NFL

Und sie wollen alle nach Dallas!

Von Florian Regelmann
ESPN-Experte Keyshawn Johnson tippt auf einen Super Bowl zwischen den Saints und Jets
© Getty

Die NFL startet am Donnerstag mit dem Kracher zwischen den New Orleans Saints und den Minnesota Vikings in die Saison 2010. Wie groß sind die Chancen des amtierenden Champions aus New Orleans, den Titel zu verteidigen? Wer ist ein möglicher Geheimtipp? Ex-NFL-Star und jetziger ESPN-Experte Keyshawn Johnson hat gemeinsam mit SPOX seine fünf Super-Bowl-Favoriten aufgestellt. Dazu gibt's die SPOX-Super-Bowl-Tipps.

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1. New Orleans Saints

Der Super-Bowl-Sieg von New Orleans war ein Märchen, wie es nur der Sport schreiben kann. Ganz Amerika jubelte mit der von Hurrikan Katrina so furchtbar getroffenen Stadt. Aber - und auch das ist der Sport - jetzt ist das alles schon wieder längst abgehakt. Die Frage, die sich zwangsläufig stellt: Super-Bowl-Hangover? Oder kein Super-Bowl-Hangover?

Die Patriots haben es in den letzten zehn Jahren geschafft, ihren Titel einmal erfolgreich zu verteidigen, aber das ist nicht der Normalfall. Der Normalfall ist eher, dass im Jahr eins nach einem Super-Bowl-Sieg Probleme auftreten. So verpassten die Pittsburgh Steelers beispielsweise nach ihren zwei Super-Bowl-Siegen jeweils im darauf folgenden Jahr die Playoffs. Das wird den Saints trotz der immensen Ausgeglichenheit in der NFL aber nicht passieren.

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Die Mannschaft ist gut genug, um erneut ein gewichtiges Wort mitzureden. Ein Wort: Offense. Wenn man sich entscheiden müsste, wer die beste Offense der NFL aufzubieten hat, müsste man immer Saints sagen. Quarterback Drew Brees ist längst auf einer Ebene mit Tom Brady und Peyton Manning - vielleicht ist er sogar aktuell der beste QB auf dem Planeten.

Niemand hat eine solche Übersicht und sieht das Feld vor sich so gut wie Brees. Er hat deshalb auch im Prinzip keinen Go-to-Guy, den er gerne anspielt. Er spielt den an, der frei ist. Und angesichts des unglaublichen Talents auf den Receiver-Positionen ist immer jemand frei.

Auch das Laufspiel hat dank Pierre Thomas Power und dank Reggie Bush einen Playmaker, der jederzeit für einen Touchdown gut ist. Dazu kommt mit Sean Payton ein Head Coach, der in Sachen offensiver Kreativität und Genialität seinesgleichen sucht. Es spricht nicht wirklich was gegen die Saints...

Das sagt Keyshawn Johnson bei SPOX: "Solange Sean Payton der Coach und Drew Brees der Quarterback ist, sind die Saints immer ein Super-Bowl-Team. Jeder Spieler, der in der letzten Saison wichtig war, ist wieder dabei. Die Saints sind meine Nummer eins."

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2. New York Jets

Für viele Experten der sexy Super-Bowl-Pick, nachdem die Jets in der letzten Saison schon so knapp dran waren und erst im AFC Championship Game den Indianapolis Colts unterlagen. Warum? Na ja, es fängt damit an, dass die Jets mit Rex Ryan einen Coach haben, der im positiven Sinne einen an der Klatsche hat. Aber so richtig. Der Star ist der Trainer. Wenn es bei einem Team zutrifft, dann bei den J-E-T-S.

Mit seiner emotionalen, feurigen Art versteht es der "fette Typ" (Ryan) wie kein Zweiter, sein Team hinter sich zu bringen. Aber das alles würde nichts bringen, wenn er nicht dazu noch einen extrem hohen Football-IQ hätte. Besonders in seinem Spezialgebiet Defense macht Ryan in der NFL niemand was vor.

