NBA

Dallas verliert irren Thriller

Von Florian Regelmann
29 Punkte von Dirk Nowitzki reichten den Mavericks nicht zum ersten Saisonsieg
© Getty

Die Dallas Mavericks (0-3) warten auch nach dem dritten Saisonspiel weiterhin auf ihren ersten Sieg. Der Champion verliert trotz eines starken Dirk Nowitzki ein dramatisches Western-Conference-Finals-Rematch bei den Oklahoma City Thunder (4-0) mit 102:104. Kevin Durants Buzzer-Beater sorgt für die Entscheidung.

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Was ein irrer Thriller in Oklahoma City! Vince Carter schien die Mavericks mit seinem Dreier 1,4 Sekunden vor Ende schon zum Sieg geworfen zu haben, doch Kevin Durant hatte noch die Antwort und schoss die Thunder mit seinem Dreier am Buzzer zum vierten Sieg im vierten Spiel innerhalb von nur fünf Tagen.

Durant war mit 30 Punkten (10/16 FG), 11 Rebounds und 6 Assists einmal mehr der überragende Mann auf dem Feld. Russell Westbrook und Serge Ibaka steuerten jeweils 16 Zähler zum OKC-Sieg bei. Ein ganz starker Dirk Nowitzki verbuchte 29 Punkte (9/17 FG, 10/10 FT), 10 Rebounds und 4 Assists für die Mavs.

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Zweistellig punkteten bei Dallas außerdem noch Jason Terry (16) und Delonte West (15). Die Mavs sind nach der Pleite der erste NBA-Champion seit über 40 Jahren (Boston Celtics 1969/1970), der 0-3 in eine Saison gestartet ist. Die nächste Chance für den ersten Saisonsieg bietet sich aber schon am Freitag, dann sind die Toronto Raptors im American Airlines Center zu Gast.

Reaktionen:

Rick Carlisle (Trainer Dallas): "Wenn du eine schwierige Phase hast, dann gehen solche Würfe eben gegen dich rein. Das ist die Realität für uns. Die Basketball-Götter sind im Moment nicht auf unserer Seite, wir müssen sie auf unsere Seite bekommen. Wir machen Fortschritte, aber wir haben noch einen weiten Weg vor uns."

... über die Offseason: "Unser Besitzer hat das Richtige getan, indem er das Team auseinander gerissen hat. Es war das Richtige für die Franchise. Wir müssen es jetzt mit den Jungs richten, die hier sind. Hey, das ist die nackte Wahrheit."

Dirk Nowitzki (Dallas): "Mir hat der Kampfgeist gefallen, den wir zum ersten Mal gezeigt haben. Da draußen zusammen zu spielen und zusammen zu fighten - nur so gewinnst du in dieser Liga etwas. Es wird uns nichts geschenkt. Wir haben denke ich jetzt auch alle verstanden, dass letztes Jahr vorbei ist. Es war definitiv ein Schritt in die richtige Richtung."

Jason Terry (Dallas): "Das war ein ermutigendes Spiel für uns. Wenn auf die Thunder als West-Champion gesetzt wird, dann ist das ja ein gutes Zeichen. Dann sind wir nicht weit weg. Klar, wir wollten gewinnen, aber jetzt haben wir am Freitag ein wichtiges Spiel vor der Brust. Wir haben zwei Heimspiele in Serie verloren, es ist an der Zeit, zuhause ein Spiel zu gewinnen."

Mavs-Besitzer Mark Cuban über den Vorwurf, die Saison im Hinblick auf 2012/2013 abzuschenken: "Das ist absolut lächerlich. Wenn das so wäre, warum sollte ich dann das Gehalt von Lamar aufnehmen? Das ergibt keinen Sinn. Wir sind ein Team. Wir spielen wie ein Team. Und wenn du wie ein Team spielst, dann braucht es eben Zeit, um zu trainieren und sich zu finden. Es braucht einfach nur Zeit."

Kevin Durant (Oklahoma City): "Als Kind träumst du natürlich immer davon, in der NBA einen Game-Winner zu treffen. Es ist wie ein Traum, der wahr wird. Ich habe einfach versucht, selbstbewusst zu sein und mir zu sagen, dass ich den Schuss treffen kann. Und zum Glück habe ich ihn getroffen. Es ist etwas ganz Besonderes."

