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Third And Long: Cousins und Co. - die Quarterback-Prognose vor der Free Agency

Das Quarterback-Karussell wird das große Thema der kommenden Free Agency sein.
© getty

Ab dem kommenden Montag beginnt das Verhandlungsfenster, am Mittwoch startet die Free Agency und alle Spieler mit auslaufendem Vertrag dürfen wechseln. Im Fokus steht dabei das Quarterback-Karussell um Kirk Cousins, Case Keenum, Teddy Bridgewater und Co. In seiner wöchentlichen NFL-Kolumne blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke auf die interessantesten Kandidaten und ordnet sie neuen Teams zu. Außerdem: Mögliche Free-Agency-Steals, die schwächsten Positionsgruppen auf dem Markt - und Johnny Manziel!

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Free-Agency-Quarterbacks: Wohin wechseln Cousins, Bridgewater und Co.?

Kirk Cousins

Welches Scheme passt? Cousins ist durch Shanahan und Gruden primär durch zwei Dinge geprägt: West-Coast-Elemente kombiniert mit einem äußerst effizienten Bootleg-Play-Action-Spiel. Also: Rhythmus und Timing im Passspiel, Big Plays vor allem aber nicht nur über Play Action. Cousins ist ein akkurater Passer, in der vergangenen Saison zeigte er, dass er auch in einer personell schwach besetzten Offense gute Leistungen abliefern kann.

Welches Team macht Sinn? Cousins sucht nach seiner Zeit in Washington dem Vernehmen nach vor allem drei Dinge: Stabilität innerhalb der Organisation, vollste Rückendeckung durch die Team-Bosse und eine ernsthafte Chance auf den Titel. Denver könnte ihm viel bieten, Scheme-technisch könnte er gut zu Bill Musgrave passen. Doch was, wenn die Broncos wackeln und Vance Joseph schließlich doch - wie schon gegen Saisonende der vergangenen Spielzeit erwartet - entlassen wird?

Der beste reine Scheme-Fit wäre mutmaßlich bei den angeblich spendierfreudigen Jets. New York hat überraschend Offensive Coordinator John Morton entlassen und ihn durch Jeremy Bates ersetzt, was bereits mit Blick auf Cousins geschehen sein könnte: Bates hat in Denver unter Shanahan und unter Rick Dennison gelernt, sein Scheme sollte dem, was Cousins aus Washington kennt, am nächsten kommen. Doch wie groß sind die Chancen, dass New York mit Cousins zeitnah ein Titelaspirant ist?

Die wären in Minnesota ohne Frage gegeben, wo zumindest Teile der Offense für Cousins ebenfalls vertraut sein sollten: Der neue Vikings-Offensive-Coordinator John DeFilippo hat zuletzt unter Doug Pederson gearbeitet, hat hier also ebenfalls eine West-Coast-Prägung erhalten. Und die Aussicht, dieses Scheme um Run-Pass-Options zu erweitern und mit mehr Play-Action zu versehen, muss Cousins eigentlich gefallen.

Prognose: Vikings. Ja, Cousins wird teuer und Coach Mike Zimmer hat das bei der Combine offen thematisiert. Auf der anderen Seite: Ein Franchise-Quarterback muss früher oder später bezahlt werden, das würde auch für Bridgewater gelten, sollte der einschlagen, und die Vikings sind von allen Teams auf dem QB-Markt die Franchise, die am deutlichsten jetzt ihr Titel-Fenster hat.

Cousins ist das fehlende Puzzleteil, Bridgewater wäre für Minnesota sportlich ein enormes Risiko. Geht das schief, hat man ein weiteres Jahr im Titel-Fenster verloren - und ein Quarterback wie Cousins wird 2019 mutmaßlich nicht verfügbar sein.

Drew Brees

Welches Scheme passt? Brees glänzt in der durchaus komplexen, Matchup-basierten, auf Underneath-Routes und die Mitte des Feldes attackierenden Offense der Saints. Schon immer benötigt Brees eine besonders solide Interior-Offensive-Line, in der vergangenen Saison zeigte er, wie gefährlich er auch als Komplementär-Spieler neben einem dominanten Run- und Screen-Game sein kann.

Welches Team macht Sinn? Hier kann man es kurz halten. Brees und Saints-Coach Sean Payton haben sich über Jahre ein großartiges Scheme aufgebaut, beide sind auch in punkto Play-Calling aneinander gewöhnt. Es gibt kein Team und keine Offense, in die Brees 2018 besser passen würde.

Prognose: Saints. Brees bleibt in New Orleans. Finanziell wird man sich einigen, beide Seiten brauchen einander, um 2018 als ganz heißer Titelanwärter anzugreifen.