Für diese Saison wurde die bereits exzellente Verteidigung der Jets mit Cornerback Antonio Cromartie noch mal mit einem weiteren Playmaker verstärkt. Star-Cornerback Darrelle Revis, es gibt keinen besseren in der NFL, weigerte sich lange, zur Mannschaft zu stoßen, weil er seiner Meinung nach nicht seinen Fähigkeiten entsprechend entlohnt wurde. Nun hat Revis seinen neuen Vertrag, sodass auch dieses Problem gelöst wurde. Ist auch besser so, denn Revis' Ausfall hätten die Jets nicht im Ansatz kompensieren können.

In der Offense hängt alles an Mark Sanchez. Der Quarterback hat in seiner Rookie-Saison in Ansätzen gezeigt, dass er das Potenzial zu einem Top-Mann hat. Da es Ryan aber nur darauf ankam, dass Sanchez keine Spiele verliert und er sehr vorsichtig mit seinem jungen QB umging, bleibt abzuwarten, wie Sanchez reagiert, wenn ER Spiele gewinnen muss.

Mit Wide Receiver Santonio Holmes hat er eine weitere Waffe bekommen - in erster Linie soll es bei den Jets aber weiterhin das Laufspiel um Shonn Greene und Neuzugang LaDainian Tomlinson richten. LT muss nach der schwächsten Saison seiner Karriere aber erst noch beweisen, ob er wirklich noch Sprit im Tank hat, oder ob seine glorreiche Zeit nicht einfach längst abgelaufen ist.

Das sagt Keyshawn Johnson bei SPOX: "Alles, was die Jets in der Offseason gemacht haben, geht in die richtige Richtung. Jetzt haben sie auch die Revis-Sache noch gut geregelt. Rex Ryan ist ein Top-Coach, die Spieler glauben an ihn. Und das Team ist so gut in der Defense und mit dem Laufspiel, dass Mark Sanchez nicht zu viel Verantwortung tragen muss. Solange er keine Turnover macht, reicht das."

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3. Minnesota Vikings

Für alle diejenigen, die seit Saisonende sieben Monate NFL-Offseason-Schlaf gemacht haben: Sie haben nichts verpasst. Brett Favre hat natürlich wieder Zirkus gemacht. Total unsicher war er, ob er weitermachen will. Weil ja auch sein Knöchel nicht so gut verheilen würde.

Und weil er wohl nicht wusste, ob er noch ein weiteres Jahr für diesen seiner Meinung nach so unfähigen Coach (Brad Childress) spielen will. Also mussten drei Vikings-Freunde antanzen, um den guten Brett anzuflehen, dass er doch weitermachen soll. Bitte, Brett. Bitte, bitte, bitte. Dann kriegst du auch einen Super-Bowl-Ring. Vielleicht.

Und Brett macht weiter. Natürlich. Weil er es dem Team schuldig sei, sagt er. Es ist aber jetzt auf jeden Fall seine letzte Saison, sagt er. Ach, Brett... Egal, mit einer Sache, die er sagt, hat er auf jeden Fall absolut recht. Die Vikings haben alle Möglichkeiten dieser Welt, um den Super Bowl zu gewinnen.

Ohne Favre hätten sie nicht den Hauch einer Chance gehabt, aber mit ihm ist Minnesota ein Titelfavorit. Favre wird zwar im Oktober 41 Jahre alt, aber sein Wurfarm ist immer noch ein Traum. Durch die Verletzung von Sidney Rice und die Probleme des Migräne-geplagten Percy Harvin gibt es einige Sorgen auf der Receiver-Position, die aber gelöst werden können.

Der Schlüssel: Superstar-Running-Back Adrian Peterson muss eine Bomben-Saison hinlegen und ganz dringend seine Fumble-Neigung abstellen. Ballverluste sind überhaupt der Faktor in Minny. Schon in der letzten Saison waren die Vikings nahe am Super-Bowl-Einzug dran, machten sich aber im NFC Championship Game in New Orleans mit fünf Turnovers alles selbst kaputt. Das darf nicht wieder passieren. Denn diese Saison ist ihre große Chance. Ihre letzte große Chance.

