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NBA - Legenden-Serie zu Julius "Dr. J" Erving: Der Playground-Pionier

Julius Erving revolutionierte den Basketball - zunächst in der ABA.
© getty

Nur sehr wenige Figuren haben die Geschichte des Basketballs so geprägt wie Julius Erving. Dr. J genießt bis heute den allerhöchsten Respekt - obwohl seine allerbeste Zeit wohl fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Heute feiert Erving seinen 71. Geburtstag!

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Dieser Artikel erschien erstmals am 22. Februar 2018. Hier findet Ihr alle weiteren Geschichten zu den Legenden der NBA.

Es gibt Tausende und Abertausende von Spielern, die seit der Gründung der NBA im Jahr 1949 ein offizielles Jersey übergestreift haben. Darunter gibt es mittlerweile auch jede Menge Legenden, allein in der Hall of Fame finden sich derzeit 183 Spieler.

Es gibt darin aber auch einen deutlich kleineren, elitären Kreis.

Hier finden sich die Pioniere, die den Sport verändert haben; die Flair in einen vorher trockenen Sport brachten (wie Bob Cousy), die Athletik und Hangtime etablierten (Bill Russell, Elgin Baylor), die Regeländerungen hervorriefen (Wilt Chamberlain, Kareem Abdul-Jabbar), oder die so populär waren, dass sie den Sport kommerziell auf ein komplett neues Level hievten (Larry Bird, Magic Johnson, später Michael Jordan).

In diesem Kreis findet sich auch Julius Erving - und das aus einer Vielzahl von Gründen. Er revolutionierte das Spiel, weil er gewissermaßen den Jazz vom Freiplatz auf den Profisport übertrug und das Spiel "cool" machte wie niemand vor ihm. Er veränderte aber auch das Bild des Profisportlers an sich, weil er in einer mehr als wilden Zeit ein stets würdevoller Vertreter war, der überall respektiert und gemocht wurde - auch von weißen Zuschauern, die mit dem "zu schwarzen" Sport ansonsten gar nicht so viel anfangen konnten.

Zu guter Letzt findet sich Erving in dieser Liste, weil er all diese Eigenschaften vereinte und damit der Hauptgrund dafür war, dass die NBA 1976 mit der bisherigen Konkurrenzliga ABA fusionierte, nachdem er diese vorher über Jahre fast alleine getragen hatte. Dieses Zugpferd konnte und wollte die NBA sich nicht länger entgehen lassen.

Schließlich hatte sie ihre Chance schon einmal verpasst.

Dr. J: Style und Substanz in Personalunion

Ervings Weg in die Liga war ein keineswegs gewöhnlicher und reflektierte gewissermaßen auch die Ära, in der er groß wurde. Als junger Spieler machte Erving zwar auch an der High School eine gute Figur, dort allerdings mit angezogener Handbremse - seine wirklich einzigartigen Moves hob er sich für die Freiplätze New Yorks auf, unter anderem für den legendären Rucker Park.

Dort testete er die Grenzen der Schwerkraft, dort etablierte sich der Name "Doctor", den ihm ein Schulfreund verliehen hatte, dort wurde er schon vor seiner Profizeit zum Phänomen, ja zum Mythos. Dort entwickelte er auch seinen einzigartigen Style: "Ich habe im Rucker Park zum ersten Mal erlebt, dass 2 Punkte nicht immer gleich 2 Punkte bedeuten. Für die Zuschauer spielte der Style auch immer eine große Rolle", erklärt Erving später.

Julius Erving: Abgeworben von der ABA

Diese Erkenntnis war damals noch nicht in der NBA angekommen - in der ABA aber umso mehr. Insofern überraschte es nicht, dass es die "Show-Liga" war, die 1971 mit einem Profivertrag an Erving herantrat, als dieser noch ein "Undergraduate" war, sein Studium also noch nicht abgeschlossen hatte. Die NBA-Regeln verboten dies damals, die ABA hingegen hatte solche Bedenken nie.

Die ABA-Teams gingen Risiken ein, wenn sie diese als sinnvoll erachteten - und sie lagen längst nicht immer richtig damit, was letztendlich auch ihren Untergang bedeutete. Aber die Entscheidung, sich um diesen dürren Studenten von der University of Massachusetts zu bemühen, sollten sie nicht bereuen.

Wechsel zu Pete Maravich wird geblockt

Erving schlug bei den Virginia Squires sofort ein. Seine Rookie-Statistiken lasen sich fast schon absurd (31,9 Punkte, 15,7 Rebounds, 4 Assists), vor allem wenn man bedenkt, dass Doc damit nur zweiter beim Rookie-of-the-Year-Race hinter Artis Gilmore (23,8 Punkte, 17,8 Rebounds, 5 Blocks) wurde. In den Playoffs setzte Erving dann aber sogar noch einen drauf - der damals 22-Jährige lieferte in seiner ersten Postseason über elf Spiele 33,3 Punkte, 20,4 Rebounds und 6,5 Assists!

Nicht auszudenken, was für ein Hype entstanden wäre, wenn die ABA vernünftige Zuschauerzahlen oder gar einen richtigen Fernsehvertrag gehabt hätte. Dennoch sprach sich natürlich herum, dass hier ein ziemlich besonderer junger Spieler sein Unwesen getrieben hatte - auch bis in die NBA. Da Ervings College-Jahrgang nun im Sommer 1972 auch "fertig" war, wurde Dr. J. automatisch auch im NBA-Draft aufgeführt, obwohl er ja bereits einen Profivertrag in einer anderen Liga hatte.

Gepickt wurde Erving auch - von den Bucks, an Nr. 12. Dort spielten zu diesem Zeitpunkt bereits Kareem Abdul-Jabbar und Oscar Robertson und man möchte sich kaum ausmalen, wie dominant dieses Team mit Dr. J gewesen wäre. Dieser hatte allerdings keine allzu große Lust auf Milwaukee. Stattdessen wollte er einen Wechsel zu den Atlanta Hawks und Pete Maravich forcieren, den Virginia allerdings via Gerichtsbeschluss blockierte. Ervings Wechsel in die NBA wurde also bis auf weiteres vertagt.

Dr. J: Das Aushängeschild der ABA

Nicht, dass er deswegen geschmollt hätte, wie es nicht wenige Stars zu dieser Zeit taten (Chamberlain und Rick Barry beispielsweise) - das war nicht Ervings Stil. Vielmehr schwang er sich in den kommenden vier ABA-Jahren, die er noch hatte, zum absoluten Aushängeschild der Liga auf.

Von 1974 bis 1976 wurde er dreimal in Serie MVP, zudem war er dreimal Topscorer der Liga. 1974 und 1976 gewann er, dann im Trikot der New York Nets, zwei Titel und zwei Auszeichnungen als "Playoff-MVP". Seine Performance in den 76er Playoffs (35 Punkte, 13 Rebounds, 5 Assists über 13 Spiele) gilt bis heute als eine der besten der Basketball-Geschichte.

Dabei ging Ervings Wert weit über Titel, Punkte oder Awards hinaus, weil er eben nicht nur herausragend gut, sondern auch spektakulär und einzigartig spielte. Sein Spiel verschaffte der ganze Liga Aufmerksamkeit, die sie sonst nicht bekommen hätte. Das beste Beispiel dafür war womöglich der Dunk Contest 1976 - der erste überhaupt -, bei dem Dr. J von der Freiwurflinie abhob und die ganze Basketball-Welt in Ekstase versetzte.

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