NBA

Plumlee der Zweite

Von Sascha Schiffer
Mason Plumlee (M.) spielt eine gute Rookie-Saison für die Brooklyn Nets
© getty

Es war eine Frage der Zeit, bis die Plumlee-Brothers die NBA bereichern würden. Ein Jahr nach Miles wagte nun Mason den Sprung und zeigt direkt in Brooklyn, was dank harter Arbeit möglich ist.

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Die Nets hatten sich ihre zweite Saison in Brooklyn deutlich besser vorgestellt. Nach miserablem Start (5:14) waren zwischenzeitlich im erschreckend schwachen Osten sogar die Playoffs in Gefahr, doch die Nets kämpften sich trotz gro­ßer Verletzungsprobleme zurück ins gesicherte Mittelfeld.

Das Problem des Zwischenspurts: Die Aufholjagd hat an den Kräften der alten Spieler (mit 29,8 Jahren haben die Nets den zweithöchsten Altersdurchschnitt aller Teams) gezehrt. Oldies wie Kevin Garnett (37) brauchen immer häufiger eine Pause. Gut, dass der Club einen frischen Rookie wie Mason Plumlee in der Hinterhand hat.

Genau deshalb hat Brooklyn den 24-Jährigen im Sommer an 22. Stelle gedraftet - um einen Backup für KG und Co. zu haben. Eine gute Entscheidung, denn der Big Man macht in seiner ersten Saison einen tollen Job. In 16,1 Minuten, die ihm aufgrund des topbesetzten Kaders niemand zugetraut hat, lässt "Plums" konstant das Potenzial aufblitzen, das ihm von seinen Eltern in die Wiege gelegt wurde, und liefert solide 6,4 Punkte, 3,4 ­Rebounds und 0,8 Blocks pro Partie.

Gute Basketball-Gene

Denn Mason Alexander Plumlee, der am 5. März 1990 in Fort Wayne das Licht der Welt erblickte, stammt aus einer wahren Basketball-Familie. Seine Eltern Millard und Leslie haben beide selbst Basketball gespielt. ­Vater "Perky", der heute als Anwalt tätig ist, schnürte die Schuhe an der Tennessee Tech University, Mutter Leslie, inzwischen Apothekerin, für die ­Purdue University.

Wie es das Schicksal wollte, lernten sich die beiden über den Basketball kennen. Und selbst Masons Großvater, Albert Schultz, hat in der NCAA und für das US-Air-Force-Service-Team gespielt.

Kein Wunder, dass diese Gene auf Mason und seine Brüder Miles (25) und Marshall (21) übergingen. Beim Abrufen ihres Potenzials wurden die drei Big Men - alle sind über 2,11 Meter - von ihren Eltern unterstützt

"Sie waren immer wie Coaches an der Seitenlinie", erinnert sich Mason. Mit Erfolg: Bereits in jungen Jahren führen die drei Brüder die Christ School 2008 gemeinsam zur Highschool-Staatsmeisterschaft in North Carolina.

Unter "Coach K" gereift

Auch den nächsten Schritt Richtung Profilaufbahn machen sie gemeinsam. Mason wechselt 2009 an die Duke University, die Miles seit 2008 besucht. Das Brüderpaar feiert 2010 mit den Blue Devils die NCAA-Meisterschaft. 2011/12 gesellt sich dann auch noch Marshall zum Team, wodurch die Plumlee-Brothers zum dritten Bruder-Trio der Division-I-Geschichte werden, das für die gleiche Uni spielt.

Mit seinen Brüdern zu spielen ist das eine, doch viel wichtiger ist für Mason der Reifeprozess, den die College-Zeit für ihn bedeutet. In seinem ersten Jahr erzielt der Big Man in durchschnittlich 14,1 Minuten nur 3,7 Punkte und 3,1 Rebounds pro Spiel. Doch der zweite der drei Plumlees ist ein harter Arbeiter und verbessert sein Game in jedem Sommer.

Bereits als Junior erzielt er mit 11,1 Zählern und 9,2 Boards im Schnitt fast ein Double-Double. Den größten Sprung macht "Plums" aber in seinem letzten Jahr, nachdem Miles, den die Pacers 2012 an 26. Stelle draften, den Weg in die NBA eingeschlagen hat.

Mason wird von Duke-Coach Mike Krzyzewski zum Teamcaptain ernannt und verbucht als Senior starke 17,1 Punkte und 10,0 Rebounds. Ins­besondere seine Trefferquote (59,9 %) aus dem Feld ist beeindruckend. Zum erneuten Gewinn der Meisterschaft reicht es zwar nicht, Mason wird aber ins AP-All-American-Second-Team gewählt. Für diese Entwicklung ist vor allem sein Coach verantwortlich: "Ich habe es geliebt, für ‚Coach K' zu spielen und bin ihm sehr dankbar."

