NBA Playoffs - Bucks vs. Nets, Erkenntnisse zu Spiel 6: Darum geht die Serie nun über die volle Distanz

Ole Frerks
18. Juni 202109:10
Zwischen Kevin Durant und Giannis Antetokounmpo kommt es zum alles entscheidenden siebten Spiel.getty
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Die Milwaukee Bucks haben die Serie gegen die Brooklyn Nets ausgeglichen und damit ein siebtes Spiel erzwungen. Das war hauptsächlich deshalb möglich, weil sie ihre schon länger existierenden Vorteile endlich konsequenter ausnutzten. Die Erkenntnisse zu Spiel 6.

1. Milwaukee Bucks nutzen ihre Stars

Es ist bereits seit Jahren ein Thema und zog sich auch durch die bisherige Postseason: Obwohl die Bucks im Trade für Jrue Holiday Tiefe opferten, bestand Mike Budenholzer immer wieder darauf, seinen Kader komplett zu nutzen und seinen Stars mehr Pausen zu geben als andere Coaches. Steve Nash auf der Gegenseite ließ etwa in Spiel 5 selbst den angeschlagenen James Harden 46 Minuten spielen. Die Starting Five der Bucks stand hingegen kaum gemeinsam auf dem Court.

Beim 104:89-Erfolg in Spiel 6 war das anders - bis zum Anbruch der Garbage Time saßen Holiday (43 Minuten), Khris Middleton (42) und Giannis Antetokounmpo (41) kaum draußen und die Rotation bestand lediglich aus sieben Spielern. Die Devise war klar: Wenn man untergeht, dann wenigstens mit seinen besten Spielern. Und auch deshalb sind die Bucks nicht untergegangen.

Milwaukee fehlt seit dem Ausfall von Donte DiVincenzo ein wichtiger Rotationsspieler. Da Bryn Forbes seinen Wurf sucht und Bobby Portis wohl aus der Rotation gefallen ist, fehlt ihnen generell eine gehörige Portion Firepower von der Bank, was auch diese Partie zeigte: Lediglich 4 mickrige Punkte brachten die Reservisten zustande, trotz Garbage Time. Budenholzer ist jedoch gerade noch rechtzeitig aufgefallen, dass er seinen Stars unter Druck durchaus mehr zumuten kann.

Obwohl Milwaukee die ersten beiden Spiele deutlich verlor, hat das Trio Giannis, Middleton und Holiday über die Serie ein Plus/Minus von +30, Middleton und Giannis zu zweit stehen sogar bei +37. Sie sind offensiv und auch defensiv (mit P.J. Tucker) die wichtigsten Akteure und konnten dies gerade in dieser Partie noch einmal unter Beweis stellen.

Insbesondere Giannis ist mit seinen 26 Jahren durchaus in der Lage, mehr zu geben als seine bisher 38 Minuten im Schnitt. Er muss nicht durchspielen wie Kevin Durant in Spiel 5, aber wenn er Foul-Probleme vermeiden kann, spricht wenig dagegen, ihn so lange wie möglich draufzulassen. Man achte auf diese On/Off-Differenzen ...

Bucks vs. Nets: Die Zahlen mit Giannis ON bzw. OFF Court

MinutenOffensiv-RatingDefensiv-RatingNet-Rating
Giannis ON230104,4100,9+3,6
Giannis OFF5886,1115,6-29,6

2. Giannis Antetokounmpo nutzt seine Physis

Wo wir schon bei Giannis sind: Der Greek Freak stand vor allem für seine Wurfauswahl zuletzt immer wieder in der Kritik, gerade die Pullup-Dreier früh in der Shotclock stießen Beobachtern übel auf. Dieses Spiel dürfte sie zufriedener gestimmt haben. Antetokounmpo nahm keinen einzigen Dreier, sondern spielte überwiegend Bully-Ball. Warum auch nicht? Blake Griffin oder Jeff Green haben physisch eigentlich keine Mittel gegen ihn, das musste den Bucks nur offenbar erst bewusst werden.

Giannis nahm seine Abschlüsse laut Kirk Goldsberry aus durchschnittlich 1,7 Meter Distanz zum Korb, so nah dran war er zuvor in keinem Spiel dieser Serie. Viele seiner Punkte kamen in Transition, wo er generell kaum zu stoppen ist (Milwaukee gewann das Duell der Fastbreak-Punkte diesmal mit 26:4), aber auch im Halbfeld ließ er seine Verteidiger viel seltener durch Jumper vom Haken und spielte seine Größenvorteile aus - oder spielte den Ball ab für eine neue Offense.

Seine unmögliche Physis zeigte sich auch in der womöglich spielentscheidenden Szene, als Giannis Mitte des vierten Viertels einen Offensiv-Rebound gegen drei Nets behauptete und den Ball dann über Green zur 96:77-Führung reinstopfte. Dazu war er auch defensiv auf der Höhe, primär wie üblich als Help-Verteidiger, aber auch im direkten Duell mit Durant und James Harden.

Giannis Antetokounmpo sorgte per Dunk für die Vorentscheidung.nba.com/stats

Bei aller Kritik: In vier Spielen nacheinander hat Giannis nun mindestens 30 Punkte und 10 Rebounds aufgelegt, es wird also durchaus auf hohem Niveau gemeckert. In dieser Partie war er dennoch nicht der beste Bucks-Spieler.

