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NBA - Deandre Ayton von den Phoenix Suns im Aufschwung: 80 Prozent Biest, 20 Prozent Frust

Deandre Ayton zeigt sich 2019/20 stark verbessert - leistet sich aber immer noch vereinzelte Aussetzer.
© getty

Im Vergleich zu den anderen Hochkarätern seines Draft-Jahrgangs wie Luka Doncic und Trae Young fliegt Deandre Ayton bei den Phoenix Suns unter dem Radar - selbstverschuldet durch eine unspektakuläre Rookie-Saison, gefolgt von einer Dopingsperre. Doch mittlerweile präsentiert sich der Center deutlich verbessert, sogar bei seiner größten Schwäche, der Defense.

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Von Zeit zu Zeit haben die Auftritte von Deandre Ayton eine Prise Dr. Jekyll und Mr. Hyde an sich. Sehenswerte Highlights wechseln sich da gerne mal mit katastrophalen Aussetzern, dominante Phasen mit frustrierenden Sequenzen ab. So auch am vergangenen Wochenende gegen die Bulls.

Ayton erlebte eine schwache erste Halbzeit, wurde unter anderem bei einem Dunk-Versuch übel von Daniel Gafford abgeräumt und startete mit vier Turnover in den ersten drei Minuten in das zweite Viertel. In den ersten 24 Minuten war vom 2,11-Meter-Mann nicht viel zu sehen, doch das änderte sich nach der Halbzeitansprache der Kollegen.

"Es sollte nicht so sein, dass jemand mir ins Gesicht schlagen muss, aber so ist es manchmal", gab Ayton nach der Partie zu. "Meine Teamkollegen haben mich aufgeweckt, wie immer. Coach hat auf mich eingeredet. Und ich habe geantwortet."

Direkt nach dem Seitenwechsel suchten die Suns vermehrt ihren Big Man in der Zone, der verhalf seinem Team zu einem 13:0-Lauf, mit dem Phoenix das Spiel kippte. Im Schlussabschnitt war Ayton kaum noch zu stoppen und legte 12 Punkte und 8 Rebounds auf, die Gäste aus der Wüste sicherten sich einen 112:104-Sieg in Chicago.

"Das war ein Monster-Abend", freute sich Coach Monty Williams über den Auftritt seines Schützlings, der am Ende 28 Punkte, 19 Rebounds (10 davon am offensiven Brett) und 3 Blocks bei 7 Ballverlusten vorzuweisen hatte. "Ich habe ihm gesagt, dass wir solch eine Einstellung jeden Tag von ihm brauchen." Zumindest die aus der zweiten Halbzeit.

Deandre Ayton: Dopingsperre und Dominanz

Immerhin, derartig dominante Auftritte liefert Ayton in seiner zweiten Saison in der Association immer öfter ab. Im Vergleich zu seiner Rookie-Saison hat der Nr.1-Pick von 2018, dem der für ihn unrühmliche Vergleich mit dem zwei Picks später gezogenen Luka Doncic wohl auf ewig nachhängen wird, seine statistische Ausbeute in nahezu allen wichtigen Kategorien gesteigert, in vier seiner vergangenen sieben Spielen hat er dem Gegner mindestens 25 Zähler eingeschenkt.

Doch auch über die gesamte Saison 2019/20 gilt bei Ayton: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Der Saisonstart ging komplett in die Hose, weil quasi nicht vorhanden. Aufgrund einer Dopingsperre wurde er von der Liga nach der ersten Partie für 25 Spiele gesperrt.

Zusätzlich zu dem selbstverschuldeten Fehlen verpasste er wegen anhaltender Knöchelprobleme weitere sieben Spiele, sodass er in der für seine Entwicklung so wichtigen zweiten Profi-Saison bisher nur in 26 der 58 Suns-Partien auf dem Parkett stand.

Die Karrierestatistiken von Deandre Ayton bei den Suns

SaisonSpiele / MinutenPunkteReboundsBlocksFG%
2018/1971 / 30,716,310,30,958,5
2019/2026 / 32,818,911,91,655,1

Deandre Ayton: Weniger Mitteldistanz, mehr Freiwürfe

Auf dem Court steht den schon zu College-Zeiten offensichtlichen Stärken wie seine Athletik oder auch das weiche Handgelenk oftmals noch eine fragwürdige Wurfauswahl gegenüber. "Du musst bei 80/20 landen", forderte deshalb Coach Williams vor wenigen Wochen von seinem Schützling. "80 Prozent Biest am Block und 20 Prozent Jumper."

Derzeit verlässt sich Ayton teilweise zu sehr auf seinen Wurf aus der Mitteldistanz, anstatt in der Zone zu attackieren. Etwa jeder vierte Feldwurfversuche ist ein Jumper aus der Midrange, der allerdings nur in schwachen 34,3 Prozent der Fälle den Weg durch die Reuse findet - von Downtown ist Ayton erst recht kein Faktor (insgesamt zwei Dreierversuche 2019/20).

