NBA

Above the Break: Die letzte Chance des Derrick Rose, Monroe vs. Theis, Trade Deadline

Derrick Rose wurde von den Utah Jazz gar nicht als veritable Option wahrgenommen.
© getty

Willkommen bei Above the Break - der SPOX-Meinung zur NBA-Saison! Zweimal im Monat nimmt SPOX-Redakteur Ole Frerks ein Thema aus der Liga ganz genau unter die Lupe. Diesmal: Der leise Abschied des Derrick Rose - und die Fragen der User.

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Derrick Rose und seine letzte Chance

Die vergangene Woche wurde von den Cleveland Cavaliers dominiert, über deren Saison man mittlerweile - wir stehen kurz vorm All-Star Break! - schon mehrere Bücher schreiben könnte. Insgesamt sechs Spieler wurden von ihnen veräußert, wofür vier Spieler zurückkamen. Es war der wohl letzte Versuch des Managements, eine bisher unheimlich verkorkste Spielzeit noch irgendwie zu retten. Oder vielleicht der vorletzte. Kendrick Perkins soll ja erst noch kommen.

Besonders zwei Abschiede standen dabei im Fokus. Auf der einen Seite des Spektrums Dwyane Wade, der zurück in seine basketballerische Heimat Miami geschickt wurde - und auf der anderen Seite Isaiah Thomas, der schmerzlich daran erinnert wurde, dass er nicht wirklich eine basketballerische Heimat hat. Wohlwollen auf der einen Seite, Häme oder Mitleid auf der anderen.

Irgendwo dazwischen befand sich Derrick Rose, in dessen Fall man bei vielen Personen wohl von Gleichgültigkeit sprechen konnte. Im Drei-Team-Trade für unter anderem George Hill und Rodney Hood wurde Rose nach Utah verschifft, nach ganzen 16 Spielen für die Cavs. Die Jazz wiederum nahmen Rose nur auf, damit die Gehälter im Trade passten - bereits zwei Tage später hatten sie den 29-Jährigen schon wieder entlassen.

Tiefer Fall in den letzten Jahren

Der frühere MVP als Throw-In bei einem Trade, in dem Utah in Wirklichkeit den (kriselnden) Rollenspieler Jae Crowder haben wollte, und kurz danach als Free Agent mitten in der Saison - die letzten Tage haben ziemlich schonungslos verdeutlicht, wie tief Rose innerhalb einer relativ kurzen Zeit gefallen ist.

Zumal es damit ja noch nicht vorbei war. Als die ersten Gerüchte kursierten, dass Minnesota Interesse an Rose haben könnte, stöhnten viele Wolves-Fans umgehend auf, weil Rose ja nur Tyus Jones Minuten wegnehmen würde. Und auch in Washington gingen viele auf die Barrikaden, auch wenn nach dem Ausfall von John Wall Tomas Satoransky und Tim Frazier die einzigen verbliebenen Optionen auf der Eins sind.

Das mag verwunderlich wirken, wenn man die Liga nur peripher verfolgt oder wenn man lediglich Boxscores und Highlights checkt - letzte Saison bei den Knicks legte Rose noch 18 Punkte im Schnitt auf, es gibt auch immer wieder Szenen, in denen er akrobatisch zum Korb fliegt und an alte Zeiten erinnert. Aber die Realität ist einfach eine andere, und das mittlerweile seit Jahren. Rose ist in der NBA von heute kein wertvoller Spieler mehr.

Advanced Metrics: Kein Freund von Rose

Besser noch als mit dem Eye-Test lässt sich dies durch Zahlen belegen, die über den normalen Boxscore hinausgehen. Beispielsweise mit dem Real Plus-Minus von ESPN: Rose belegt in dieser Saison mit -3,59 Platz 462 von 488 NBA-Spielern. Bei den durch einen Spieler hinzugefügten "Wins" liegt er auf Platz 458 (-0,09).

Nun könnte man dies darauf schieben, dass die Stichprobe einerseits klein ist und dass andererseits in Cleveland in diesem Jahr ohnehin Land unter war - abgesehen von LeBron James kriselte dort bisher fast jeder Spieler. Aber man kann bei Rose nicht von einer Ausnahme sprechen. Letzte Saison, als er 64 Spiele für die Knicks absolvierte, betrug sein RPM -2,25, Platz 332 ligaweit.

Es war beileibe kein Zufall, dass New York dem früheren Superstar nicht den großen neuen Deal anbieten wollte, den er sich erhofft hatte. Per Minimalvertrag wollte er sich dann eigentlich bei den Cavs für ebendiesen empfehlen, aber auch das ging schief. Nun muss man fast schon annehmen, dass der nächste Deal, den er abschließt, seine letzte Chance sein könnte. Es ist keine absurde Vorstellung, dass Rose nächste Saison womöglich nicht mehr in der NBA spielt.

Alles begann mit dem Kreuzbandriss

Wer hätte das so kommen sehen? Rose ist nicht der erste Superstar, der tief fällt, so tief und vor allem so schnell ist aber selten jemand abgestürzt. 2011 war Rose noch der jüngste MVP der NBA-Geschichte - eine schon damals diskutable Wahl, aber darum geht es hier jetzt nicht -, seither ging es in einem fast schon bahnbrechenden Tempo bergab. Den Anfang machte zweifelsohne sein Kreuzbandriss in den Playoffs 2012, und viele weitere Verletzungen sollten folgen, teilweise schwere.

