NBA

Großangriff auf LeBrons Königreich

Von Robert Arndt
Kyrie Irving, Gordon Hayward und Al Horford sind die Big Three der Boston Celtics
© getty

Die Boston Celtics haben für mächtig Wirbel im Sommer gesorgt. Sowohl Kyrie Irving als auch Gordon Hayward kamen nach Boston. Fanliebling Isaiah Thomas wurde dagegen abgegeben. Haben die Celtics damit die Lücke zum Rivalen aus Cleveland geschlossen? Die Offseason in der Analyse.

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Die Transaktionen der Boston Celtics

Die Celtics waren wohl das aktivste Team der Offseason. Schon vor dem Draft fädelte General Manager Danny Ainge den ersten Deal ein. Der erste Pick wurde gegen den dritten Pick der Philadelphia 76ers und einen weiteren Erstrundenpick (2018 oder 2019) getauscht. Mit dem Philly-Pick wurde dann im Draft Jayson Tatum gezogen.

In der zweiten Runde sicherten sich die Celtics zudem die Rechte an Semi Olejeye (#37), Kadeem Allen (#53) und Jabari Bird (#56). Letztere wurden mit Two-Way-Contracts ausgestattet, Olejeye bekam einen Vierjahresvertrag, wovon die ersten beiden Spielzeiten garantiert sind. Er wird zunächst in der G-League auflaufen.

In der Free Agency lockte Ainge dann Gordon Hayward (4 Jahre, 128 Millionen Dollar) nach Beantown. Die umworbenen Paul George (Indiana) und Jimmy Butler (Chicago) wurden dagegen nach Oklahoma City bzw. Minnesota getradet. Stattdessen war Boston anderweitig aktiv. Avery Bradley und ein Zweitrundenpick wurden nach Detroit geschickt, im Gegenzug trägt Marcus Morris nun das grüne Trikot.

Dies alles war aber nur Vorgeplänkel für den ultimativen Blockbuster. Fanliebling Isaiah Thomas wurde zusammen mit Jae Crowder, Center Ante Zizic, dem Brooklyn-Pick von 2018 und einem Zweitrundenpick 2020 nach Cleveland geschickt, um mit Kyrie Irving den erhofften Star an Land zu ziehen.

Zudem wurden noch einige kleinere Free Agents geholt. Aron Baynes (1 Jahr, 4,3 Mio.) und Daniel Theis (2 Jahre, 2,2 Mio.) sollen für Tiefe auf den großen Positionen sorgen, dazu kehrt mit Shane Larkin (1 Jahr, 1,5 Mio.) ein alter Bekannter in die Liga zurück. Auch der Erstrundenpick aus dem Jahr 2016, Guerschon Yabusele, steht nun im Kader.

Nicht mehr Teil der Celtics sind dagegen Amir Johnson (Philly), Tyler Zeller (Nets), Kelly Olynyk (Heat), Jonas Jerebko (Utah), Jordan Mickey (Miami), Demetrius Jackson (Rockets), James Young (Milwaukee) und Gerald Green (Bucks).

Damit stehen nur noch vier Spieler aus dem Kader der vergangenen Saison zur Verfügung: Marcus Smart, Jaylen Brown, Al Horford und Terry Rozier.

Die Strategie der Boston Celtics

Nach unzähligen Jahren des Wartens hat Ainge nun tatsächlich den Großteil seiner Assets in einen Star umgemünzt und nebenbei fast den kompletten Kader auf links gedreht. Zur Erinnerung: Die Celtics waren der Topseed im Osten, in den Playoffs wurden ihnen aber von den Cleveland Cavaliers um LeBron James klar die Grenzen aufgezeigt.

Mit Irving, Hayward und Horford hat der Rekordchampion nun eine eigene Big Three. Die Hoffnung ist, sich doch irgendwie an den Cavs vorbei zu mogeln, nicht zuletzt weil es dort rund um den Kyrie-Trade gewaltig rumorte.

