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NBA - Fress-Orgie: Wie Charles Barkley versuchte, seinen Draft zu den Philadelphia 76ers zu verhindern

Von Thomas Lehmitz-Artmann
"Das verletzt meine Gefühle schon. Ich habe kein Problem, wenn dünne Menschen Witze über mich machen. Aber ich kann es nicht ertragen, wenn Fette Witze über mich machen."
© getty

Charles Barkley ist bekannt für sein großes Mundwerk. Außerdem startete der "Round Mound of Rebound" oft etwas unfit in die Saison. Vor seinem Rookie-Jahr nahm er sogar mit purer Absicht rund neun Kilo zu.

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Der Draftjahrgang von 1984 gilt als einer der besten aller Zeiten. Unter anderem erblickten Michael Jordan, Hakeem Olajuwon und John Stockton das NBA-Licht der Welt. Außerdem wurde an fünfter Stelle ein gewisser Charles Wade Barkley von den Philadelphia 76ers gepickt. Doch genau das wollte der damals 21-Jährige eigentlich verhindern.

Nach drei Jahren College meldete sich Barkley zum Draft an. In einem Interview mit Sport Illustrated verriet er, dass die Sixers ihn einen Monat vor dem großen Tag anriefen und verlangten, dass er sein Gewicht auf rund 129 Kilo runter bringen müsse, um von ihnen an Position fünf gedraftet zu werden.

"Um ehrlich zu sein, ich war zu College-Zeiten fett. Ich schleppte rund 136 Kilos über das Feld", plauderte Barkley in seiner unnachahmlichen Art aus. Also nahm er ab, die Fo-Fo-Fo-Sixers waren mit den Superstars Moses Malone und Julius Erving schließlich ein attraktives Team. Zwei Tage vor dem Draft kam der Chuckster auf rund 128 Kilo. Ziel erreicht.

"In der Nacht vor dem Abflug nach Philly bekam ich einen Anruf von meinem Agenten", erzählte Barkley. Der sagte: "Du weißt schon, dass die Sixers dir nur 75.000 Dollar zahlen, wenn sie dich draften, oder?" Barkleys Antwort: "Dude, ich komme nicht vom College für nur 75.000 Dollar. Wir haben ein Problem."

"Das verletzt meine Gefühle schon. Ich habe kein Problem, wenn dünne Menschen Witze über mich machen. Aber ich kann es nicht ertragen, wenn Fette Witze über mich machen."
© getty
"Das verletzt meine Gefühle schon. Ich habe kein Problem, wenn dünne Menschen Witze über mich machen. Aber ich kann es nicht ertragen, wenn Fette Witze über mich machen."

Nur 75.000 Dollar? Lass' uns Essen gehen!

Damals gab es nämlich einen harten Salary Cap. Man konnte nicht einfach mehr Geld ausgeben und dafür Strafen zahlen, so wie heute. Die Sixers waren finanziell eingeschränkt, der Agent ratlos. Aber Barkley wusste ja von den Bedenken des Teams bezüglich seiner Leibesfülle. Ein Plan war schnell gefasst: "Ich breche einfach das Gewichtslimit von ihnen. Lass uns essen gehen."

Gesagt, getan. "Wir gingen zu Denny's (eine amerikanische Restaurant-Kette, Anm. d. Red.) und ich hatte zwei Grand-Slam-Frühstücke", erinnerte sich Barkley. Zur Info: Ein Grand-Slam-Frühstück besteht aus zwei Buttermilch-Pfannkuchen, zwei gekochten Eiern, zwei Scheiben Bacon, zwei Würstchen und Bratkartoffeln oder Brot.

Aber Barkley war natürlich noch nicht fertig - beziehungsweise noch nicht schwer genug. Zum Mittagessen gab es zwei große Barbecue-Sandwiches und, weil das nicht reichte, ging es zum Abendessen ins Steakhouse. Für eine gelungene Abrundung (des Bauches) gab es dann zum Frühstück nochmal zwei Grand Slams, um auf Nummer sicher zu gehen, dass der geplante Jojo-Effekt auch tatsächlich einsetzt. Was der arme Agent gegessen hat, ist leider unbekannt. Barkleys Waage aber zeigte am Ende rund 137 Kilo an. Ziel erreicht.

Trotz 137 Kilo: Die Sixers wählen Barkley

Guten Gewissens stieg der nun rund neun Kilo schwerere Power Forward in das Flugzeug nach Philadelphia. "Ich dachte: Gott sei Dank, die Sixers werden mich nicht draften", schilderte Barkley seine Erleichterung über die rechtzeitige "Diät".

Doch der Plan scheiterte. "Wenn man mein Gesicht beobachtet, als Commissioner David Stern sagt: Mit dem fünften Pick im Draft wählen die Philadelphia 76ers Charles Barkley, merkt man, dass ich mir Oh, Sch.... denke", erinnerte sich Barkley.

Pat Williams, General Manager der Sixers, übte dann doch ein wenig Kritik am Draft-Abend, schließlich wollte er ja eigentlich einen leichteren Pick (wahrscheinlich sogar lieber Jordan oder Olajuwon): "Charles ist gerade mal 1,95 Meter groß, aber 130 Kilogramm schwer. Trotzdem ist er ein unfassbarer Rebounder und unglaublich stark im Fastbreak. So einen wie ihn hat es noch nie gegeben."

Aber: "Ich werde ihm allerdings sofort sagen, dass er sich ausgewogener ernähren muss. Ein Big Mac in jeder Hand ist jedenfalls nicht die richtige Art von ausgewogen." Es waren 137 Kilo, lieber Pat, und außerdem Grand Slams und keine Big Macs.

Barkley: "Alle freuten sich, nur Charles nicht"

Einen großen Aufstand machte Barkley beim Draft aber nicht und schüttelte brav die Hand des Commissioners, schließlich wusste ja niemand von seinem Dilemma. "Als sich die Leute umdrehten und mich in meinem furchtbaren burgunderfarbenen Anzug sahen, haben sich alle gefreut. Nur Charles nicht", grinste der heute 59-Jährige.

Wirklich schlecht ist es für ihn dann nämlich doch nicht gelaufen. Die personifizierte Radikal-Diät Moses Malone nahm Barkley unter seine Fittiche und sorgte dafür, dass der Chuckster nur noch rund 113 Kilo wog. "Der Rest ist Geschichte", bilanzierte Barkley.

Eine Erfolgsgeschichte: Acht Saisons blieb das Rebound-Monster bei den Sixers und terrorisierte die Korbanlagen. Bei Philly wurde er hinter Malone und Dr. J. die dritte Option und als die beiden die Mannschaft verließen, stieg er zum unangefochtenen Star des Teams auf. Für mehr als Runde zwei reichte es aber nie in der Stadt der brüderlichen Liebe.

Fress-Orgie eigentlich nicht Barkleys Art

Dabei kam Barkley in 610 Spielen auf 23,3 Punkte, 11,6 Rebounds, 3,7 Assists und oft mit leichtem Übergewicht in die Vorbereitung. Mit etwas mehr Disziplin hätte es vielleicht zu mehr gereicht.

Aber auch wenn er nie eine Meisterschaft gewonnen hat, zählt Barkley zu den besten Power Forwards aller Zeiten und den schillerndsten Figuren der NBA-Geschichte.

Und eigentlich war diese Fress-Orgie gar nicht Barkleys Art. "Ich esse gar nicht so viel, dafür aber die ganze Zeit", soll er am College mal gesagt haben. Für mehr Geld bricht man halt auch mal mit Gewohnheiten.