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NBA - Der Ex-Mavs-Flop, der mit der NFL flirtete: Wie Dennis Smith Jr. bei den Hornets seine Karriere retten will

Lottery-Pick Dennis Smith Jr. wurde nach nur eineinhalb Jahren bei den Dallas Mavericks schon wieder getradet.
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Die Dallas Mavericks machten Dennis Smith Jr. erst vor fünf Jahren zu einem Lottery-Pick, doch bei den Mavs floppte er. Nach chaotischen Jahren in der NBA war der Guard kurz davor, den Basketball in die Ecke zu pfeffern - und stattdessen in die NFL zu wechseln. Doch nun erlebt er bei den Hornets ein kleines Revival.

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Er habe sich in den finalen Sekunden etwas zu sehr im Hero Ball verloren, bilanzierte Stephen Curry selbstkritisch. In seiner Heimatstadt Charlotte habe er den Fans eine Show bieten wollen, stattdessen aber: ein (deutlich) vergebener Buzzerbeater zum Ende der regulären Spielzeit, dann die Overtime-Pleite für die Warriors.

"Ich kann einen viel besseren Wurf bekommen als den, den ich hatte", bemängelte Curry nach dem 113:120 gegen die Hornets am Wochenende. Er bekam ihn aber nicht und das hatte nicht nur mit dem Hero Ball des Warriors-Stars, sondern auch viel mit Dennis Smith Jr. zu tun. Richtig gelesen, DER Dennis Smith Jr. - der ehemalige Mavs-Flop, der im Sommer eigentlich schon raus war aus der Liga.

Smith Jr. ist aber noch da ... wieder, besser gesagt. Er schreibt wohl eine der bemerkenswertesten Geschichten des Saisonstarts, die aufgrund des ganzen Nets- und Lakers-Dramas oder anderer positiver Überraschungen (Utah, Portland, usw.) etwas unter dem Radar fliegt. Doch gegen die Warriors war er es, der Curry im entscheidenden Moment an die Kette legte und mit Clutch-Buckets einen wichtigen Anteil am Hornets-Sieg hatte. Und das nicht zum ersten Mal.

"Ich habe mir im Sommer den Arsch aufgerissen. Viele Leute haben sowas gesagt wie: 'Er sollte gar nicht mehr in der Liga sein.' Das habe ich ausgeblendet und mich voll auf meine Arbeit fokussiert", sagte der Guard nach dem Warriors-Spiel. "Dass ich jetzt gegen diese Jungs antrete und gewinne, das bedeutet die Welt für mich."

Denn wenn Smith Jr. ganz ehrlich sein müsste: Vor ein paar Wochen hat er selbst nicht mehr daran geglaubt.

NFL statt NBA? "Ich schwöre, ich hätte es geschafft"

Seit Februar war er arbeitslos, ein neuer Vertrag nicht in Aussicht. Im Sommer skizzierte der 24-Jährige also einen Plan B, sollte es mit der NBA wirklich nicht mehr klappen. Eine Basketball-Laufbahn in Europa oder Asien sei keine Option gewesen, das habe er seinem Agenten deutlich gemacht, so Smith Jr. gegenüber HoopsHype. Sondern: "Wenn dieser Scheiß nicht funktioniert, dann gehe ich in die NFL."

Das war beileibe kein Scherz. Sein Agent habe sich bereits nach potenziellen Arbeitgebern umgesehen, Smith Jr. legte Extra-Einheiten im Kraftraum ein. Schon zu High-School-Zeiten galt er als vielversprechendes Football-Talent, bevor er sich endgültig für das orangefarbene und vor allem runde Leder entschied. In der NFL wollte er sich nun als Defensive Back versuchen. "Ich habe einiges an Gewicht draufgepackt. Ich hätte es geschafft, das schwöre ich bei Gott."