Das sagt Keyshawn Johnson bei SPOX: "Für die Vikings gilt das gleiche wie für die Saints. Das Team ist zusammengeblieben - sie haben alle Puzzleteile, um in dieser Saison das große Ding zu gewinnen. Nur eins noch: Brett Favre geht mir auf die Nerven. Ich kann diesen Zirkus wirklich nicht mehr ertragen." (lacht)

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4. New England Patriots

Nach drei Super-Bowl-Triumphen innerhalb von vier Saisons (2001, 2002, 2004) und der "Fast-Perfect-Season" mit der Niederlage in Super Bowl XLII gegen die New York Giants ist es in den letzten beiden Jahren ruhig um die Patriots geworden.

2008 wurden die Playoffs verpasst und in der vergangenen Saison gab es eine erniedrigende Heimpleite in Runde eins gegen Baltimore. Das ändert aber alles nichts daran, dass die Patriots ein Championship-Team sind und es immer sein werden, solange der Quarterback Tom Brady und der Head Coach Bill Belichick heißt. Und wie reagieren Champions, wenn sie eins auf die Nase bekommen? Richtig: Sie schlagen zurück.

Im letzten Jahr brauchte Brady nach schwerer Knieverletzung noch einige Zeit, um wieder ganz der Alte zu werden, in diesem Jahr wird der Golden Boy - nach der Saison läuft sein Vertrag aus - noch einmal groß aufdrehen. Die Offense der Patriots ist, wenn sie will, von keiner Defense der Welt zu stoppen.

Brady hat mit Randy Moss und dem wieder genesenen Wes Welker gleich zwei Wide-Receiver-Superstars als Anspielstationen - dazu kommt mit Julian Edelman ein Junge, der seinen Durchbruch feiern wird und mit Rookie-Tight-End Ron Gronkowski ein weiteres Juwel. Auch das Laufspiel um Laurence Maroney hinter einer starken Offensive Line, in der Sebastian Vollmer immer mehr Spielanteile bekommt, ist top.

Wenn die Defense nur einigermaßen anständig ist, haben die Pats eine sehr gute Chance, weit zu kommen. Wer Brady hat, kann immer alles gewinnen. Das ist NFL-Grundgesetz.

Das sagt Keyshawn Johnson bei SPOX: "Tom Brady ist in seinem zweiten Jahr nach seiner Knie-Operation, er ist wieder hundertprozentig fit und wird das Team auf seinen Schultern tragen. Dazu kommt Randy Moss. Sein Vertrag läuft nächste Saison aus - ich erwarte eine Explosion von ihm."

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5. Dallas Cowboys

6. Februar 2011: Super Bowl XLV im gefühlt 700.000 Zuschauer fassenden Cowboys Stadium in Arlington. Den Super Bowl im eigenen Stadion gewinnen. Es gibt für die Cowboys nur dieses eine Ziel. Es darf nur dieses eine Ziel geben. Denn: Das Team ist gut aufgestellt. Verdammt gut.

Auch wenn man in der letzten Saison die für ein NFL-Powerhouse peinliche Negativserie von zwölf Saisons ohne Playoff-Sieg beendete, war das Jahr nach der 3:34-Klatsche in Minnesota letztlich doch wieder eine Enttäuschung. Die Chancen, dass sich das nicht wiederholt, stehen aber gut.

Die Offense der Cowboys steht auf einer Stufe mit den besten der NFL. Vor allem deshalb, weil Quarterback Tony Romo die nächste Entwicklungsstufe genommen hat und nun auf dem Weg in die QB-Elite ist. Vielleicht ist er sogar schon dort angekommen. Romo hat inzwischen das richtige Maß gefunden - er ist nicht mehr nur der wilde Werfer, sondern auch ein Taktiker, der es versteht, ein Spiel zu gestalten.

