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Ein Comeback ohne Krönung

Von Philipp Dornhegge
Mit hoher Intensität kauften die Brooklyn Nets den Toronto Raptors den Schneid ab
© getty

In Spiel drei ihrer Erstrundenserie haben die Brooklyn Nets im heimischen Barclays Center vorgelegt und den zweiten Sieg eingefahren. Gegen die Toronto Raptors siegte das Team um Spielmacher Deron Williams mit 102:98 (BOXSCORE).

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Nach etwas wackligem Start bekamen die Gäste das Spiel im Lauf des ersten Viertels immer besser in den Griff, konnten sich allerdings nicht entscheidend absetzen. Beide Mannschaften lieferten besonders in der Defense eine disziplinierte Vorstellung ab, die Schiedsrichter legten die Regeln zum Wohl des Spielflusses großzügig aus.

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In der Schlussphase der ersten Hälfte brach Toronto dann urplötzlich das Offensivspiel weg, sodass der Gastgeber nach einem starken Finish eine 49:45-Führung mit in die Pause nehmen konnte.

Nach der Halbzeit ein ähnliches Bild: Die Raptors hatten große Mühe, ordentliche Würfe zu kreieren und ließen All-Star DeMar DeRozan (30 Punkte, 5 Rebounds, 5 Assists) fast komplett im Stich, einzig der solide Reservist Patrick Patterson (17) half richtig mit.

Die Brooklyn Nets derweil spielten sich auf dem Rücken von Point Guard Deron Williams (22 Punkte, 8 Assists) in einen guten Offensiv-Rhythmus und setzten sich sukzessive ab. Vor den Augen von Promis wie Rihanna und dem NBA-Commissioner Adam Silver konnte Toronto in den letzten Minuten dann einen kaum mehr für möglich gehaltenen Run starten und den zwischenzeitlichen 15-Punkte-Rückstand auf einen Zähler verkürzen, ehe Brooklyn den Sack zu machte.

Joe Johnson (29) und Paul Pierce (18) waren die anderen Starter Brooklyns mit zweistelliger Punktzahl, von der Bank steuerte der starke Andray Blatche 12 Zähler bei.

Für die Gäste aus Kanada verbuchte Jonas Valanciunas trotz großer Foulprobleme ein Double-Double (10 Punkte, 10 Rebounds).

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Vor dem Tip-Off: Die Nets starten mit ihrer üblichen Small Ball Lineup aus Williams, dem zuletzt angeschlagenen Livingston, Johnson, Pierce und Garnett. Für Pierce ist dies das erste Playoff-Heimspiel außerhalb von Boston.

Die Raptors schicken zunächst Lowry, DeRozan, Ross, Johnson und Valanciunas auf das Parkett. Auch hier also keine Überraschungen.

3.: Garnett mit sehr aktivem Start. Nach einem Layup vergibt er einen Jumper, dann geht er nach einer Finte an Valanciunas vorbei und findet Williams an der Dreierlinie. 7:4 Nets, munterer Beginn.

7.: Super Beginn für DeRozan, der die Gäste auf seinen Schultern trägt und die letzten sechs Punkte gemacht hat. Doch Williams kontert mit einem üblen Killer Crossover und Floater. Der Nets-Point-Guard hat insgesamt acht Punkte erzielt. 16:12 Nets.

14.: Kirilenko setzt seine langen Arme am Perimeter ein und klaut den Raptors den Ball. Der Fastbreak ist etwas holprig, doch am Ende geht Blatche an die Linie und verkürzt auf 25:28.

17.: Thornton hatte in Toronto alle sechs seiner Würfe vergeben, in Brooklyn zieht er deshalb aggressiv zum Korb und versucht's per Korbleger. Gute Idee! Sein zweites Field Goal beschert ihm ein Dreipunktspiel und sorgt für die Führung der Nets, 33:32.

21.: Zerfahrene Phase mit allerlei kleinen Fouls und schlampigen Ballverlusten nach Schrittfehlern und illegalen Blöcken. Ein Querpass von Pierce wird von DeRozan abgefangen, der Flügelspieler wird von Williams hart gefoult. Doch von der Linie sorgt er für das 40:37 für die Raptors.

26.: Schlechtes Zeichen für die Nets: Livingston wird am defensiven Brett in schlechter Position erwischt und muss das Foul gegen Valanciunas nehmen. Das ist das vierte gegen den Spielmacher, wenige Momente später kassiert auch Garnett sein viertes Foul. Brooklyn führt 51:46.

29.: Back-to-Back-Dreier von Johnson, der kurz zuvor noch einen offenen Dreier verweigert hatte! Brooklyn zieht auf 61:52 davon, Toronto verlässt sich aktuell ausschließlich auf DeRozan. Und nimmt erst mal eine Auszeit.

36.: Wunderschöne Offense der Nets. Williams spielt Pick'n'Roll mit Pierce, der Flügelspieler zieht nach dem Anspiel die Baseline entlang. Als Valanciunas zur Hilfe kommt, steckt Pierce per Bodenpass durch auf Blatche - Slam Dunk! 73:66 Nets.

37.: Die Raptors fokussieren sich jetzt total auf Williams. Doch der Spielmacher bleibt ganz gelassen, findet Teletovic auf dem Flügel. Das ist der nächste Dreier und die 80:66-Führung. So weit lag in dieser Serie noch kein Team vorn.