Es wäre aber ein Trugschluss, alles ausschließlich auf die Gesundheit zu schieben. Die Verletzungen spielten natürlich eine große Rolle und haben ihm Explosivität und Athletik geraubt, seine beiden vorher größten Trümpfe. Das ist allerdings auch schon anderen Spielern vor ihm passiert. Rose hat es jedoch seitdem auch konstant verpasst, sein Spiel irgendwie an die neuen Anforderungen anzupassen.

Die NBA in ständigem Wandel

Seit Rose' MVP-Saison hat sich nicht nur sein Körper, sondern auch die Liga an sich extrem verändert. Ausgewählte Beispiele: 2010/11 wurden pro Spiel im Liga-Durchschnitt 18 Dreier genommen, heute sind es 28,8 (die Rockets nehmen 42,6!). Die durchschnittliche Pace damals lag bei 92,1, heute liegt sie bei 97,1. Das Spiel ist breiter und schneller geworden, vereinfacht gesagt. Pace-and-Space regiert die NBA.

Gerade für einen primären Ballhandler ist ein solider Dreier deswegen eigentlich unumgänglich. Rajon Rondo ist gewissermaßen der Posterboy für einen Spieler, der früher mal ein Star war und das vor allem wegen dem fehlenden Wurf heute nicht mehr ist - aber selbst er traf die letzten Jahre knapp über Liga-Durchschnitt (weit offen, dennoch). Aktuell ist er knapp drunter, seine 34,7 Prozent sind aber immer noch besser als der Karrierebestwert von Rose: 34 Prozent, in der Saison 13/14.

Seitdem hat Rose nicht einmal mehr die 30-Prozent-Marke erreicht. Er versucht es auch kaum noch (derzeit 1,5 Versuche pro Spiel). Das kann man sich als Lead Guard heutzutage erlauben, wenn man der vielleicht größte athletische Freak auf der Eins in der NBA-Geschichte ist (Russell Westbrook), aber das ist Rose nicht (mehr).

Rose: Wurfprofil wie DeAndre Jordan

Zumal nicht nur der Dreier betroffen ist. Er trifft in der Restricted Area 62,7 Prozent, ansonsten knackt er nirgendwo auf dem Court auch nur 34 Prozent. Letzte Saison traf er wenigstens aus der Mitteldistanz noch ordentlich (44 Prozent), in dieser Saison ist sein Wurfprofil ähnlich vielseitig wie das von DeAndre Jordan.

Rose hat es auch nie gelernt, sich clever abseits des Balles zu bewegen und für Layups zu positionieren, wie es beispielsweise Dwyane Wade, ein ebenfalls limitierter Shooter, perfektioniert hat. Deswegen war es auch kein Wunder, dass Rose Off-Ball bei den Cavs nicht funktionierte: Rose braucht den Ball in der Hand, um effektiv zu sein, wirklich effektiv ist er dann aber auch nicht. So hart das klingen mag.

Kopfschmerzen abseits des Courts

Die Performance an sich ist auch nicht das einzige Problem bei Rose. Man sieht ihm auf dem Court förmlich an, wie sehr es ihn frustriert, dass er nicht mehr der Alte ist, zumal er sich immer noch für einen Star hält. Miese Körpersprache und nicht selten mangelnder Einsatz sind dann gerne mal die Folge.

Abseits des Courts verschwand er in dieser Saison unentschuldigt vom Team und kehrte Wochen später zurück, ohne wirklich eine Erklärung zu liefern - was er letztes Jahr bei den Knicks übrigens auch schon tat. Im Locker Room der Cavs fand man das zwar nicht so schlimm wie das einmalige krankheitsbedingte Fehlen von Kevin Love, aber das sei mal dahingestellt.

Die Cavs wussten wiederum auch, dass sie Love auf einem hohen Niveau brauchen - während von Rose einfach nicht mehr viel erwartet wurde. Schon während seiner Abwesenheit wurde darüber spekuliert, dass er seine Karriere nun beenden würde. Letztendlich pausierte er über zwei Monate, teilweise auch verletzungsbedingt, bevor er dann noch einmal neun Spiele für die Cavs absolvierte. Dass er aber kein entscheidender Faktor bei einem (möglichen) Turnaround des Teams sein würde, war schon vor seinem Trade ziemlich klar.

Wie geht es weiter?

Nun ist die Frage, wie es weitergeht mit dem früheren MVP. Er wird noch eine Chance bekommen, aber Rose schleppt mittlerweile so viel Gepäck mit sich rum, nicht nur auf dem Court, dass man als Team in vielerlei Hinsicht überlegen muss, ob er das Risiko und eventuelle Kopfschmerzen wirklich wert ist.

In den letzten Jahren war er das unter dem Strich nicht, deswegen haben ihn nun mehrere Teams aufgegeben und deswegen hat er in Utah nicht einmal eine Möglichkeit erhalten. Fans träumen immer noch von "Vintage D-Rose", aber von diesem Gedanken sollte man sich verabschieden - und das gilt auch für Rose selbst.

Auch wenn das mit Sicherheit nicht leicht ist: Rose muss endlich versuchen, sich als Spieler und auch als Teil eines Teams neu zu erfinden. Sonst wird die nächste Chance vielleicht wirklich die letzte sein.