3. Middleton sprengt die Backstein-Party

Diese Ehre wurde Middleton zuteil, der fünf der sieben Bucks-Dreier in dieser Partie versenkte. Ohne Witz: 5/8 beim Forward standen 2/25 (!) des restlichen Teams gegenüber - und das, obwohl Giannis wie gesagt keinen Dreier probierte. Der größte Übeltäter war Holiday mit 1/10 Triples. Es war kein neues Problem der Bucks in dieser Serie.

Gerade diese Partie hätte eigentlich schon viel früher vorbei sein können, hätte man nur etwas mehr Treffsicherheit bei offenen Abschlüssen gezeigt. Second Spectrum vermeldet: Die Bucks treffen in dieser Serie 29 Prozent ihrer unverteidigten Dreier ... und die Nets 40 Prozent. Dabei haben auch diese in einigen Fällen (Joe Harris!) durchaus Ladehemmung.

Sei's drum: Milwaukee hatte ja Middleton. 38 Punkte waren für ihn ein Career-High in den Playoffs, allerdings kontrollierte Middleton dazu alle möglichen anderen Facetten des Spiels. Er scorte zu den richtigen Zeitpunkten, er setzte Mitspieler in Szene, war defensiv sehr aufmerksam und verzeichnete 5 der 12 Bucks-Steals. Der Moment schien für ihn keineswegs zu groß zu sein.

"Wir denken nicht über irgendeinen Druck nach", sagte Middleton im Anschluss. "Es ist ein Basketball-Spiel, nichts weiter. Ich weiß, dass man bei einer Niederlage nach Hause geht, aber es ist gleichzeitig einfach Basketball. Man muss das einfach genießen. Solche Momente machen Spaß, wenn das Spiel auf der Kippe steht."

Middleton schaffte es dazu sage und schreibe viermal, beim Dreier gefoult zu werden - dreimal durch Harris, einmal durch Harden. Er allein traf mehr Freiwürfe (11) als Brooklyn (9). Das erzürnte die Nets natürlich, die dennoch den Hut zogen: "Er ist ein Shot-Maker. Er hat immer wieder zum richtigen Zeitpunkt Würfe für sie getroffen", erkannte Durant an.

4. James Harden kämpft gegen die Zeit

Viele von Middletons Punkten kamen gegen Harris oder Landry Shamet, aber auch Harden wurde einige Male attackiert beziehungsweise dessen fehlende Beweglichkeit wurde besser ausgenutzt. In Spiel 5 konnte sich Harden defensiv noch fast permanent ausruhen, diesen Gefallen tat ihm Milwaukee diesmal zumindest nicht permanent. Insbesondere bei Closeouts zeigte sich einige Male seine fehlende Spritzigkeit.

Der Closeout von James Harden ist nicht nur einen Schritt zu spät.nba.com/stats

Harden ist nach seiner Oberschenkelverletzung weit entfernt von 100 Prozent, das war auch in dieser Partie ersichtlich, auch wenn er als Scorer mehr in Erscheinung trat und immerhin 16 Punkte erzielte, wovon allerdings nur 2 in der zweiten Hälfte kamen. Holiday verteidigte ihn regelmäßig über das gesamte Feld und erlaubte ihm so keine Verschnaufpausen.

Auch deshalb fehlte den Nets offensiv die gesamte Partie über der Rhythmus, am Ende hatten sie mehr Turnover (16) als Assists (14). "Ich versuche einfach, alles für den Sieg zu tun", sagte Harden. "Ich muss an beiden Enden des Courts besser sein und das werde ich in Spiel 7 auch sein."

Er gab zudem an, sich mittlerweile etwas beweglicher zu fühlen, grinste die Frage, ob er eine weitere Besserung bis zu Spiel 7 erwarte, allerdings nur mit "das ist der Plan" weg. Es bleibt ein Wettlauf gegen die Zeit für Harden. "Das ist eine harte, harte Verletzung", sagte Durant über seinen Teamkollegen. "Und er quält sich dadurch und wir erwarten nicht zu viel Bewegung von ihm. Aber er gibt da draußen alles und das respektieren wir."

Es ehrt Harden tatsächlich, dass er so auf die Zähne beißt, klar ist aber auch: Stand jetzt sollte er nicht der zweitbeste Scorer des Teams sein müssen. Harden ist ein genialer Spielmacher und hilft den Nets offensiv allein durch seine Präsenz (auch wenn es kurios bleibt, dass er sich nie für Spot-Up-Dreier anbietet), aber gerade jetzt sind Spieler wie Harris umso mehr gefragt, die von ihm oder Durant kreierten Chancen dann auch zu verwerten.

Der beste Shooter der Regular Season steckt jedoch massiv im Sumpf, über die letzten 15 Viertel dieser Serie hat er nur vier von 23 Dreiern getroffen. Das ist zu wenig, so wie diese offensive Vorstellung von den Nets im Allgemeinen zu wenig war. "Wir hatten es heute einfach nicht", sagte Steve Nash über die überwiegend zahnlose Offensiv-Leistung.

Durant wird die Bucks in Spiel 7 vermutlich wieder vor mehr Probleme stellen, allerdings brauchte er selbst in seinem Jahrhundertspiel 5 einen brandheißen Jeff Green, um die Partie tatsächlich zu gewinnen. Wer hilft ihm beim nächsten Mal?

Nets vs. Bucks: Die Serie im Überblick - Stand: 3-3

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
16. Juni1.30 UhrNetsBucks115:107
28. Juni1.30 UhrNetsBucks125:86
311. Juni1.30 UhrBucksNets86:83
413. Juni21 UhrBucksNets107:96
516. Juni2.30 UhrNetsBucks114:108
618. Juni2.30 UhrBucksNets104:89
720. Juni2.30 UhrNetsBucks