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NFL - Ravens vs. Steelers: Es geht um mehr als (nur) den König des Nordens

Von Jan Dafeld
Lamar Jackson trifft mit den Baltimore Ravens auf die Pittsburgh Steelers
© getty

Mit den Baltimore Ravens und den Pittsburgh Steelers treffen am Wochenende zwei der größten Rivalen der NFL aufeinander. In diesem Jahr birgt das Spiel allerdings eine besondere Brisanz, nach sieben Wochen gehören beide Teams eindeutig zum Kreis der Titelkandidaten. Trotz der bisher so erfolgreichen Saison weisen allerdings beide Kontrahenten noch klare Schwachstellen auf. Am Ende könnten diese das Spiel entscheiden.

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Die Feindschaft zwischen den Baltimore Ravens und den Pittsburgh Steelers ist im Jahr 2020 die vielleicht größte Rivalität in der NFL.

Seit der Gründung der Ravens im Jahr 1996 treffen sie und die Steelers jedes Jahr mindestens zweimal aufeinander und seit mittlerweile knapp 25 Jahren sind diese Duelle nahezu immer hart umkämpft. Sowohl Baltimore als auch Pittsburgh zählen konstant zu den besseren Teams der Liga. Seit 1999 beendeten die Ravens nur vier Saisons mit einer negativen Bilanz, die Steelers sogar nur zwei Spielzeiten.

Dementsprechend ausgeglichen ist das Division-Duell, das in vielen Jahren über den Sieger in der AFC North mitentscheidet. Seit 1999 trafen die beiden Rivalen 46-mal aufeinander, 23-mal gewannen die Ravens, 23-mal zogen die Steelers siegreich von dannen.

Darüber hinaus definierten sich beide Franchises über die Jahre vor allem über ihre Defenses. Baltimore baute zu Beginn der 2000er Jahre um Ray Lewis und Ed Reed eine der besten Defenses aller Zeiten auf, die Steelers wurden ihrem Ruf als Nachfolger des berüchtigten Steel Curtains aus den 1970er-Jahren immer wieder gerecht. Auch deshalb schrieb ESPN-Reporter Chris Mortensen vor dem Aufeinandertreffen am Sonntag: "Dieses Spiel wurde früher mit einer Warnung versehen: Nur für erwachsene Zuschauer."

Ravens vs. Steelers: Duell mit besonderer Brisanz

In diesem Jahr kommt das erste Duell der beiden Konkurrenten allerdings mit einer besonderen Brisanz daher. Nach zwölf absolvierten Spielen weisen Baltimore und Pittsburgh zusammen eine Siegesbilanz von 91,7 Prozent auf - nie zuvor in der Geschichte dieses Duells kamen die Ravens und Steelers mit einer besseren kumulierten Bilanz in das Spiel.

Nach sieben Wochen sind die Steelers das letzte ungeschlagene Team in der NFL, die Ravens wiederum haben bislang nur ein Spiel verloren - gegen den amtierenden Champion, die Kansas City Chiefs. Selbst ohne den Rivalitätscharakter verdient sich die Paarung in dieser Saison somit zweifelsohne den Titel als Spitzenspiel.

Passend zur Vergangenheit der beiden Teams waren dabei im bisherigen Saisonverlauf die Defenses besonders dominant. Sowohl die Steelers als auch die Ravens zählen bislang sowohl gegen den Run als auch gegen den Pass zu den besten Teams der Liga. Die Ravens holten in ihrer Bye Week zudem Yannick Ngakoue per Trade aus Minnesota, der Edge Rusher sollte Baltimores Pass-Rush zusätzlich verstärken.

Sehen wir am Sonntag somit auch das direkte Duell der zwei besten Defenses der NFL? Es ist eine Überlegung, die zumindest nicht weit von der Realität entfernt ist.

Wie in nahezu jeder Saison geht es am Sonntag natürlich auch um den Sieg in der AFC North. In diesem Jahr dürfte allerdings noch mehr auf dem Spiel stehen: Aktuell scheinen die Steelers und die Ravens, zusammen mit den Chiefs, zu den drei besten Teams der AFC zu gehören. Dass die einzige Playoff-Bye in der Conference in diesem Jahr an den Sieger der AFC North geht, ist alles andere als ausgeschlossen.

