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Die Rolle von Jimmy Butler bei den Minnesota Timberwolves: Ein Wolf im Wolfspelz

Jimmy Butler hat bei den Timberwolves das Zepter übernommen.
© getty

Jimmy Butler macht in seiner ersten Saison bei den Minnesota Timberwolves genau das, wofür er geholt wurde: Er verändert die Kultur eines Dauer-Verlierers. Trotz der guten Ansätze müssen die Wolves ihren Aufwärtstrend aber erst noch beweisen.

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Man hätte ja fast schon denken können, die Wolves hätten den Sprung vom jungen Team mit Hoffnung zum souveränen Top-Team schon geschafft: Zwölf Siege aus 15 Spielen wurden geholt, die letzten fünf Spiele mit durchschnittlich 18,8 Punkten Abstand gewonnen, dabei sogar die Spurs für Platz drei im Westen zwischenzeitlich überholt. Dann kam das Gastspiel in Orlando, bei einem der schlechtesten Teams der Liga.

"Ich bin froh, dass wir verloren haben", sagte Jimmy Butler, nachdem die Magic am Dienstag mit 108:102 gewonnen hatten. "Wir müssen verdammt nochmal bescheidener werden. Wir kamen hier auf unserem hohen Ross an und dachten, wir wären ein wirklich gutes Team. Wir haben noch nichts erreicht. Das war gut für uns."

Wenn es vorher noch irgendwelche Zweifel daran gegeben haben sollte, dürfte diese Aussage ein für alle Mal klargestellt haben: Jimmy Buckets ist genau das, was die Wolves gebraucht haben. Als Spieler, aber ebenso sehr als Anführer, der den jungen Talenten auch mal die Leviten liest. Als Leitwolf, wenn man so will.

Jimmy Butler: Gemächlicher Start in die Saison

Wenn man Butlers nackte Zahlen ansieht, sind diese zwar gut, aber sie springen nicht direkt ins Auge: 21,6 Punkte, 5,4 Rebounds und 5,1 Assists sind allesamt niedrigere Werte als in der Vorsaison. Das ist allerdings leicht zu erklären: Zu Beginn der Saison hielt sich Butler offensiv noch sehr zurück und versuchte einfach, sich erst einmal an Karl-Anthony Towns und Andrew Wiggins zu gewöhnen.

Bis zum 10. November nahm er 12,1 Würfe pro Spiel und kam dabei auf lediglich 14,7 Punkte, weshalb ihm ein "langsamer" Start nachgesagt wurde. Obwohl die Wolves bereits erfolgreichen Basketball spielten (7-3). Als er sich dann aber etwas eingewöhnt hatte, schaltete Butler wieder in den Buckets-Modus - und wie: Allein im Dezember legte der Swingman über 15 Spiele 26,5 Punkte im Schnitt auf, ohne dabei zu überdrehen.

Das ist wiederum ein sehr wichtiger Punkt, denn Butler hat den Wolves in der Offense gerade am Ende von Spielen fast im Alleingang einen Killerinstinkt geschenkt. Wo Minnesota letzte Saison in der Crunchtime regelmäßig Spiele herschenkte, weil abgesehen von Wiggins-Isos und Towns-Dreiern die Ideen fehlten, verfügen sie nun mit Butler über eine seriösere Option - nur LeBron James und Kyrie Irving haben bisher mehr Clutch-Punkte erzielt als er.

Butler löst viele Probleme

Minnesota hat von 24 Spielen, die als Clutch definiert wurden, bisher 13 gewonnen, was nicht außergewöhnlich ist - es stellt aber eine dramatische Verbesserung zur 15-29-Bilanz in der vergangenen Saison dar. Auch Butler löst nicht alle Probleme der Wolves, aber er kaschiert sehr viele davon.

Das bezieht sich freilich nicht nur auf die Offense. Butler gibt auch defensiv den Ton an und zeigt bisweilen spektakuläre Leistungen. Beim Blowout gegen die Cavs vor kurzem etwa erklärte Butler LeBron James zur Chefsache und hielt den King bei bloß zehn Punkten, so wenige wie seit 2007 nicht mehr. Insgesamt sind die Wolves beim Defensiv-Rating um fast genau zehn Punkte besser, wenn Butler auf dem Court steht.

Das Gesamt-Defensiv-Rating von 106,4 ist dabei immer noch ein durchschnittlicher Wert - die Wolves belegen derzeit Platz 19 ligaweit. Dazu sei aber angemerkt, dass sich das Team seit Beginn der Saison enorm gesteigert hat: Im Oktober betrug das Defensiv-Rating erbärmliche 113,3, im Januar sind es bisher sehr gute 101,2 gegnerische Punkte pro 100 Ballbesitzen.