Schließt er jedoch in der Restricted Area, also in direkte Ringnähe ab, trifft der Center 67 Prozent seiner Versuche. Ein sicherlich sehr guter, aber kein überragender Wert. Mit bulligeren Centern auf der Gegenseite hat er noch seine Probleme, zudem kommt er nur auf 2,5 Freiwürfe pro Partie (bei einer Quote von 78,1 Prozent). Das muss dringend besser werden, entsprechend stellen die Coaches und Teamkollegen immer wieder die Wichtigkeit der Physis in der Zone in den Fokus.

"Ich sage Ayton immer: 'Wenn du an beiden Enden des Courts dominierst, ein Biest bist, dunkst, in den Post gehst, nicht immer Fadeaways wirfst - davon leben wir'", gab Mikal Bridges seine Ansagen an Ayton der Öffentlichkeit preis. "Wenn er diese Mentalität beibehält, wirkt das Wunder für uns."

Deandre Ayton zeigt sich 2019/20 stark verbessert - leistet sich aber immer noch vereinzelte Aussetzer.
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Deandre Ayton zeigt sich 2019/20 stark verbessert - leistet sich aber immer noch vereinzelte Aussetzer.

Deandre Ayton: Wundersame Entwicklung in der Defense

Fast schon als Wunder lässt sich auch die Entwicklung Aytons in der Defense bezeichnen. In seinem Rookie-Jahr machten immer wieder Clips die Runde, in denen sich der Center desolate Aussetzer leistete, Rotationen verschlief oder schlicht und einfach von schnelleren Gegenspielern überrumpelt wurde.

In der aktuellen Saison präsentiert sich der 21-Jährige aber in der eigenen Hälfte deutlich verbessert. Das gilt sowohl für seine Rolle als Ringbeschützer als auch am Perimeter, wenn er auf Guards switchen muss. Dann hilft ihm seine Athletik und seine gute Fußarbeit, um vor dem Gegenspieler zu bleiben, wie unter anderem dieser Block gegen Ja Morant zeigt.

Insgesamt hält Ayton seine Gegenspieler 2019/20 bei einer Feldwurfquote von 40,5 Prozent, ein elitärer Wert auf dem Niveau eines Rudy Gobert (40,2 Prozent). Direkt am Ring treffen die Gegner nur 54,4 Prozent ihrer Würfe, das reicht immerhin für Platz 13 unter allen Big Men, die mindestens 5 Versuche am Ring pro Partie verteidigen. In seinem ersten Jahr in der NBA lag dieser Wert noch bei 64,9 Prozent.

Dazu tritt Ayton auch als Shotblocker vermehrt in Erscheinung, immerhin schickt er pro Partie 1,6 Würfe an den Absender zurück, vergangene Saison lag dieser Wert noch bei 0,9 Blocks. Natürlich ist aber noch nicht alles perfekt, krasse Aussetzer kommen weiterhin in Aytons Defense vor, gerade als Help-Verteidiger.

NBA, Deandre Ayton, Ja Morant
© stats.nba.com

Phoenix Suns: Saison auch ohne Playoffs ein Erfolg

Nichtsdestotrotz zeigt die Entwicklung des Big Man zweifelsfrei in die richtige Richtung. Ayton ist noch sehr jung, bestätigt er seine positiven Tendenzen und bekommt er mit mehr Erfahrung die vereinzelten Blackouts in den Griff, kann er sich zu einem dominanten Fünfer entwickeln und an der Seite von Devin Booker der ersten Playoff-Teilnahme der Suns seit 2010 hinterherjagen.

In dieser Saison wird die Durststrecke wohl noch weitergehen. Zwar habe Phoenix laut Head Coach Williams die Postseason weiterhin "im Blick", doch mit 24 Siegen und 34 Niederlagen stehen die Suns nur auf dem 13. Rang im Westen, 4,5 Spiele hinter den Grizzlies auf Platz acht. Nach dem spektakulären Saisonstart - ohne Ayton - ist die Franchise aus dem Wüstenstaat in den vergangenen Monaten zurück auf dem Boden der Tatsachen gelandet.

In den letzten 24 Spielen der Saison haben die Suns nun das zehntschwerste Rest-Programm vor der Brust, FiveThirtyEight schätzt die Playoff-Chancen des Teams auf magere zwei Prozent. Phoenix dürfte die Spielzeit dennoch als Erfolg verbuchen, die Suns werden die Saison mit der besten Bilanz der vergangenen fünf Jahre beenden.

Und das unter anderem auch dank Ayton. Der muss nun beweisen, dass doch mehr Jekyll als Hyde in ihm steckt - und sich zu 100 Prozent Biest entwickeln.

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