Dirk Nowitzki von den Dallas Mavericks hat in seiner Karriere so ziemlich alles erreicht und könnte nun nach 21 Jahren seine Karriere beenden. Die Mavs-Legende spricht im Interview mit DAZN und SPOX über die stärker werdende Macht der Spieler und erklärt, wie seine Entscheidungsfindung im Sommer aussehen wird. Zudem schwärmt der Big von den jungen Wilden Luka Doncic und Kristaps Porzingis.
Außerdem blickt der Oldie voraus auf das womöglich letzte Heimspiel gegen die Suns (Mittwoch, 10. April, ab 2.30 Uhr live auf DAZN).
Herr Nowitzki, der New Yorker titelte vor ein paar Wochen 'Brands don't have teammates' und analysierte, dass die Spieler in der NBA mehr auf ihre eigene Marke achten und weniger auf ihre Mitspieler. Unterstreichen Sie das so?
Dirk Nowitzki: Das kann man schon so sehen. Bei manchen steht das schon im Vordergrund und nicht unbedingt der Erfolg der Mannschaft, aber das gehört zur neuen NBA eben dazu. Man muss aber auch sagen, dass es der Liga gutgeht, wir haben tolle Superstars, die auch außerhalb des Feldes gute Sachen machen. Aber natürlich steht der Zirkus manchmal schon im Vordergrund.
LeBron James und Anthony Davis haben mit ihrem Verhalten im Prinzip zwei Franchises lahmgelegt. Wie sehen Sie diese Geschehnisse?
Nowitzki: Es ist natürlich gut, dass die Spieler nun mehr Rechte haben, offener sein können, aber man kann es eben auch übertreiben. Dass dann eine Organisation das nicht mehr im Griff hat und die Saison dadurch verloren geht, ist natürlich schade. Ich würde mir da einen Mittelweg wünschen, bei dem beide Parteien die gleichen Rechte haben und für beide Seiten eine gute Lösung gefunden wird. Ich bin mir sicher, dass dies im kommenden Collective Bargaining Agreement angesprochen wird, aber das ist, glaube ich, noch ein paar Jährchen hin.
Bei den Mavs schien es immer so, als gebe es immer einen anderen Weg. Natürlich, der einzelne Spieler ist wichtig, aber das Teamgefüge war für den Erfolg zuständig. Inzwischen haben die Mavs mal wieder einen Kader zusammen, bei dem man denkt, dass in der Zukunft wieder etwas geht. Sind Sie da ein bisschen traurig, dass Sie nicht mehr 20 Jahre jung sind?
Nowitzki: Das wäre schon witzig, mit den Jungs noch einmal voll durchzuziehen. Luka Doncic ist gerade einmal 19, 20 und schon ein richtig interessanter Spieler. Er hat hier wirklich alle beeindruckt und besitzt bereits ein richtig gutes All-Around-Spiel für sein Alter. Da macht es Spaß mit ihm zu spielen, weil er das Spiel schon so gut lesen kann. Er kann gut passen, ist groß, kann über die Guards hinwegsehen. Und Porzingis ist ja auch erst 23, denen gehört wirklich die Zukunft. Ich hoffe einfach, dass die beiden den Mavs-Fans in den nächsten 10+ Jahren richtig Spaß machen werden.
Es klingt bei Ihnen ein bisschen wie Engel und Teufel auf der Schulter. Auf der einen Seite 'Spiel weiter, mit denen hast du richtig Spaß' und auf der anderen Seite werden Sie 41 Jahre, haben eine Familie, sind hier eine Legende. Was wollen Sie eigentlich noch? Wie sieht da Ihr Gefühlsleben im Moment aus?