Thibodeau: "Er spielt auf einem MVP-Level"

Es geht also in die richtige Richtung - und das hat auch viel damit zu tun, dass Butler vorangeht und auch laut wird, wenn die jüngeren Teamkollegen (vor allem Towns und Wiggins) defensiv mal wieder nicht auf der Höhe sind. Diese Stimme wurde in Minneapolis in den letzten Jahren schmerzlich vermisst und mit dieser Absicht hat ihn sein Förderer Tom Thibodeau auch geholt.

Dementsprechend begeistert zeigte sich Thibs kürzlich auch von Butler. "Er hat hier alles verändert. Er spielt auf einem MVP-Level", sagte der üblicherweise nicht gerade euphorische Head Coach. "Es ist unglaublich, wie er ein Team, das in den letzten 13 Jahren so viel verloren hat, verändert hat. Die Kultur hier zu ändern ist enorm wichtig für uns."

Diese 13 Jahre beziehen sich auf die Playoff-Durststrecke der Wolves - seit 2004, der MVP-Saison von Kevin Garnett, gab es in Minnesota keinen Playoff-Basketball mehr zu sehen. Kein Team wartet länger auf eine Teilnahme an der Postseason. Butler hingegen stand in sechs NBA-Jahren fünfmal in den Playoffs und hat völlig andere Ambitionen.

On/Off-Zahlen sprechen klare Sprache

Dementsprechend nervte es ihn auch, als man gegen Orlando wieder in "alte" Verhaltensmuster verfiel und er zählte sein Team an, als sei man kurz vor der Selbstzerstörung. Das mag etwas übertrieben wirken, sind die Wolves derzeit doch klar auf Kurs für den Heimvorteil in der ersten Playoff-Runde. Es zeigte aber sehr deutlich, wie Butler seine Rolle in Minnesota interpretiert.

Sein Impact auf das Team ist dabei mit den herkömmlichen Boxscore-Statistiken nicht ausreichend zu erfassen. Die Advanced Metrics dagegen malen ein ziemlich eindeutiges Bild: Die Wolves sind um fast genau 17 Punkte pro 100 Ballbesitze besser, wenn Butler auf dem Court steht. Mit ihm ist ihr Net-Rating (8,8) ein Wert, der ligaweit nur von den Warriors (12,1) getoppt wird - ohne ihn (-8,1) liegt das Rating unter dem schlechtesten Gesamtwert der aktuellen Saison (Lakers: -7,2).

Natürlich spielen in solche Werte auch noch andere Faktoren mit rein - die Wolves haben eine richtig gute Starting Five, aber eine miese Bank, daher ist die On/Off-Differenz auch bei den anderen Startern (außer Jeff Teague) negativ. Aber bei niemandem sonst ist der Unterschied so dramatisch wie bei Butler.

Timberwolves mit...OffRtgDefRtgNetrating
... Jimmy Butler On Court112,4103,7+8,8
... Jimmy Butler Off Court105,3113,4-8,1

Liebling des Real Plus-Minus

Eine Metrik, die den Impact eines Spielers unter Berücksichtigung seiner Mitspieler zu erfassen versucht, ist das Real Plus-Minus von ESPN-Mann Jeremias Engelmann: Hier liegt Butler in der laufenden Saison mit einem RPM von 5,47 lediglich hinter Stephen Curry und James Harden. Bei den "RPM Wins", also dem kumulierten RPM eines Spielers, liegt Butler derzeit sogar auf dem allerersten Platz.

Angesichts solcher Zahlen ist es zu erklären, dass mittlerweile erste "Butler for MVP"-Rufe aufkommen, selbst Thibodeau sprach die drei berüchtigten Buchstaben ja schon aus. Dazu sei aber angemerkt, dass man ihn zwar in der Konversation erwähnen kann, er aber mit der Award-Vergabe an sich nicht viel zu tun haben wird.

Butler kommt nicht an die absurden Zahlen von Harden oder Giannis (oder Westbrook) heran, auch nicht an die Effizienz von LeBron, Durant oder Curry - und Minnesota hat auch (noch) nicht die Glaubwürdigkeit, um in den Kreis der Contender aufgenommen zu werden. Dafür stehen noch zu viele Fragezeichen hinter der Bank, der Defense von Towns und allen Facetten von Wiggins, die nicht das Scoring betreffen, um nur drei Beispiele zu nennen.

Wolves auf dem Prüfstand

Zuletzt haben die Wolves angedeutet, dass sie sich auf dem richtigen Weg befinden. Die nächste Woche könnte dies entweder bestätigen - oder ad absurdum führen. Die nächsten Gegner sind die Rockets, Clippers, Blazers und Warriors (alle auswärts) sowie die Raptors in heimischer Halle.

Von einer Schicksalswoche kann man im Januar natürlich nicht sprechen, aber sie dürfte dennoch etwas Aufschluss darüber geben, aus welchem Holz die Wolves in dieser Saison geschnitzt sind. Man weiß immerhin schon: Wenn irgendjemand die Dinge erneut schleifen lässt, wird Jimmy Butler es ihn wissen lassen. Dafür wurde er geholt.

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