muss man an diesem Punkt denke ich nicht großartig sprechen, und auch wenn das Duell mit den Bengals einige klare positive Tendenzen bei den Jaguars gezeigt hat - und ich mir bei Trevor Lawrence überhaupt keine Sorgen mache -, ist denke ich klar, dass Jacksonville für diese Saison noch kein Thema ist.

Bleiben die Colts, die mit einem guten Auftritt in Miami zumindest das komplette Desaster in Form eines 0-4-Starts abwenden konnten, gleichzeitig sind die Dolphins derzeit aber kaum ein Gradmesser. Indianapolis war auch schon bevor jetzt die Verletzungen wieder zuschlugen in der Offensive Line viel wackliger als gedacht, und auch die Defense ist deutlich anfälliger als Colts-Fans das vor vier Wochen vermutlich gehofft hatten.

Ich sehe maximal acht Siege für die Colts dieses Jahr, und selbst wenn sich der Floor für dieses Team noch stabilisiert, weiß ich einfach nicht, wo die Upside herkommen soll, besser als letztes Jahr zu sein. Tennessee mit all seinen Problemen sollte diese Division gewinnen und wäre dann zumindest ein gewisser X-Faktor in den Playoffs.

Aber es ist die schlechteste Division in der NFL, und daran besteht für mich nicht im Ansatz irgendein Zweifel.

FRunner08: Welches Spiel sollte man diese Woche nachschauen?

Wer sehen will, wie man eine Outside Zone Offense ersticken kann: Die Browns-Defense vs. Minnesota. Das Spiel würde ich generell empfehlen, weil es außerdem unterstreicht, wie wacklig Baker Mayfield aktuell unterwegs ist, ich hatte darüber am Montag in meinen Takeaways schon ein wenig geschrieben.

Wer sehen will, warum Kyler Murray aktuell mein klarer MVP-Favorit ist: Cardinals vs. Rams, der bislang stärkste Auftritt der Cardinals-Offense gegen eine wirklich gute Defense. Murray war vor allem in der ersten Hälfte nahezu fehlerlos innerhalb der Struktur, und kreierte zusätzlich Big Plays in kritischen Momenten außerhalb der Struktur.

Wer sehen will, wie man Justin Fields schematisch hilft: Naja, die Antwort könnt ihr euch ja denken.

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