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Preview: Seattle Seahawks vs. Green Bay Packers: Zeit für das nächste Drama?

Von Pascal De Marco
Für Aaron Rodgers und Russell Wilson stehen die Playoffs auf dem Spiel.
© getty

Wenn die Seattle Seahawks (4-5) und die Green Bay Packers (4-4-1) im Thursday Night Game (Freitag, ab 2.20 Uhr live auf DAZN) von Week 11 aufeinandertreffen, dann könnte es einmal mehr zu einem dramatischen Finale kommen. Beide Teams begegneten sich in den vergangenen Jahren immer wieder, nur um für denkwürdige Spielausgänge zu sorgen. Umso brisanter wird es, weil für die Teams von Russell Wilson und Aaron Rodgers vielleicht schon die ganze Saison auf dem Spiel steht.

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Zum siebten Mal in sieben Jahren treffen die Seahawks und die Packers am Donnerstagabend aufeinander. Und das obwohl beide Teams nicht in derselben Division spielen. Grund dafür ist selbstverständlich der große Erfolg, den beide Teams in der vergangenen Dekade erlebt haben. Und dieser kam zu großen Teilen aufgrund von zwei der besten Quarterbacks dieser Generation zustande.

Doch Russell Wilson und Aaron Rodgers waren es nicht immer, die bei diesen Duellen für denkwürdige Finals gesorgt haben. So erinnern wir uns beispielsweise an 2012, als der "Fail Mary" in die Geschichte einging. Ein, nein, gleich zwei vollkommen missglückte Calls in einem Play, welche den Seahawks einen Sieg beim Monday Night Game bescherten und gleichzeitig den Schiedsrichter Lockout und wochenlange Kritik an den Schiedsrichterleistungen der Interims-Refs beendeten.

Eine noch größere Bühne gehörte den Teams zwei Jahr später im NFC Championship Game, als die Packers nur noch einen Onside Kick sichern mussten, um die Reise zum Super Bowl zu planen. Tight End Brandon Bostick jedoch unterlief ein unfassbares Missgeschick, da ihm der auf ihn zufliegende Ball durch die Hände flutschte und von seinem Helm aus in die Hände der Seahawks sprang. Seattle nutzte das Geschenk und hinterließ Bostick als tragischen Helden zurück, nur um zwei Wochen später selbst auf dramatische Art und Weise den Traum vom Super Bowl aus den Händen zu geben.

Aktuell träumen zwar beide Teams von den Playoffs, doch stimmt die Realität aufgrund des bisherigen Saisonverlaufs nicht gerade positiv. Für beide Teams könnte eine Niederlage im Rennen um den vermutlich letzten Wildcard-Spot schon eine zu viel sein. Beide Teams zeigten zwar immer wieder gute Leistungen, Konstanz jedoch ließ man in den darauffolgenden Wochen vermissen. Und so könnte ein Erfolg im Duell zwischen zwei der größten Rivalen in den letzten Jahren vielleicht genau für die nötige Portion Momentum sorgen, um die Saison doch nochmal in die richtige Bahn zu lenken. Dabei scheinen beide Teams immer mehr Gefallen am Laufspiel zu finden.

Seattle Seahawks: Revitalisierung des Run Games

In Seattle glaubt man, dass man ein besseres Team ist als es die bisherigen vier Saisonsiege suggerieren. Das Team verfügt über Talent auf beiden Seiten des Balles, vor allen Dingen in der Defense sind auf jeder Ebene Pro-Bowl-Kaliber zu finden. Die Spiele, die verloren wurden, gab man allesamt mit nicht mehr als einem Score Unterschied ab. Gerade die beiden Auftritte gegen die Rams und das Spiel gegen die Chargers haben dabei gezeigt, dass man eigentlich auch mit den ganz großen Teams mithalten kann.

Gravierend ist beim Anstieg der Formkurve in erster Linie die Verbesserung des eigenen Laufspiels. Offensive Coordinator Brian Schottenheimer und Offensive Line Coach Mike Solari scheinen an genau den richtigen Stellschrauben gedreht zu haben, um einem der schlechtesten Running Games der Liga eine Menge frischen Wind einzuhauchen. Und auch wenn die O-Line in der Pass Protection noch immer Probleme aufweist, so sind die Verbesserungen im Run Block nicht von der Hand zu weisen und Seattle will seine Offense genau über diesen Ansatz fahren.

Kein Team nämlich läuft prozentual häufiger mit dem Ball als das Team von Pete Carroll. Bei einer Rate von 51,06 Prozent liegt man weit über dem Ligadurchschnitt. Mit einem Value over Average bei Running Plays von 2,2 Prozent wird man von Football Outsiders auf dem siebten Platz gelistet. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass Wilson wieder einmal eine herausragende Saison bei Play-Action-Plays spielt und Defensiv-Koordinatoren damit Sorgenfalten auf die Stirn treibt.

