NBA

Vom Basketball-Gott gesegnet

Von Haruka Gruber
Dirk Nowitzki und die Mavericks treffen in den Western Conference Finals auf die Thunder
© spox

Zwischen den Dallas Mavericks und den NBA-Finals steht Oklahoma City. Eine heikle Aufgabe - nicht nur wegen des Star-Tandems der Thunder. Ein Berserker jagt Dirk Nowitzki. Der Head-to-Head-Vergleich.

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Point Guard

Das spricht für Jason Kidd: Wenn Dr. Frankenstein den perfekten Basketballer erschaffen will, muss er Jason Kidds Gehirn nehmen. Kidd lässt sich aber nicht nur auf seinen IQ reduzieren. Nachdem er sich durch das letzte Regular-Season-Drittel geschleppt hat, erwachten im 38-Jährigen in den Playoffs plötzlich neue Lebensgeister. Er ist nicht der Allerschnellste, aber dank physischer und cleverer Spielweise gelang es ihm, selbst einen Kobe Bryant effektiv zu verteidigen. Nach furiosem Start in der Blazers-Serie normalisierte sich seine Dreierquote auf 35,5 Prozent, dennoch bleibt der offene Wurf aus der Ecke eine wichtige Waffe der Mavs, um das Doppeln gegen Nowitzki zu bestrafen.

Das spricht für Russell Westbrook: Vertreter des neuen Typus von Point Guards, die die Herrschaft in der NBA übernahmen. Schnell, extrem athletisch und gleichzeitig mannschaftsdienlich. Verlor sich in den Playoffs vor lauter Übereifer jedoch in Eigensinnigkeiten, nahm viel zu viele Würfe und wurde dafür gescholten. Fand in der Grizzlies-Serie aber seine innere Mitte wieder und bewies in Spiel 7, dass er zu Teamplay gewillt ist: 14 Punkte, 10 Rebounds, 14 Assists. Seine Turnover-Anfälligkeit (4,5 in den Playoffs) und die durchwachsene Bilanz gegen Dallas in der Regular Season (nur 31,8 Prozent Wurfquote) sprechen nicht für ihn, andererseits ist er flinker als Kidd und kräftiger als Barea und Terry, um ähnlich wie Portlands Roy gegen sie aufzuposten.

Fazit: Vorteil Oklahoma City.

Shooting Guard

Das spricht für DeShawn Stevenson: Offensiv limitiert, besitzt aber anders als Sefolosha immerhin einen zuverlässigen Dreier (37,5 Prozent). Ansonsten der Archetyp des hart arbeitenden Rollenspielers, der mit Biss und der nötigen Respektlosigkeit den besten Swingman des Gegners zur Weißglut zu treiben versucht. Nicht zu verachten: In der Regular Season fiel der Dreier gegen die Thunder besonders gut (60 Prozent).

Das spricht für Thabo Sefolosha: Hat sich einen hervorragenden Ruf als einer der besten Verteidiger der NBA erarbeitet. Im Angriff mag er ungefährlich aussehen und in den letzten fünf Monaten nur einmal zweistellig gepunktet haben, dafür kann er dank schneller Füße und langen Armen jede Position decken. Wird deswegen auch bei der Bewachung von Nowitzki mithelfen.

Fazit: Vorteil Dallas.

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Small Forward

Das spricht für Shawn Marion: Sein Spielstil beruhte vormals auf der außeridisch anmutenden Athletik (deswegen der Spitzname "Matrix"), entsprechend bemerkenswert ist es, wie er sich angesichts der schwindenden Explosivität uneitel dem Gefüge unterordnet und sich für die Dinge verantwortlich zeichnet, die nicht vom Boxscore erfasst werden. Wird gegen die Thunder zwangsläufig im Fokus sein, weil er und mit Abstrichen Brewer die Einzigen sind, die es defensiv im Eins-gegen-Eins ansatzweise mit Durant aufnehmen können. Stevenson und Kidd fehlt es an Größe, Chandler, Haywood, Nowitzki und Stojakovic am Antritt.

Das spricht für Kevin Durant: Als ob er vom Basketball-Gott am Reißbrett entworfen wurde: Durant ist die perfekte Offensivwaffe. Mit 2,06 Metern überragt er andere Small Forwards, gleichzeitig ist er flink und kann mühelos zum Korb ziehen oder den Mitteldistanzwurf hochprozentig versenken. Ein Beleg seiner mentalen Toughness und Reife war seine Vorstellung in Spiel 7 gegen Memphis, als ihm trotz anfänglicher Mühen 39 Punkte gelangen und er mit seiner überraschend aggressiven Defense (3 Blocks) voranging.

Fazit: Vorteil Oklahoma City.