Durch die zahlreichen Verschiebungen hat Ainge auch einige wichtige Fragen geklärt. Thomas, Bradley und auch Smart wären 2018 Free Agents geworden. Alle drei hätten aufgrund der Cap-Situation nicht gehalten werden können. Es wurde proaktiv gehandelt, dazu besteht außerdem die Chance, dass Irving seinen Vertrag, der noch bis 2019 läuft, langfristig verlängert. Der Kern für das zukünftige Celtics-Team steht also. Nur Baynes und Larkin haben auslaufende Verträge.

Die Schwachstellen der Boston Celtics

Offensichtlich fehlt dem Team noch die Eingespieltheit. Einzig Horford war vergangene Saison fester Bestandteil der Starting Five. Es wird einige Zeit dauern, bis das neuformierte Team seine ganze Stärke entfalten kann. Dies nimmt man in New England aber sicherlich dankend in Kauf.

Eine große Schwäche konnte jedoch nicht ausgemerzt werden: das Rebounding. Unter den Brettern waren die Celtics in fast jedem Spiel unterlegen (Platz 26). Bradley war mit 6,1 Boards noch der zweitbeste Rebounder. Die Hoffnungen ruhen daher auf Marcus Morris, der als Flügel mehr als anständig unter den Brettern zugreifen kann. In Detroit zeigte er es zu selten (nur 4,6 Rebounds pro Spiel in 2016/17).

Eine Steigerung von ihm ist aber notwendig, da der Frontcourt weiter sehr dürftig besetzt ist. So ist es durchaus möglich, dass Baynes viele Minuten sehen wird, obwohl dieser in Detroit ausschließlich als Backup von Andre Drummond agierte.

Fraglich bleibt auch, wie Boston den Verlust von Bradley in der Defense kompensieren wird. Smart ist zwar ein ähnlich guter Verteidiger, ist aber auch ein paar Zentimeter kleiner. Im Angriff ist sein Wurf mal da, zumeist aber nicht (29,1 Prozent von Downtown in drei Jahren).

Der Hoffnungsträger der Boston Celtics

Der sehnsüchtig erwartete Star ist da. Kyrie Irving ist das neue Gesicht der Franchise - genau das, was auch der Point Guard nach drei Jahren im Schatten von LeBron James wollte. Nun werden alle Augen auf den 25-Jährigen gerichtet sein. Er muss zeigen, dass er auch ohne einen MVP an seiner Seite ein Team führen kann. In Cleveland gelang dies oft nicht.

Es ist aber davon auszugehen, dass Irving in der kreativen Offense von Brad Stevens aufblühen wird. Eine teils statische Offensive wie in Cleveland wird es nicht geben. Hier muss sich Kyrie anpassen und beweisen, dass er mehr ist als nur ein reiner Scorer. Kann Irving seine Mitspieler einsetzen, den Rhythmus der Celtics bestimmen, dann ist er auch wirklich ein Superstar.

Und selbst wenn Irving nicht die absolute Dominanz ausstrahlt, die einige von ihm erwarten: Die Celtics haben schließlich nun auch einen Gordon Hayward in der Hinterhand.

Das Fazit

Der Trade von IT hat in Boston für großen Wirbel gesorgt, er wirkte sehr kalt und wenig dankbar. Nüchtern betrachtet war es aber die richtige Entscheidung, auch weil der Gesundheitszustand von Thomas weiter unklar ist. Mit Irving steht nun der gewünschte Superstar in den eigenen Reihen, dessen Potenzial obendrein noch nicht voll ausgeschöpft scheint.

Nebenbei gerät fast in Vergessenheit, dass auch Hayward ein potenzieller Franchisespieler sein könnte und sich mit seiner ruhigen Art voll in den Dienst der Mannschaft stellen wird. Da ist es schon fast vergessen, dass die Celtics im Poker um PG-13 oder Jimmy Butler den Kürzeren zogen.

Es bleibt festzuhalten, dass Boston einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht hat. Die Lücke zu den Cavs wurde geschlossen. Mit dem Rekordchampion ist wieder zu rechnen - und das wohl auf viele Jahre.

Die Note: 1-

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