Der Anruf eines NFL-Teams kam aber nicht, stattdessen einer aus Charlotte. Hornets-Assistant Nick Friedman sah Smith Jr. zufällig bei einem Pickup-Game in Miami, beide kannten sich noch aus gemeinsamen Pre-Draft-Workouts. Und Friedman gefiel offenbar, was er sah. Smith Jr. durfte noch ein paar Mal für die Hornets vorspielen, dann lag ein ungarantierter Einjahresvertrag bereit zur Unterschrift auf dem Tisch.

Für Smith Jr. ist es einerseits eine Rückkehr in die Heimat. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er etwa zwei Autostunden von Charlotte entfernt in Fayetteville, North Carolina, am College spielte er für NC State. Andererseits ist es seine wohl letzte Chance in der Association: "Die Leute haben schon versucht, mich abzuschreiben."

Dennis Smith Jr. erlebt bei den Hornets so etwas wie ein Revival.
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Dennis Smith Jr. erlebt bei den Hornets so etwas wie ein Revival.

Mavs-Flop Smith Jr.: Karriere wie eine "Achterbahn"

Es ist kaum fünf Jahre her, da galt Smith Jr. noch als der neue Hoffnungsträger der Dallas Mavericks für die Post-Dirk-Ära. Im Draft 2017 schnappten die Mavs an Position 9 beim Point Guard zu, in seiner Rookie-Saison zeigte er zumindest vielversprechende Ansätze. Nur ein Jahr nach DSJ kam allerdings der echte Heilsbringer nach Dallas.

Luka Doncic und Smith Jr. zusammen im Backcourt, das funktionierte nicht. Und das wurde relativ schnell offensichtlich. Beide Guards sind eher balldominant, Smith Jr. ist zwar mit überragender Athletik gesegnet, aber kein guter Schütze und damit Off-Ball wenig brauchbar. Zusätzlich machten Gerüchte die Runde, der einst gehypte Guard sei bei den Teamkollegen wenig beliebt, weil egoistisch.

Seine Mavs-Karriere war letztlich ein großer Flop und nur von kurzer Dauer. Im Januar 2019, etwa eineinhalb Jahre nach dem Draft, schickten ihn die Mavs als Teil des Trades für Kristaps Porzingis zu den New York Knicks. Der Durchbruch blieb aber auch im Big Apple aus.

Fehlende Effizienz, Verletzungen, kaum Vertrauen und damit kaum Spielzeit von Coach Tom Thibodeau begleiteten ihn in seinen zwei Jahren in New York, sodass er nur 58-mal im Knicks-Trikot auf dem Court stand. Im Februar 2021 ging er gar auf eigenen Wunsch hin in die G-League, bevor er nach Detroit weitergereicht wurde. Eine Meniskusverletzung beendete dort seine Saison. In Portland erkämpfte er sich im folgenden Herbst den letzten Kaderplatz, bevor erneut eine Verletzung - dieses Mal am Ellenbogen - ihm einen Strich durch die Rechnung machte.

"Anders" war das Wort, das Smith Jr. wählte, als er vor wenigen Wochen nach seinem Karriereweg befragt wurde. Anders, als er es sich und viele Experten vor dem Draft 2017 erwartet hätten. "Es war eine Achterbahnfahrt, hoch und runter. Ich würde meine Karriere aber niemals mit der eines anderen tauschen wollen. Mein Weg hat mich verändert. Er hat geholfen, dass ich erwachsen wurde. Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Dafür bin ich dankbar."

NBA: Die Karrierestatistiken von Dennis Smith Jr.

TeamSaisonsG / MINPunkteReboundsAssistsFG%3FG%
Mavs2101 / 29,314,53,54,940,632,1
Knicks358 / 20,18,72,43,737,928,4
Pistons120 / 19,67,32,73,741,535,2
Blazers137 / 17,25,62,43,641,822,2
Hornets16 / 29,711,83,76,247,653,8

Hornets überraschen zum NBA-Start - auch dank Smith Jr.