Power Forward

Das spricht für Dirk Nowitzki: Spielte gegen die Lakers auf einem selbst für ihn nicht gekannten Niveau. 57,4 Prozent Wurfquote und 93,8 Prozent Freiwurfquote sind grandios, 72,7 Prozent Dreierquote wie von einer anderen Welt. Derzeit gibt es keinen besseren Basketballer als ihn - auch weil er bei aller Korbgefahr seine Mitspieler mit klugen Pässen einzusetzen versteht. Und, weil er entgegen des Vorurteils vorzüglich verteidigt. In der Regular Season von Oklahoma City kaum aufzuhalten (61,9 Prozent Wurfquote, 50 Prozent Dreierquote).

Das spricht für Serge Ibaka: Gehört zu den Entdeckungen der Playoffs. Bekannt war, dass er mit Leidenschaft verteidigt - aber 3,8 Blocks sind überraschend und außerordentlich. Am eigenen Brett wütet er wie ein Berserker, gleichzeitig ist ihm aber auch ein weicher Sprungwurf zueigen. Sein Aufeinandertreffen mit Nowitzki ist das Schlüsselduell der Serie: Gerät Ibaka in Foulprobleme - oder ist er mit seinen 2,08 Metern und der giftigen Spielweise womöglich der denkbar unangenehmste Gegenspieler? Zulezt schien er etwas ausgebrannt.

Fazit: Vorteil Dallas.

Center

Das spricht für Tyson Chandler: Die Statistiken geben nur unzureichend wieder, welche Bedeutung Chandler zukommt. Obwohl er sich im Vergleich zur Regular Season in allen wichtigen Kategorien verschlechtert hat, ist er ein zentraler Faktor des Mavs-Erfolgs. Alleine mit seiner Präsenz am Korb beeinflusst er die Gegner, die aus Angst vor Chandlers Help-Defense zweimal abwägen, in die Zone zu ziehen oder nicht. Ist dank seiner vorbildlichen Fußarbeit und dem guten Auge den meisten gegnerischen Centern basketballerisch überlegen.

Das spricht für Kendrick Perkins: Klassischer NBA-Center. Groß, kräftig - und wesentlich physischer als Chandler. Zwar ist Perkins 8 Zentimeter kleiner, wiegt dafür aber über 20 Kilogramm mehr, die er im Infight zu nutzen weiß. Nach langer Verletzungspause fehlt ihm aber die Konstanz.

Fazit: Vorteil Dallas.

Bank

Das spricht für Terry, Haywood und Co.: In den Playoffs zeigte sich, dass die Mavs-Bank qualitativ und quantitativ am besten bestückt ist. Heißt: Dallas kann je nach Gegner und Spielsituation frei zwischen verschiedenen Formationen wählen. Small Ball gefällig? Dann kommen Terry und Barea. Mehr Größe? Haywood und Brewer stehen bereit. Gefahr von außen erwünscht? Stojakovic und Terry warten nur auf ihre Einwechslung.

Das spricht für Harden, Collison und Co.: Die Bank der Thunder ist ähnlich tief, die Rotation umfasst sogar zehn Namen. Die entscheidenden Spieler sind Sixth Man Harden, ein ähnlicher Typ wie Terry, und Energiebündel Collison, der keine Drecksaufgabe scheut und gemeinsam mit Ibaka Nowitzki zu stoppen gedenkt. Aber: Im Vergleich mit den Mavs geht der Thunder-Bank die Klasse und die Flexibilität ab.

Fazit: Vorteil Dallas.

Coach

Das spricht für Rick Carlisle: Im Falle eines frühen Ausscheidens hätte der Rauswurf gedroht, zwei Playoff-Serien später ist er jedoch unumstritten. Er zog aus der Regluar Season die Lehren und fand eine stabile Rotation, in der jedem eine feste Aufgabe zuteil ist. Seine Philosophie ist nicht revolutionär, vielmehr fußt sie auf der Prämisse, dass die Mannschaft allseits bekannte Spielzüge wie etwa Pick'n'Roll oder die Zonenverteidigung Lehrbuch getreu umsetzt.

Das spricht für Scott Brooks: Der Emporkömmling der Trainer-Gilde mit einem exzellenten Leumund. Steht für Toughness und wurde bereits 2010 zum Coach des Jahres gewählt. Ihm gelang es, aus einer Ansammlung Hochbegabter (Durant, Westbrook) und von anderen verkannter Talente (Sefolosha, Ibaka) eine homogene Einheit zu zu schmieden. Dass sich Westbrook nach seinem Egotrip recht schnell wieder einbekam, ist wohl auch Brooks zu verdanken.

Fazit: Unentschieden.

Prognose

Die Thunder verfügen mit Durant und Westbrook über eines der besten Tandems der Liga und bestechen durch jugendliche Power, dennoch gehen die Mavs als Favorit in die Serie. Womöglich benötigt Dallas nach der langen Pause ein Spiel, um den Rhythmus wiederzufinden, die Tiefe, Nowitzki und die längere Regeneration sollten jedoch den Ausschlag geben. Mavs in sechs.

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