... über sein Wortgefecht mit Westbrook im Memphis-Spiel: "Jeder auf der Bank hat herumgeschrien. Es waren nicht nur Russell und ich. Wir hatte eine schlechte Phase und jeder wurde etwas lauter. Man sollte das nicht größer machen, als es ist. So etwas passiert jeden Tag. Es geht nun mal emotional her."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Die Mavs beginnen zum zweiten Mal in Folge mit Kidd, West, Marion, Nowitzki und Haywood. Carter kommt erneut von der Bank. Die Thunder mit ihrer gewohnten Starting Five: Westbrook, Sefolosha, Durant, Ibaka und Perkins.

5.: Nowitzkis erster Wurf ist sein patentierter Fadeaway, swish! Ganz früher 9:0-Run der Mavs. 11:2 Dallas. OKC bislang vogelwild, schon 6 Turnover für die Thunder. Coach Brooks reagiert und nimmt die Auszeit.

9.: Westbrook ist aufgewacht! Nachdem der Thunder-Point-Guard 16 Würfe in Folge versemmelt hatte (0/13 in Memphis, 0/3 gegen DAL) scort er jetzt erst nach starkem Drive zum Korb, dann sitzt auch mal ein Jumper. 13:4-Lauf von OKC, nur noch 21:18 Dallas.

16.: Durant nimmt sich seinen ersten Dreier des Spiels und trifft. Dann schnappt sich Harden nach einem Terry-Fehlwurf den Rebound, geht Coast-to-Coast und schließt mit dem Driving-Layup ab. Alles offen. 35:35.

24.: Nowitzki in der letzten Sekunde vor der Pause noch mal mit einem aggressiven Move zum Korb und dem Layup. Gute Halbzeit von Dirk: 14 Punkte (4/6), 4 Rebounds, 2 Assists. OKC ist angeführt vom einmal mehr überragenden Durant (18 Punkte, 6/8, 6 Rebounds, 3 Assists) aber dennoch 56:52 vorne.

31.: Kidd mit dem No-Look-Pass unter den Korb zu Haywood, der Center macht das Ding rein, plus Foul. 12:2-Run der Mavs. 68:62 Dallas. Die Thunder schon wieder mit haufenweise Ballverlusten.

36.: Durant mit dem klugen Pass in die Ecke zu Dreierspezialist Cook, und der trifft mit dem Buzzer von draußen! OKC beendet das dritte Viertel mit einem 13:3-Run und führt trotz 22 Ballverlusten mit 78:76.

39.: Ganz gefährliche Lineup, die OKC jetzt auf derm Feld hat. Durant und Westbrook sitzen draußen, aber dafür killen Maynor, Collison, Harden und Co. Dallas. Harden zieht mal wieder mit Dampf in die Zone und steckt dann durch zu Ibaka, Slam-Dunk! 86:78 Thunder. Inzwischen haben wir einen 21:5-Run. Auszeit Dallas.

46.: Hier ist mächtig Feuer drin! Carter und Ibaka sind vor ein paar Minuten kurz mal aneinander geraten und haben sich Technische Fouls abgeholt, dann sind die Mavs nach einem 13:3-Lauf mit einem Terry-Dreier am Ende plötzlich 91:89 vorne, aber jetzt schlägt OKC wieder zurück. Nowitzki verliert den Ball, Westbrook mit dem Fastbreak-Dunk, plus Foul von Terry! Dann netzt Westbrook noch einen Jumper. 96:93 Thunder.

48.: Nowitzki for three! Ausgleich! Dann bringt aber Durant OKC mit dem Foul-Line-Jumper schon wieder in Führung. Und jetzt wird auch noch ein kritisches Offensiv-Foul gegen Nowitzki gepfiffen. Dirk regt sich tierisch auf und bekommt das Technische, bitter. Durants Freiwurf ist drin, Westbrook legt per Jumper nach. 101:96 Thunder. 46 Sekunden noch.

48.: Terry mit dem Dribble nach rechts, Dreier, drin! Ein typischer Jet! Durant trifft den langen Jumper nicht, aber Ibaka hat den Offensiv-Rebound und wird gefoult. Ibaka vergibt beide Freiwürfe. Die Mavs bekommen neun Sekunden vor Schluss den Ball, die Pille geht zu Nowitzki, Durant will Perkins zur Hilfe kommen und lässt Carter offen, Nowitzki mit dem Pass zu VC und der trifft den Dreier! 1,4 Sekunden vor Schluss führen die Mavs 102:101.

48.: Westbrook mit dem Einwurf zu Durant, KD steigt am rechten Flügel sofort von weit hinter der Dreierlinie hoch und haut das Ding mit dem Buzzer rein! Thunder win! Wahnsinn!