Überragender Athlet

Sein starkes Senior Year bringt ihn schließlich in die NBA. Mason ­beeindruckt die Scouts vor allem mit seiner Größe und Explosivität: "Er ist ein Center mit der Athletik eines Small Forwards", sagt ­Jonathan Wasserman vom Bleacher Report.

Zudem hat sich der 24-Jährige am College zu einem starken Rebounder entwickelt, dessen Offensivqualitäten im Inside-Game und im Pick-and-Roll NBA-Teams gut gebrauchen können.

Trotz dieser Stärken hat Mason sein Potenzial aber vor allem offensiv noch nicht annähernd ausgeschöpft. Um für die Nets eine richtige Waffe von der Bank zu werden, muss der 2,11-­Meter-Mann deutlich vielseitiger werden und speziell an seinem Wurf feilen. Zu Redaktionsschluss war er zwar mit Abstand der treffsicherste Rookie der NBA (62,2 % FG), hatte aber alle seine 120 Treffer "in the Paint" erzielt. Von außerhalb der Zone hatte Mason bis Ende März nur acht Würfe genommen - und vergeben!

Lernen von Legenden

Neben dem Wurf muss der 24-Jährige auch an seiner Defensive arbeiten. Er ist trotz starker Physis im Lowpost oft zu soft und hat Probleme das Pick-and-Roll zu verteidigen. Vor allem mit den Side-Steps hat der 107-Kilo-Mann Schwierigkeiten, da seine Fußarbeit nicht schnell genug ist.

Doch dafür hat er den perfekten Lehrmeis­ter an seiner Seite: Kevin ­Garnett, von dem Plumlee restlos begeistert ist: "Jeder Rookie ­wäre glücklich, einen Veteranen und zukünftigen Hall-of-Famer wie Kevin ­Garnett in seinem Team zu haben. Ihn beim Training und in Spielen zu beobachten, reicht schon aus, um verdammt viele Dinge zu lernen. Selbst nach 19 Jahren in der Liga arbeitet er noch sehr professionell, vor allem wenn es darum geht, seinen Körper fit zu halten. Das ist sehr beeindruckend."

Dass sich Mason unter der Obhut des 15-maligen All Stars gut entwickelt, hat er in mehreren Begegnungen gezeigt: Gegen die Pelicans (93:81) legt ­Plumlee 22 Punkte und 13 Rebounds auf, gegen ­Detroit (95:111) 13 Zähler und acht Boards, gegen die erfahrenen Big Man der Spurs markiert er 15 Punkte und pflückt 13 ­Rebounds. Dank seiner unerwartet guten Leistungen wird der Nets-Rookie zur Rising-Stars-Challenge eingeladen, wo er 20 Punkte, sieben ­Rebounds und vier Steals auflegt.

Gut, aber nicht sehr gut?

Man sieht: Mason zeigt in seinem ersten Profijahr wirklich gute Ansätze, doch reichen seine Skills noch nicht aus, um mehr als ein solider NBA-Power-­Forward zu werden. Für Tony Barone, der seit 13 Jahren als NBA-Scout tätig ist, steht etwa fest, dass "Mason ein großartiger Backup-Vierer sein kann, der sich aber sehr wahrscheinlich nie zu einem Superstar entwickeln wird".

Wohin Masons NBA-Reise auch führen mag, die Bosse in Brooklyn sind froh, den 24-Jährigen, den vor der Saison niemand auf der Rechnung hatte, als Garnett-Backup gedraftet zu haben. Denn Mason Plumlee zahlt ihnen das Vertrauen mit harter Arbeit und soliden Stats zurück.

Scouting-Report

Stärken: Gute Physis und Athletik. Dazu sehr beweglich und explosiv. Sowohl im Post-Game als auch aus dem Pick-and-Roll gefährlich. In unmittelbarer Korbnähe (64,8 Prozent Trefferquote in der Zone) sehr effektiv. Keine Allüren, harter Arbeiter.

Schwächen: Hat noch Probleme mit der Pick-and-Roll-Defense, trotz seiner Athletik kein guter Shotblocker (0,7 BL). Ist trotz seiner Physis noch zu soft. Offensiv zu eindimensional, erzielte fast alle Punkte in der Zone, ein Midrange-Game ist quasi noch nicht vorhanden. Mittelmäßiger Freiwerfer (62,3 %). Kein guter Passer (0,4 AS).

Fazit: Mason hat gute Anlagen und ist ein perfekter Rollenspieler. Momentan sieht alles nach einer NBA-Malocher-Karriere à la Nick Collison (OKC) aus, mit dem er auch oft verglichen wird.

Der Artikel erscheint in der BASKET 05/2014

Mason Plumlee im Steckbrief

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