Carson, Davis und Penny: Seahawks haben die Qual der Wahl

Die Seahawks machen außerdem von einer Menge Read-Option-Plays Gebrauch. Wilson führt diese nahezu zur Perfektion aus und hatte auch in der Vorwoche beim Spiel gegen die L.A. Rams großen Erfolg, als er mit mehreren Keepern für sage und schreibe 92 Yards gelaufen ist. Und damit haben ihm acht Yards gefehlt um der vierte Rusher des Teams in dieser Saison zu werden, der in diesem Jahr schon für über 100 Yards gelaufen ist.

Seattles Running-Back-Trio hört auf die Namen Chris Carson, Mike Davis und Rashaad Penny. Jeder von ihnen hat die besagte 100-Yard-Rushing-Marke in dieser Saison bereits geknackt. Und das, nachdem man in den Folgejahren des Abgangs von Marshawn Lynch verzweifelt nach einem Back-Ersatz gesucht hat. Die Flexibilität auf der Position unterstützt die Seahawks bei ihrem laufintensiven Spiel. So kann der Coaching Staff für die Verteilung der Carries entweder die bisherigen Snap-Zahlen oder die Effektivität während des Spiels zur Hand nehmen.

Von diesem Ansatz werden die Seahawks sicher auch gegen Green Bay versuchen zu leben. Trotz eines eigentlich beeindruckendem Auftritts gegen die Dolphins in der Vorwoche gab es beim Kontrahenten aus Wisconsin am Wochenende Grund zur Sorge. Die ohnehin schon schwachen Auftritte der Run Defense wurden von einem weiteren horrenden Tackling-Tag garniert. Green Bay verpasste 15 Tackles und damit sogar einen mehr als beim Totalausfall in Washington. Dies darf man sich in Seattle mit Sicherheit nicht erlauben.

Green Bay Packers: Weniger ist mehr

Aufseiten der Packers muss man sich im Übrigen keineswegs vom Run Game der Seahawks verstecken. Green Bay läuft mit einem Value over Average von 14,2 Prozent im Running Game und dem zweitbesten Wert der Liga sogar noch einmal deutlich effizienter als der bevorstehende Gegner. Dennoch wählt man einen deutlich anderen Ansatz. Die Packers spielen nämlich nur in 34,01 Prozent der Fälle ein Running Play und damit um rund 17 Prozent seltener als Seattle, da man seine Hoffnung lieber in die Arme und das Talent von Rodgers legt.

Wohl dem, dessen O-Line also in beiden Aspekten konstant hervorragend abliefert. Nicht umsonst setzte Pro Football Focus die Packers-Unit in ihrem O-Line-Ranking nach Week 10 auf den zweiten Platz. Nach vier Spielen, in denen man für durchschnittlich 133,8 Yards bei beeindruckenden 5,9 Yards pro Laufversuch lief, wohlverdient.

Es würde also nicht verwundern, wenn Green Bay gegen Seattle häufiger auf das zuletzt immer erfolgreichere Stilmittel setzt. Einerseits, weil Seattle in Pass Coverage in dieser Saison einen hervorragenden Job absolviert und Carrolls Defense vor heimischer Kulisse immer nochmal ein Level hochzuschalten scheint, andererseits weil die Packers auf fremdem Terrain den Run bislang gemieden haben. Hier nämlich ging die Run-Tendenz sogar auf rund 30 Prozent und es gab satte fünf Niederlagen in fünf Versuchen.

Wilson gegen Rodgers: Am Ende entscheiden die Quarterbacks

Wenn Packers-Fans aufgrunddessen und wegen der letzten Auftritte im CenturyLink Field nun ihre Hände vor dem Gesicht zusammenschlagen möchten, dann sollten sie damit lieber noch warten. Denn der vermeintlich größte Heimvorteil der Liga hat den Seahawks in den letzten fünf Spielen ebenfalls nur zu einem Sieg verholfen. Und überhaupt: Die Entscheidung wird in diesem Spiel nicht das Spiel auf dem Boden liefern.

So effektiv das Running Game auch sein und so häufig es eingesetzt werden mag: Spiele gewinnt man damit heutzutage eher nicht mehr. Das musste Seattle in der Vorwoche gegen die Rams schmerzhaft feststellen, als man einen Franchise-Rekord von 273 Rushing Yards aufstellte und am Ende dennoch mit leeren Händen dastand.

Am Ende wird es stattdessen wieder einmal auf zwei der großartigsten Quarterbacks der letzten Dekade ankommen. Zwei Quarterbacks, die Meister darin sind zu improvisieren und spektakuläre Plays aus schon lange verloren geglaubten Situationen zu liefern. Wilson und Rodgers haben sich in den letzten Jahren immer wieder großartige Schlachten geliefert und Donnerstagnacht dürfte mit der Voraussetzung der auf dem Spiel stehenden Playoffs das nächste Kapitel in dieser Rivalität schreiben. Darauf freut sich nicht nur Wilson.

"Wir hatten schon einige großartige Spiele gegeneinander mit einigen tollen Momenten", erinnert sich der Seahawks-QB. "Es waren Spiele, in denen die Entscheidung in der letzten Sekunde gefallen ist. Ich freue mich immer auf die Duelle mit ihm und einem großartigen Team wie den Packers."

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