Der Star des Spiels: Kevin Durant. 24 Stunden nach dem Game-Winner in Memphis jetzt der spektakuläre Buzzer-Beater gegen Dallas. 30 Punkte, 11 Rebounds, 6 Assists, 1 Steal, 2 Blocks, dazu überragende Quoten (10/16 FG, 3/5 Dreier) - Durant lieferte seine gewohnten Superstar-Zahlen ab. Einziger Schönheitsfehler waren seine 6 Turnover. Durant ist nach Kobe Bryant (2005/2006) der zweite Spieler in den letzten 25 Jahren, der in den ersten vier Spielen mindestens 30 Punkte gemacht hat. Hat irgendjemand Zweifel, dass Durant seinen dritten Scoring-Title in Folge gewinnen wird? Nicht vergessen darf man in seinem Schatten aber James Harden (15 Punkte, 4 Rebounds, 4 Assits). Harden ist der klare Anführer einer sensationell guten Second-Unit der Thunder. Der Sixth-Man-of-the-Year-Award geht nur über ihn.

Der Flop des Spiels: Lamar Odom. Eins vorneweg: Odom wird zweifellos mittelfristig die Riesenverstärkung für die Mavs sein, die man sich in Dallas erhofft hat. Aber bislang ist der Ex-Laker einfach noch nicht bei den Mavs angekommen. Es gelingt ihm so gut wie nichts. Seine Quote gegen OKC: 2/11. Damit steht Odom jetzt nach drei Spielen bei einer Quote von 4/27. 14,8 Prozent. Brutal. Russell Westbrook war lange ebenfalls auf dem Weg zum totalen Flop, weil er mal wieder seinen Ruf als größte Turnover-Maschine der NBA bestätigte (7 Turnover gegen Dallas) und offensiv überhaupt nicht in Erscheinung trat. Mit 7 Punkten in der Crunchtime rettete Westbrook dann aber noch einigermaßen seinen Abend.

Die Analyse: Die Mavs waren von Anfang an viel fokussierter als in den ersten beiden Spielen. Alles andere wäre nach den zwei peinlichen Auftritten zum Start aber auch unentschuldbar gewesen. Neben einem starken Nowitzki, der sofort seinen Wurfrhythmus fand, gefiel im ersten Viertel vor allem West. Dallas war schnell auf 12 Punkte weg (17:5) und profitierte dabei in erster Linie von den Unzulänglichkeiten der Thunder.

Die Mavs-Defense, in den ersten beiden Spielen absolut unterirdisch, ließ zu, dass OKC die gesamte erste Halbzeit phasenweise weit über 60 Prozent aus dem Feld schoss. Die Thunder drehten das Spiel und lagen zur Halbzeit vorne, obwohl sie sich 13 Ballverluste leisteten und Dallas deshalb 14 mehr Field-Goal-Versuche hatte. Kurzum: Hätten die Thunder nicht ständig den Ball weggeschmissen und Dallas zu vielen leichten Punkten eingeladen, hätte die Sache schon zur Pause erledigt sein können.

War sie aber nicht. Im Gegenteil. Die Thunder bekamen ihre Turnover-Problematik auch in der zweiten Halbzeit nicht in den Griff. Ein Hauptgrund für die Ballverluste lag darin, dass OKC, wenn das Team eine Schwäche hat, einfach keine besonders gute Mannschaft in der Half-Court-Offense ist.

So entwickelte sich eine Partie mit vielen kleinen Runs beider Teams - und mit einer dramatischen Schlussphase. Die Thunder mussten letztlich knapp 60 Prozent aus dem Feld schießen (58,7), um ihre 26 (!) Turnover zu kompensieren. Da die Mavs auch das offensive Brett dominierten (14 Offensiv-Rebounds), hatte Dallas am Ende 27 Würfe mehr genommen (42,2 Prozent). Und verlor dennoch.

Wie sich Dallas in Oklahoma City präsentierte, gibt aber durchaus Anlass zur Hoffnung. Die Mavs sahen in der Offense phasenweise, vor allem im letzten Viertel, mit ihrem charakteristischen Ball-Movement wie die Meister-Mavs aus. Mut machen auch die Leistungen von West und Carter. Letzterer hat bewiesen, dass er zwar nicht mehr der All-Star von früher ist, dass er aber immer noch in der Lage ist, große Würfe zu treffen.

Dass sich die Mavs offensiv finden werden, war allerdings auch nie die Frage. Die Frage wird sein, ob sie in der Defense gut genug sein werden, um ganz vorne mitzuspielen. Aber selbst dann, wenn die Saison kein Erfolg wird, könnte die Zukunft ja rosig sein. Zumindest wenn das eintritt, was Tracy McGrady in den letzten Tagen prophezeit hat. T-Mac glaubt, dass sowohl Deron Williams als auch Dwight Howard in Dallas landen werden...

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