Wide Receiver Miles Austin muss nach seinem Sensationsjahr beweisen, dass er kein One-Year-Wonder ist, aber das sollte kein Problem sein. Mit dem hoch veranlagten Rookie-WR Dez Bryant und Romos Lieblingsanspielstation, Tight End Jason Witten, hat die Offense weitere Trümpfe.

Ganz entscheidend wird es sein, dass Offensive Coordinator Jason Garrett einen Weg findet, um den Ball mehr in die Hände von Felix Jones zu bekommen. Denn der Running Back ist das Elektrisierendste, das seit langem das Cowboys-Trikot getragen hat. Fazit: Dallas hat das Talent, um den Super Bowl zu holen. Wenn es eine Sache gibt, die dem im Wege stehen könnte, ist es Head Coach Wade Phillips, der schon häufig die falschen Entscheidungen getroffen hat.

Das sagt Keyshawn Johnson bei SPOX: "Die Cowboys haben alles, was ein Super-Bowl-Team braucht. Mir gefällt besonders die Tony-Romo-Jason-Witten-Combo. Und Rookie-Receiver Dez Bryant gibt ihnen noch mehr Firepower."

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Sleeper-Team: Kansas City Chiefs

Man könnte es sich jetzt einfach machen und ein Team nehmen wie die Green Bay Packers, die Indianapolis Colts, Baltimore Ravens oder die Pittsburgh Steelers. Vier Teams, die ohne Zweifel ebenfalls das Talent haben, um den Super Bowl zu gewinnen. Nicht umsonst lautet der Super-Bowl-Tipp des renommierten NFL-Experten Peter King (Sports Illustrated): Steelers - Packers 33:27.

Das ist aber dann doch zu einfach. Das sind ja alles keine Sleeper. Auch dass die Cincinnati Bengals mit ihrem Diva-Wide-Receiver-Duo Chad Ochocinco/Terrell Owens für Aufsehen sorgen könnten, ist eigentlich klar. Die Kansas City Chiefs sind da schon eher ein Team, das das Prädikat "Überraschungsteam" verdient.

Das heißt um Gottes Willen nicht, dass Kansas City eine reelle Chance auf den Super Bowl hat, aber das heißt, dass in Kansas City nach Jahren in der Versenkung im Verborgenen ein Team entsteht, das Potenzial besitzt.

Die 4-12-Bilanz (1-7 zuhause) aus der letzten Saison werden die Chiefs in jedem Fall eindeutig verbessern. Matt Cassel hat in New England schon bewiesen, dass er ein sehr guter Quarterback ist. In der letzten Saison waren seine Stats nur deshalb so schwach, weil seine Mitspieler so schlecht waren. Da kann kein QB der Welt gut aussehen.

Neben Cassel verfügen die Chiefs mit Jamaal Charles und Neuzugang Thomas Jones auf der Running-Back-Position über einen One-Two-Punch, der zum besten gehört, was es ligaweit gibt. Auch wenn es noch einige Problemfelder (Receiver, Defense) gibt: Kansas City wird viel mehr Spiele gewinnen als die meisten glauben.

Das sagt Keyshawn Johnson bei SPOX: "Es gibt immer ein Team, das aus dem Nichts kommt und alle überrascht. Ich denke, dass die 49ers das sein könnten, aber die noch größere Überraschung sind für mich die Chiefs. Mit Todd Haley, Charlie Weis und Romeo Crennel hat Kansas City eine All-Star-Trainerbesetzung. Diese Coaches gewinnen alleine vier Spiele für die Chiefs. Aufgepasst auf Kansas City!"

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Super Bowl XLVDer Tipp
Keyshawn Johnson (ESPN-Experte)Saints over Jets
Florian Regelmann (SPOX-Redakteur)Patriots over Vikings
Jan-Hendrik Böhmer (SPOX-Redakteur)Packers over Colts
Master of Disaster (mySPOX-User)Cowboys over Colts

 

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