NFL

Kühlschrank, Schlägerei & Todesliste

Von Jan-Hendrik Böhmer
Chicago Bears vs. Green Bay Packers. Hier im Jahr 1979 mit Running Back Walter Payton (Nr. 34)
© Getty

Chicago gegen Green Bay. Bears gegen Packers. Oder einfach: The Rivalry. Seit 1921 treten beide Teams gegeneinander an, tragen die längste Fehde der NFL aus. Und selten war es dabei langweilig. SPOX blickt auf die besten Momente aus 182 Spielen zurück - und klärt die wichtigsten Fragen vor dem anstehenden NFC Championship Game.

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Bears vs. Packers: Die Top-Five-Games

Der Brawl: Bears gegen Packers - das ist nicht nur die älteste Rivalität der NFL, es ist auch eine der härtesten. Wie hart? So hart, dass es gleich bei einer der ersten Ausgaben (am 23. November 1924) zu einer ausgewachsenen Schlägerei kam. Zwischen Bears-End Frank "Duke" Hanny und Walter Voss flogen erst die Worte, dann die Fetzen. Und anschließend flogen beide - und zwar vom Platz. Zum ersten Mal in der Geschichte der NFL.

Der erste Mal: 182 Spiele. Doch nur einmal trafen sich beide Teams in den Playoffs - und zwar am 14. Dezember 1941 im Wrigley Field. Damals ging es um den Sieg in der Western Division der noch recht übersichtlichen NFL (bestehend aus zehn Teams) und den damit verbundenen Einzug ins NFL Championship Game. Die Bears fertigten die Packers vor 43.425 Zuschauern mit 33:14 ab und holten wenig später den Titel gegen die New York Giants. Das Titel-Match wollten dann übrigens nur 13.341 Menschen sehen. Da sieht man, was für die Bears-Fans wirklich zählt... nämlich ein Sieg gegen die Packers. Randnotiz: Beide Spiele standen unter dem Einfluss des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor.

How low can you go? 2:0. Das niedrigste Ergebnis, das man sich beim Football vorstellen kann. Und vermutlich das peinlichste. Denn ein Spiel durch eine selbst verschuldete Safety zu verlieren, ist einfach unfassbar erniedrigend. Es auch noch gegen die Bears zu tun, ist ein Todsünde. Begangen hat sie Packers-Quarterback Frank Patrick. Am 7. August 1971 lief er bei einem Pass-Versuch rückwarts duch die eigene Endzone - und aus dem Feld. Safety - und der Sieg für die Bears. Die Fans im County Stadium von Milwaukee waren entsetzt. Mindestens genau so entsetzlich ist Patricks Karriere-Statistik: kein Touchdown, zwei Interceptions, nach drei Jahren beendete er seine Laufbahn. Zu seiner Entschuldigung muss man sagen: Der Mann war eigentlich Tight End und als Quarterback völlig ungeeignet.

Die Wilden 80er: Sorry, aber hier muss ich schummeln. Der Grund: Die 80er hatten es im Bezug auf "Bears vs. Packers"-Highlights dermaßen in sich, dass ich mich nicht für ein Spiel entscheiden konnte und jetzt kurzerhand das komplette Jahrzehnt als Punkt in den Top-Five präsentiere. Im Schnelldurchlauf: Ein Kick mit Köpfchen, der Kühlschrank und die Todesliste.

Den Anfang mach der Kicker. Chester Marcol heißt der. Und er sollte die Packers am 7. September 1980 in der Overtime mit seinem Field Goal zum Sieg schießen. Doch dann kam Bears-Defensive-Tackle Alan Page (heute übrigens Richter in Minnesota) und blockte den Kick - mit dem Kopf. Doch wie es der Zufall wollte, landete der Ball genau in den Armen von Marcol. Vollkommen verängstigt rannte der übrigens unglaublich schöne Mann in die Endzone. Sieg Packers.

Highlight II ist der Mann, den die Fans noch heute nur "den Kühlschrank" nennen. William "The Refrigerator" Perry. Bis zum 21. Oktober 1985 war Perry ein 180-Kilogramm-Rookie, der für Chicagos Defensive-Line vorgesehen war. Doch im Spiel gegen die Packers hatte Coach Mike Dikta eine bessere Idee. Immer wenn sein Team kurz vor der gegnerischen Endzone stand, holte er Perry aufs Feld. Seine Aufgabe: gegnerische Verteidiger aus dem Weg räumen. Und das tat er. Erst ermöglichte Perry Bears-Star-Running-Back Walter Payton zwei Touchdowns, dann erlief er einen selbst. "The Fridge" war geboren.