Nowitzki: Ja, beides. Es wäre natürlich ein großer Spaß, dies noch einmal zu machen, aber die Gesundheit steht im Vordergrund und ich muss auch schauen, wie der Körper nach der Saison reagiert. Es war für mich eine schwere Spielzeit mit einem schweren Einstieg wegen einer Verletzung, die viel zu lange gedauert hat. Dann kam ich für Monate nicht richtig in die Gänge, auch wenn es in den letzten Wochen wieder mehr Spaß gemacht hat. Für mich ist das schon eine enttäuschende Saison gewesen und deswegen werde ich danach ein wenig Abstand gewinnen, schauen, wie der Körper sich anfühlt, ob mental alles stimmt und ob ich noch Lust habe, mich den ganzen Sommer zu quälen, Extraeinheiten zu schieben. Erst dann werde ich eine Entscheidung treffen und das wird dann auch die richtige sein.
Wo geht es mit den Mavs hin, mal davon abgesehen, ob Sie dabei sind oder nicht?
Nowitzki: Wir sind auf dem richtigen Weg, nachdem die Jahre nach der Meisterschaft echt schwer waren. Dieses Jahr haben wir gut angefangen und dann im Dezember, Januar eine schwere Phase erwischt. Und dann kam eben der Porzingis-Trade mit New York, wo wir vier unserer fünf Starter abgegeben haben. Ab dem Zeitpunkt war klar, dass es für den Rest der Saison sehr schwer werden würde. Wir haben viele junge Leute, dazu Porzingis, der nicht spielen konnte. Es war also klar, dass das Ende ein Kampf werden würde, aber ich glaube, dass die Jungs sich gut gemacht haben. Es ist eine Perspektive da und wenn dann nächste Saison der Kristaps wieder gesund ist und mitspielt, dann können wir zusammen mit Luka darauf aufbauen. Das sind beides gute Spieler, beide sind jung und entwicklungsfähig, können zusammenspielen und haben auch neben dem Feld eine gute Chemie. Sie reden ja auch zusammen fast nur spanisch, weil sie beide als Jugendliche nach Spanien gekommen sind.
In der Nacht auf Mittwoch (ab 2.30 Uhr live auf DAZN) steht nun das letzte Heimspiel der Saison an und hier in Dallas sind irgendwie alle ein bisschen nervös. Keiner weiß so genau, was passieren wird. Wie stellen Sie sich den Abend vor?
Nowitzki: Ich hoffe, dass es Spaß machen wird, dass der Fuß mitspielt und ich eine gute Partie machen werde. Ansonsten lasse ich mich einfach überraschen. Klar, ich habe auch mitbekommen, dass etwas geplant ist, aber ich wollte mich da auch ein bisschen raushalten und keinen Zirkus veranstalten. Ich werde mich auf die letzten Spiele so wie immer vorbereiten, egal ob Preseason oder Regular Season. Danach geht es ja eh auch gleich in den Flieger, weil wir am nächsten Tag in San Antonio spielen.
Wie gehen Sie dann selbst in dieses Heimspiel, wenn Sie nicht wissen, ob Sie weitermachen oder dass es vielleicht wirklich die letzte Partie im American Airlines Center sein könnte?
Nowitzki: Es soll einfach Spaß machen. Vor den Partien, beim Warmup, mache ich immer Witze mit meinen Teamkollegen und versuche mich da gar nicht reinzusteigern. Ich werde versuchen, die Atmosphäre zu genießen, aber natürlich auch alles mitzunehmen. Die Stimmung war die ganze Saison toll und oft emotional für mich. Daheim war es immer laut, wenn ich reingekommen bin, aber eben auch auswärts waren die Empfänge immer toll. Das zeigt mir, dass es respektiert wird, was ich für zwei Jahrzehnte hier geleistet habe. Das werde ich für den Rest meines Lebens nicht vergessen.
Wir haben auch mit Coach Rick Carlisle gesprochen und er wurde richtig emotional, als es um die Meisterschaft 2011 ging. Beschreiben Sie doch einmal ihre Beziehung zu Rick.