Ravens: Offense ist noch nicht auf dem Niveau der Vorsaison

Doch trotz der bislang durchaus überzeugenden Saison und den vielen eingefahrenen Siegen weisen beide Teams doch noch klare Schwachstellen auf. Schwachstellen, die so vor der Saison nicht unbedingt absehbar waren.

Baltimores historisch gute Offense der Vorsaison ist bislang längst nicht so dominant wie noch 2019. Die Ravens machen zu viele Fehler, es fehlt an Konstanz und das in nahezu allen Bereichen. Die Offensive Line ist nach dem Rücktritt von Marshal Yanda wackliger, zudem fehlt es an verlässlichen Optionen im Passspiel.

Jessie Bates, Safety der Cincinnati Bengals, betonte vor dem Spiel gegen die Ravens, dass man Hollywood Brown tief und Mark Andrews in der Mitte des Felds aus dem Spiel nehmen müsse. Gelinge das, blieben Lamar Jackson keine Receiver mehr, denen er voll vertraut, so Bates.

"Es ist für jeden von uns frustrierend, wenn wir unser Potenzial nicht voll abrufen können", gab Brown während der Bye Week seines Teams selbst zu. "Es liegt nicht daran, was Defenses gegen uns machen. Wir stoppen uns selbst."

Das Spiel gegen Pittsburgh dürfte für die Ravens daher zu einer besonderen Prüfung werden. Baltimore gewann zwar fünf seiner ersten sechs Saisonspiele, dabei trafen die Ravens bislang aber auch nur auf ein Team mit Titelambitionen: die Chiefs - und in diesem Spiel gingen Jackson und Co. nahezu chancenlos unter.

Steelers: Kein langfristiges Erfolgsrezept in der Offense?

Die Steelers wiederum leben offensiv bislang von einer herausragenden Erfolgsquote bei Third Down. Bei ersten und zweiten Downs bekommt Pittsburgh bislang in nur 44 Prozent der Fälle ein neues First Down, das ist der zweitschlechteste Wert der Liga, nur die Giants sind noch schwächer.

Gegen die Titans waren Ben Roethlisberger und Co. bei ihren ersten sieben Third Downs jedes Mal erfolgreich. Mit Blick auf ein einzelnes Spiel ist das beeindruckend, langfristig aber nicht zu halten - und somit aller Voraussicht nach auch kein konstantes Erfolgsrezept.

Roethlisberger spielt bislang eine gute Saison und stellt gegenüber Mason Rudolph und Duck Hodges in der Vorsaison ein gigantisches Upgrade dar. Allerdings lebt Pittsburghs Offense noch zu sehr großen Teilen vom Kurzpassspiel, den Steelers gelingen nur wenige explosive Plays. Big Ben scheint durch seine Ellbogen-Operation tatsächlich etwas Power in seinem Arm eingebüßt zu haben, das wurde gegen die Titans unter anderem bei der Interception von Amani Hooker spät im Spiel deutlich.

Die Offense der Steelers funktioniert bislang über sehr lange Drives mit sehr vielen Plays. Pittsburgh kann sich somit nur wenige Fehler in Form von Sacks oder Penalties erlauben und ist gleichzeitig stark auf seine ungewöhnlich hohe Third-Down-Quote angewiesen. Dass dies langfristig erfolgreich ist, darf - insbesondere gegen eine Defense wie die der Ravens - durchaus bezweifelt werden.

Ravens vs. Steelers: Vermeintliche Schwachpunkte im Fokus

Beiden Teams stehen am Sonntag somit gleich mehrere besondere Prüfungen bevor. Welche Defense kann beweisen, dass sie auch gegen gute Gegner dominieren und ihr Team zum Sieg führen kann? Und welche Offense zeigt, dass sie - wenn es besonders darauf ankommt - gegen Elite-Defenses effizient und erfolgreich aufzutreten vermag?

Die Stärken beider Teams sind vor dem direkten Aufeinandertreffen hinreichend bekannt. Der Schlüssel zum Sieg könnte für die beiden Rivalen letztlich allerdings in einer anderen Frage liegen: Welcher vermeintliche Schwachpunkt ist zu Großem fähig, wenn so viel auf dem Spiel steht?

Ravens vs. Steelers: Die letzten Spiele

DatumGastHeimErgebnis
29.12.2019SteelersRavens10:28
6.10.2019RavensSteelers26:23 (OT)
4.11.2018SteelersRavens23:16
30.9.2018RavensSteelers26:14
10.12.2017RavensSteelers38:39
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