Case Keenum

Welches Scheme passt? Der Vergleich von 2016 auf 2017 und von Jeff Fisher auf Sean McVay beziehungsweise Pat Shurmur bei Jared Goff und Case Keenum zeigt eindrucksvoll, wie wichtig Coaching und Scheme für einen Quarterback sind - sofern man nicht über einen der wenigen Elite-QBs verfügt. Keenums völlig unerwartete Vorsaison, die mit weitem Abstand beste Spielzeit seiner Karriere, kam in der extrem Scheme-lastigen, auf Formations-Vielfalt, aufeinander abgestimmte Routes und freie Releases für die Wide Receiver aufbauenden Offense von Shurmur.

Welches Team macht Sinn? Der größte Steal der vergangenen Free Agency (1 Jahr, 2 Millionen Dollar) zeigte 2017, dass er einerseits in einer guten Offense funktionieren kann. Andererseits offenbarte er auch individuelle Qualitäten: Sein Pocket-Verhalten etwa, genau wie seine Passgenauigkeit und die Risiko-Bereitschaft, wenn er dem Scheme vertraute.

Shurmur nach New York zu folgen ist allerdings keine Option, die Giants bauen auch weiter auf Eli Manning. Somit wird er in jedem Fall ein neues Scheme lernen müssen. Ein Verbleib in Minnesota wäre mit Blick auf Keenums Vertrautheit mit den Receivern und der Offensive Line nicht die schlechteste Idee, Arizona unter Mike McCoy könnte ebenfalls passen.

Denver mit Bill Musgrave und seinem Power-Run-Game auf der einen, sowie der Erfahrung mit unterschiedlichen Quarterbacks (Christian Ponder in Minnesota, Nick Foles in Philly und Derek Carr in Oakland) auf der anderen Seite dürfte für Keenum ebenfalls attraktiv sein.

Prognose: Broncos. In diesem Szenario zieht Denver bei Cousins den Kürzeren, und da John Elway nicht wieder auf einen Rookie-Quarterback setzen, sondern stattdessen das Titel-Fenster seiner Defense jetzt nutzen will, entscheidet er sich für den nach Cousins - Brees außen vor - für 2018 "sichersten" Quarterback.

Teddy Bridgewater

Welches Scheme passt? Ein ausgedehntes West-Coast-Scheme, das Bridgewaters mentale Vorteile nutzt. Schon in seinen ersten beiden NFL-Spielzeiten zeigte Bridgewater ein bemerkenswert großes Spielverständnis. Er kann eine Defense vor und nach dem Snap lesen, mit kleinen Bewegungen nutzt er die Pocket effizient. Seine größte Schwäche ist das Downfield-Passing-Game, insofern würde eine Mischung aus Spread, West Coast und Option-Routes Bridgewaters Stärken wohl am ehesten bedienen.

Welches Team macht Sinn? Diese Mischung könnte glänzend nach Minnesota passen, wo man unter John DeFilippo auf viele exakt dieser Elemente bauen wird. Die große Frage lautet: Sind die Vikings bereit, die Chance auf Cousins vorbeiziehen zu lassen und mit einem Quarterback-Risiko in die kommende Saison zu gehen - statt als klarer Contender mit Cousins?

Klar ist: Bridgewater benötigt so viel Hilfe wie möglich in punkto O-Line, Run Game und Wide Receiver, um möglichst schnell wieder einen Rhythmus und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu finden. Denver, sollten die Broncos bei Kirk Cousins scheitern, wäre eine denkbare Option. Offensive Coordinator Bill Musgrave setzt auf ein Power-Run-Game als maßgebliche Identität seiner Offense, kombiniert mit einem Timing-Passing-Game. Eine gute und bekannte Basis für Bridgewater.

Ein Team, das für beide Seiten mit am meisten Sinn machen könnte, sind die Arizona Cardinals. Arizona steht zum Start des neuen Liga-Jahres bekanntermaßen ohne Quarterback und mit einem neuen Offensive Coordinator in Mike McCoy da. Der bringt eine gewisse West-Coast-Prägung mit, hat dieses Scheme aber deutlich komplexer ausgebaut und gleichzeitig in den vergangenen Jahren eine hohe Anpassungsfähigkeit an sein Spieler-Material unter Beweis gestellt. Mit Larry Fitzgerald und David Johnson hätte Bridgewater direkt zwei verlässliche Säulen um sich.