In Charlotte beweist er nun, dass seine NBA-Karriere noch lange nicht vorbei sein muss - mit seinen 24 Jahren ist er schließlich immer noch sehr jung. Eigentlich war er als zusätzliche Versicherung für die Tiefe im Backcourt eingeplant, die Verletzungen von LaMelo Ball, Terry Rozier und Cody Martin spülten Smith Jr. nun aber in die Starting Five. Dort rechtfertigt er bislang seine Verpflichtung.

Im Schnitt legte er in den ersten sechs Saisonspielen 11,8 Punkte, 6,2 Assists (bei nur 1,5 Turnover) und 3,7 Rebounds auf, zum Sieg gegen die Hawks steuerte er 18 Zähler bei, gegen die Warriors schnupperte er an einem Triple-Double (13, 8 Assists und 9 Rebounds). Er war in Clutch-Momenten zur Stelle wie gegen die Knicks mit dem rettenden Korb zur Overtime oder gegen Golden State. Auch hier sorgte er 23 Sekunden vor dem Ende mit einem starken Drive für den Ausgleich.

In Abwesenheit der anderen Guards ist sein Playmaking besonders wichtig und auch mit seiner Defense hat er einen großen Anteil am überraschenden 3-3-Start der Hornets, wie nicht nur Curry feststellen musste. "Seine Defense ist großartig für uns. Dazu seine Athletik, er kommt zum Ring, findet immer uns Mitspieler, er macht einen tollen Job. Ich bin froh, dass er in Charlotte ist", lobte Teamkollege P.J. Washington.

"Manche Jungs kommen in der NBA sofort klar, andere brauchen ein bisschen. Er ist ein talentierter Junge", zeigte sich auch Head Coach Steve Clifford äußerst zufrieden mit den Auftritten seines Neuzugangs. "Auch wenn er aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr so athletisch ist wie früher, ist er im Vergleich immer noch ein guter Athlet in dieser Liga. Ich sehe in seinem Spiel aktuell nichts, was er nicht über die gesamte Saison bestätigen könnte."

Dennis Smith Jr.: Heißes Händchen oder echter Trend?

Wobei in einer Hinsicht doch ein paar Zweifel angebracht sind. Das Shooting beziehungsweise die Effizienz war neben dem Verletzungspech der Hauptgrund, warum sich Smith Jr. in der NBA nicht durchsetzen konnte. In seinen ersten fünf Spielzeiten traf er magere 31,2 Prozent von Downtown, auch in der Zone oder aus dem Floater-Bereich fehlte es ihm am nötigen Touch.

Zum Start in die neue Saison versenkte Smith Jr. nun 7 seiner 13 Versuche von Downtown (53,8 Prozent), diese Quote wird er ziemlich sicher nicht halten können. Auch wenn Clifford dagegenhält. Der Guard habe viel mit Assistant Coach Bruce Kreutzer gearbeitet, der bereits den Dreier von Kemba Walker auf ein annehmbares Niveau hievte.

Die weiterführenden Stats sind allerdings nicht sonderlich vielversprechend. Laut basketball-reference.com landen aktuell nur 28,6 Prozent seiner Jumper aus dem Zweierbereich im Korb (6/21 FG). Womöglich hat er also einfach nur ein heißes Händchen von Downtown, was irgendwann wieder verschwinden wird. Vielleicht trägt die Arbeit mit Kreutzer langfristig aber wirklich Früchte, was für den Erhalt seiner NBA-Karriere essenziell wäre.

Was definitiv real ist, ist seine Defense, sein verlässlicher Ballvortrag (nur 2,2 Turnover im Schnitt über die gesamte Karriere) und gute Drives. Das allein macht ihn schon zu einem annehmbaren Backup hinter LaMelo und Rozier. Nach chaotischen Jahren wäre es Smith Jr. zu wünschen, dass er in Charlotte tatsächlich längerfristig sein neues Zuhause findet. Und die NFL-Pläne erstmal wieder in der Schublade verschwinden.

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