Nowitzki: Rick ist nun auch seit über zehn Jahren da und wir sind durch viele Höhen und Tiefen zusammen gegangen. Für uns war er 2011 der perfekte Coach. Ich habe ja damals mit Nellie angefangen, da hatte wir jede Menge Freiheiten, fast schon zu viele Freiheiten und dann kam Avery Johnson, der die Zügel angezogen hat. Das war dann fast zu streng und dann kam eben Rick. Er hat ein besseres Maß gefunden. Natürlich hatte ein Jason Kidd seine Freiheiten, aber er hat uns auch genügend Struktur verpasst. Er hat uns auf jeden Fall auf den richtigen Weg gebracht, er kann uns immer neu motivieren und hat immer wieder neue Ideen. Wir hatten zusammen immer ein gutes Verhältnis. Entweder kommt er zu mir oder ich zu ihm, seine Tür ist immer offen. Deswegen wird er auch in der Zukunft hier in Dallas der Coach sein, der die neue Gruppe anführt.
Sie haben Legenden-Status erreicht, Rekorde gebrochen, mehr geht wohl nicht. Es gibt nun viele deutsche Spieler in der NBA und viele sagen, dass sie damals Poster von Dirk Nowitzki in ihren Zimmern hängen hatten. Wie stolz macht Sie es, quasi der Vater einer Generation zu sein?
Nowitzki: Das ist natürlich Wahnsinn, wie das gelaufen ist. Ich hatte damals selbst Poster von Detlef Schrempf und 20 Jahre später bin ich das selbst. Das ist schon unglaublich, wie das gelaufen ist, vor allem nach den ersten beiden Saisons. Die waren sehr, sehr schwer und ich wusste nicht, ob ich mich durchsetzen kann. Ich habe zuletzt zufällig auf Twitter wieder das Video vom Hoop Summit gesehen, wo ich da wirklich spindeldürr mit 19 Jahren rumgerannt bin. Das ist lange her und darum bin ich stolz darauf, was ich hier in Dallas aufgebaut habe.
Einer der jetzt nachgekommen ist, ist Moe Wagner von den Los Angeles Lakers. Sein Spiel erinnert ein wenig an Sie, vor allem das gute Skillset in der Offensive, die Größe und auch ein wenig die Persönlichkeit. Würden Sie sich mit ihm in jungen Jahren vielleicht vergleichen?
Nowitzki: Moe ist echt ein witziger Typ. Er war vergangenes Jahr zum Draft-Workout bei uns, kam dann danach zu meinem Baseball-Spiel und da haben wir dann ein bisschen Zeit zusammen verbracht. Wir haben uns kennengelernt, Nummern ausgetauscht. Er ist echt ein richtig lockerer Typ, aber auch ein absoluter Kämpfer auf dem Basketball-Feld. Er hat einen guten, lockeren Wurf, spielt immer hart und hat ein gutes Skillset. Ich hoffe deshalb, dass er in der Zukunft mehr Chancen bekommt und sich bei den Lakers durchsetzt. Es würde mich echt freuen, wenn er in der kommenden Saison noch einen Schritt nach vorne macht und mehr spielen könnte.
Wie schwer ist das für ihn, wenn er bei den Lakers in seiner Rookie-Saison den ganzen Zirkus um LeBron mitzubekommen?
Nowitzki: Klar, das ist nicht leicht, aber ich habe ihm auch gesagt, dass er sich auf sich selbst konzentrieren und professionell bleiben muss. Das weiß er aber auch und er wird seinen Weg gehen. Es ist natürlich eine Menge um das Team los, aber das gehört auch in der NBA dazu. Bei jeder Mannschaft gibt es Dinge, die nicht wie geplant laufen. Es gibt jede Menge Egos in einem Kader mit 15 Spielern. Ich habe damals auch immer einfach versucht, hart zu arbeiten, mich durchzukämpfen und mich auf mich selbst zu konzentrieren.