Prognose: Cardinals. Arizona geht ohne Quarterback unter Vertrag ins neue Liga-Jahr, Bridgewater will sich mit einem Ein- oder Zweijahresvertrag beweisen. Die Cards sind derzeit nicht konkret im Titel-Fenster, können sich das Risiko also sportlich leisten und sichern sich die Chance, nach den Abgängen von Arians und Palmer womöglich den Franchise-Quarterback der Zukunft zu finden.

A.J. McCarron

Welches Scheme passt? Gute Frage. McCarron ist 27 Jahre alt und hat vier NFL-Starts auf dem Konto, alle in der 2015er Saison. Im Vorjahr warf er nochmals insgesamt 14 Pässe. Bei McCarron macht es fast mehr Sinn, aufs College-Tape zu schauen - das zeichnet das Bild eines guten Game Managers mit verlässlichem Timing und guter Wurfgenauigkeit vor allem im Kurzpassspiel.

Welches Team macht Sinn? Hue Jackson ließ zu seiner Bengals-Zeit mitunter eine äußerst vielseitige, kreative Offense spielen. West-Coast-Elemente gemischt mit einem Zahlen-System genau wie jede Menge Pre-Snap-Motion, unkonventionelle Formationen, Run-Pass-Options lange bevor diese die NFL im Sturm eroberten und vieles mehr: McCarron sollte in Cincinnati, wenn er auch wenig gespielt hat, im Training und bei den Film-Sessions jede Menge aufgeschnappt haben.

In der vergangenen Saison war von dieser Art Offense in Cleveland unter Jackson wenig zu sehen, eher prägten schwierige Isolation-Reads das Bild. Die Browns haben eine Offensive Line, die kreative Freiheiten gibt. Gleichzeitig dürfte Clevelands Offense unter dem neuen Offensive Coordinator Todd Haley ganz anders aussehen.

Kurzum: McCarron ist weitestgehend eine Unbekannte und auch Teams werden nicht genau wissen (können), was genau der 27-Jährige mitbringt. Das geht so weit, dass man nicht einmal sagen kann, ob McCarron überhaupt das Zeug zu einem fähigen NFL-Starter hat.

Prognose: Browns. Cleveland wollte bekanntermaßen schon während der vergangenen Saison einen nicht gerade günstigen Trade für McCarron einfädeln, kaum ein Coach außerhalb von Cincinnati kennt den Ex-Bengals-Backup besser als Browns-Coach und Ex-Bengals-OC Hue Jackson. McCarron gibt Cleveland eine Starter-Option für 2018, ohne dass die Browns Unsummen ausgeben müssten. So ist gleichzeitig gewährleistet, dass auch ein Quarterback mit dem Nummer-1-Pick im Rennen bleibt.

Sam Bradford

Welches Scheme passt? Bradford ist von allen Kandidaten wohl der flexibelste Quarterback - schlicht weil er schon in so vielen Offenses gespielt hat. Pat Shurmur, Josh McDaniels, Brian Schottenheimer und Norv Turner waren bisher seine Offensive Coordinators. Bradford hat einen mitunter spektakulären Arm und ist ungeheuer präzise, Vikings-Fans dürften sich noch heute an den unglaublich beeindruckenden Season-Opener gegen New Orleans zurückerinnern.

Welches Team macht Sinn? Die große Frage bei Bradford ist nicht, wozu er sportlich in der Lage ist, sondern schlicht und ergreifend, ob er fit bleiben kann. 2016 hinter einer mehr als wackligen Offensive Line hatte Bradford eine unter den Umständen herausragende Saison. Doch welcher Coach in welcher Situation vertraut seinen Knien?

Bradfords Verletzungshistorie wird ihn günstiger machen, er ist ebenfalls ein Kandidat für die Übergangslösung. Vielleicht sogar der beste Kandidat für einen solchen Job aus der gesamten Liste.

Buffalos neuer Offensive Coordinator Brian Daboll wird seine Version der Erhardt-Perkins-Offense installieren. Die ist einerseits komplex und verlangt viel vom Quarterback - einen Rookie hier rein zu werfen scheint also wenig sinnvoll und die Stärken von Tyrod Taylor bedient diese Offense ebenfalls überhaupt nicht - andererseits hat Bradford damit unter Josh McDaniels schon einige Erfahrungen gesammelt.

Prognose: Bills. Dieses Szenario setzt natürlich einen Abgang von Tyrod Taylor voraus, die Bills wollen eine Offense spielen, die schematisch nicht zu Taylor passt. Zum extrem akkuraten Pocket-Passer Bradford dagegen schon. Buffalo hätte so eine gute Übergangslösung, hinter der Peterman und möglicherweise ein Rookie im kommenden Draft herangeführt werden können.

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