Wegen Perry verloren die Packers mit 7:23. Und sie wollten Rache. Böse Rache. Wie passend, dass beide Teams nur zwei Wochen später erneut aufeinander trafen. Es wurde zu einem der härtesten Spiele der Serie. Erst flog Packers-Cornerback Mark Lee vom Feld, weil er Bears-Star Payton außerhalb des Spielfelds über die Ersatzbank tackelte. Wenige Minuten später machte dann Green Bays Safety Ken Stills seinen Gegenspieler (Matt Suhey) dem Erdboden gleich - als das Spiel lange abgepfiffen war. Die Bears gewannen dennoch.

Teil III, die Todesliste. Nur ein Jahr später, am 23 November 1986, trug Packers-Defensive-Tackle Charles Martin ein Handtuch mit sich herum, auf dem er gut sichtbar diverse Spielernummern der Bears notiert hatte - zum Beispiel die von Quarterback Jim McMahon. Und genau den knöpfte er sich dann auch vor. Kurz nach einer Interception packte er den Quarterbacks und zeigte einen sehenswerten Body Slam. Ergebnis für McMahon: Schulter ausgekugelt, Saison glaufen. Und Martin? Zwei Spiele Sperre.

Freeze, Baby! Und noch etwas gehört zu dieser Rivalität. Kälte. Klirrende, erbarmungslose Kälte. Denn egal ob Frozen Tundra oder Windy City - die Chance auf Spiele im Schnee ist hoch. Im Winter ist es hier nur eins: saukalt. Das kälteste Spiel in der Geschichte der Bears gab es am 22. Dezember 2008 im Solider Field. Temperatur bei Kickoff: Minus 25 Grad Celsius (Wind Chill bereits mit eingerechnet) - kälter werdend. Kurz: Brrrrrrrr. Gewonnen haben die Bears, weil sie das vermeintlich Game-Winning-Field-Goal von Mason Crosby blockten und in der Overtime ihrerseits trafen.

Die wichtigsten Fragen vor dem NFC Championship Game?

Wer ist besser: Martz oder Capers? Bears gegen Packers. Das heißt auch Mike Martz gegen Dom Capers. Zwei der kreativsten und besten Koordinatoren der NFL im direkten Duell. Die von Martz betreute Bears-Offense gegen die von Capers auf Vordermann gebrachte Packers-Defense. Ein ganz starkes Duell. Doch wer hat nun die besseren Tricks auf Lager? Wer kann sein Team besser auf den Gegner einstellen, sein Gegenüber überraschen? "Ich habe keine Ahnung", sagt "ESPN"-Experte Kevin Seifert. "Und das ist gerade der Clou daran." Fakt ist: Beide Teams haben ihre Spielweise vor entscheidenden Spielen zuletzt dem Gegner entsprechend abgeändert. Und wie werden es wieder tun. "Wir werden einige neue und verrückte Dinge sehen", sagt Bears-Center Olin Kreutz. Martz oder Capers? Die Frage wird sich wohl erst nach dem Spiel beantworten lassen.

Welcher Jay Cutler steht auf dem Platz? Es ist ja so: Es gibt zwei Versionen von Jay Cutler. Die eine wirft vier Touchdowns und gewinnt ein überragendes Spiel (wie gegen die Eagles in Week 12). Die andere wirft vier Interceptions und wird als schlechtester Starting-Quarterback der NFL beschimpft (wie gegen Washington in Week 7). Hin und zurück gerne auch mal in einer Woche. Die Frage ist nun: Welcher Jay läuft im NFC Championship Game auf? Die Antwort: Vermutlich der Versager. Denn gegen die Packers-Defense bekommt Cutler in dieser Saison einfach keinen Fuß auf den Boden. 21 Angrifsserien, ein Offensiv-Touchdown, drei Interceptions, neun Sacks. Bitter. Wenn er nicht erhebliche Unterstützung von seiner Offensive Line, dem Running Game und Tight End Greg Olsen bekommt, wird er es schwer haben. Egal wie gut seine Leistung gegen die Seahawks auch war.

Kann Aaron Rodgers seine gute Form halten? Ja, er kann. Jedenfalls stehen die Chancen dazu sehr gut. Der Packers-Quarterback spielt überragend. Gegen Atlanta brachte er 86,1 Prozent seiner Pässe an - die fünftbeste Leistung in der NFL-Playoff-Geschichte. Seine zehn Touchdown-Pässe in den ersten drei Playoff-Spielen seiner Karriere sind sogar absoluter Rekord. Gegen die Bears-Defense hatte er allerdings so seine Probleme. Zwei Touchdowns und zwei Interceptions in zwei Spielen sind alles andere als überragend. Doch Rodgers hat einen Vorteil: Er liebt Cold-Weather-Games. Zehn Spiele hat der Packers-Quarterback in den Monaten Dezember und Januar an kalten Orten bestritten, acht davon gewonnen. Mit 22 Touchdowns bei nur fünf Interceptions. Und am Sonntag wird es kalt.

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