44.: Wieder erstklassiges Ball Movement der Nets, am Ende nagelt Johnson den nächsten Dreier rein. Auf der anderen Seite erzwingt Brooklyn eine Shot Clock Violation. Eine symptomatische Sequenz. Bei 93:78 dürfte das die Vorentscheidung gewesen sein.

48.: Von wegen Vorentscheidung! Toronto ist plötzlich da. Ein bärenstarkes Comeback gibt Patterson die Chance, 19 Sekunden vor Schluss für den Ausgleich zu sorgen. Doch der Forward vergibt zwei Freiwürfe! Pierce sorgt schließlich für die Entscheidung.

Brooklyn Nets vs. Toronto Raptors: Hier geht's zum BOXSCORE

Der Star des Spiels: Deron Williams. Diesen D-Will hat man in Brooklyn bisher viel zu selten gesehen. Der viel gescholtene Spielmacher scheint hundertprozentig fit für die Playoffs zu sein, jedenfalls ist er stark genug, einen guten Verteidiger wie Kyle Lowry immer wieder wie einen Schuljungen aussehen zu lassen.

War er auf dem Court, war Williams an praktisch jedem Angriff entscheidend beteiligt, ob als Initiator der Offense, entscheidender Passgeber oder Scorer. Positiv hervorzuheben ist zudem die mehr als solide Defense. Das war in der Vergangenheit auch keine Selbstverständlichkeit. Nur die zwei vergebenen Freiwürfe in der Crunchtime schmälern die Leistung ein wenig.

Der Flop des Spiels: Terrence Ross hatte schon in Toronto große Probleme bei seinen ersten Playoff-Spielen und traf nur zwei seiner zwölf Würfe. In Brooklyn ging der Start gleich wieder in die Hose. Ein Fehlwurf aus der Mitteldistanz, ein vergebener Layup nach tollem Drive und ein Pass ins Niemandsland: So holt man sich sein Selbstvertrauen nicht zurück.

Zwei Freiwürfe halfen dem Youngster, die Nerven in den Griff zu kriegen, Anfang des zweiten Viertels fiel dann endlich der erste Dreier in der Serie. Es blieben jedoch die einzigen Erfolgserlebnisse. Aufgrund seiner Passivität in der Offense ließ Casey Ross in der zweiten Hälfte lange auf der Bank schmoren und vertraute eher dem kleineren Lineup mit zwei Point Guards (Lowry, Vasquez).

Das fiel auf:

  • So müssen Playoffs aussehen! Trotz ihrer Unerfahrenheit gaben die Gäste aus Kanada ihrem Gegner keinen Meter Raum, spätestens Mitte des ersten Viertels waren sie hellwach und lieferten den Nets einen packenden Fight. Einen Fight, der enorm physisch war und dank aggressiver Spieler wie Tyler Hansbrough zu einigen Wortgefechten am Rande führte. Die Schiedsrichter ließen das Geschehen weitgehend laufen.
  • Wie physisch das Spiel war, kann man daran ablesen, das trotzdem allerlei Spieler schon früh Foulprobleme hatten. Mitte des dritten Viertels lagen bei den Nets Garnett, Plumlee und Livingston bei vier Fouls, Williams bei drei. Torontos Valanciunas, Johnson, Lowry und Hansbrough lagen bei je drei Fouls. Garnett und Lowry erlebten das Ende des Spiels nicht.
  • Auch wenn das dritte Spiel in Brooklyn stattfand, muss man die Raptors-Fans ausdrücklich loben. Außerhalb des Air Canada Centres trafen sich die Anhänger trotz mittelprächtigem Wetter zum Public Viewing und unterstützten ihr Team aus der Distanz. Das passiert, wenn leidenschaftliche Basketball-Fans mit sechs Jahren Playoff-Dürre auskommen müssen.
  • Die besondere Tiefe des Nets-Kaders kommt auch in den Playoffs zum Tragen. Welches andere Team kann schon von sich behaupten, bereits Mitte des zweiten Viertels elf verschiedenen Spielern viele Minuten gegeben zu haben? Besonders Andray Blatche und Marcus Thornton taten sich als Offensivwaffen hervor, Andrei Kirilenko wurde aufgrund seiner defensiven Vielseitigkeit eingesetzt.
  • Eiserne Regel im Basketball: Psychologisch ist es enorm wichtig, jedes Viertel möglichst stark zu Ende zu bringen. Insofern war Dwane Caseys Rotation überraschend, der DeMar DeRozan vor der Halbzeit auf die Bank setzte und damit seiner Mannschaft den mit Abstand besten Offensivspieler nahm. Die Folge: Brooklyn startete einen 12:1-Lauf, der das Barclays Center zum Kochen brachte. Erst zwei Kyle-Lowry-Freiwürfe und ein später John-Salmons-Jumper stoppten die Blutung. Den entstandenen Rückstand holten die Raptors allerdings bis zum Schluss nicht mehr auf.
  • Im dritten Viertel bekam die Offense der Nets einen immer besseren Flow. Der Grund: Das Pick'n'Roll zwischen Deron Williams und Paul Pierce. Weil Toronto bei diesem Play immer wieder die Verteidiger switchte, bekam Pierce auf dem Flügel immer wieder Mismatches, die er exzellent zu nutzen wusste. Andernfalls wurde der Weg für eine Williams-Penetration frei.

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