NBA

Die Lakers sind Champion!

Von Florian Regelmann
Kobe Bryant und die Lakers feiern nach ihrem Sieg gegen Boston die 16. Meisterschaft
© Getty

Die Los Angeles Lakers gewinnen Spiel 7 der NBA Finals gegen die Boston Celtics nach einer wahren Schlacht mit 83:79 und verteidigen damit ihre Championship. Kobe Bryant erlebt einen Albtraum-Abend, kommt aber am Ende dennoch auf 23 Punkte und 15 Rebounds. Bryant wird im Anschluss zum zweiten Mal in seiner Karriere als Finals-MVP ausgezeichnet. Paul Pierce ist mit 18 Punkten Topscorer bei den geschlagenen Celtics.

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Es sollte eine epische Schlacht werden. Und es wurde eine epische Schlacht. Die Los Angeles Lakers und Boston Celtics lieferten sich ein denkwürdiges Spiel 7, an das man sich noch lange erinnern wird.

"Das ist mit Abstand der süßeste Triumph, weil es gegen die Celtics war. Und es war mit Abstand der schwerste. Ich wollte es so sehr, und manchmal, wenn man etwas so sehr will, entgleitet es einem. Aber meine Jungs waren für mich da", sagte Kobe Bryant nach einem siebten Spiel, das ein Heavyweight-Fight mit einem kuriosen Verlauf war.

Die wichtigste Personalie vor dem Spiel: Celtics-Starting-Center Kendrick Perkins fiel nach seinem in Spiel 6 erlittenen Kreuzbandriss aus und Headcoach Doc Rivers entschied sich dazu, Perkins in der Starting Five durch Rasheed Wallace zu ersetzen. Ein Schachzug, der sofort aufging.

Wallace erzielte mit zwei schönen Aktionen im Post-up die ersten vier Punkte für Boston. Wo Perkins allerdings fehlen sollte, war ebenfalls ganz schnell deutlich zu erkennen. In der Rebound-Arbeit unter dem eigenen Korb.

Die Lakers pflückten sich einen Offensiv-Rebound nach dem anderen und hatten phasenweise in jedem Angriff zweite Chancen. Allein Pau Gasol schnappte sich in den ersten drei Minuten fünf Offensiv-Rebounds.

Lakers - Celtics, Spiel 7: Die Highlights im Video bei ESPN

Celtics gehen in Führung

Die Lakers brauchten aber auch jeden einzelnen davon, denn sie trafen absolut nichts. Es war fast surreal, was sich im Staples Center zu Los Angeles abspielte. Die Lakers-Quote wurde im ersten Viertel von Minute zu Minute lausiger, nach zwölf Minuten stand sie bei unterirdischen 22 Prozent (6/27). Besonders Bryant fand überhaupt nicht zu seinem Spiel und nahm teilweise absolut katastrophale Würfe.

Obwohl die Lakers weiter am Brett dominierten (10-0-Offensiv-Rebounds), konnten sich die Celtics, die ihrerseits hochprozentig aus dem Feld trafen, Mitte des ersten Viertels absetzen. Ein 13:3-Run in den letzten fünf Minuten des ersten Viertels sorgte für eine 9-Punkte-Führung der Celtics (23:14). Gut bei Boston: Es war eine echte Teamleistung. Rajon Rondo, Paul Pierce, Ray Allen, Kevin Garnett, Glen Davis und eben Wallace trugen alle ihren Teil zur Führung bei.

Im zweiten Viertel kamen die Lakers dann aber auf. L.A. hielt Boston vier Minuten lang ohne Punkt und glich das Spiel mit einem 9:0-Lauf wieder aus (23:23). Nicht dank Bryant, sondern in erster Linie dank Ron Artest.

Artest im zweiten Viertel nicht zu stoppen

Der Forward verteidigte nicht nur exzellent, er war offensiv der Faktor schlechthin beim Team von Phil Jackson. 12 Punkte erzielte Artest im zweiten Viertel. Zwar konnten sich die Celtics bis zur Pause wieder auf sechs Punkte (40:34) davonstehlen, aber ohne Artest wären die Lakers noch viel weiter ins Hintertreffen geraten.

Dass sie nur mit sechs Punkten in Rückstand lagen, war angesichts ihrer Quoten aus dem Feld (26 Prozent), von der Dreierlinie (18 Prozent) und von der Freiwurflinie (50 Prozent) noch ein Segen. Bryant (3/14) und Gasol (3/12) spielten gegen die zugegeben grandiose Celtics-Defense eines der schlechtesten Spiele, das sie wohl je zusammen gespielt haben.

Da die Dominanz bei den Offensiv-Rebounds aber weiter Bestand hatte (15:2), die Celtics sich außerdem zu viele Ballverluste leisteten (8:3) und dazu auch einen Spieler (Ray Allen) mitschleppen mussten, der offensiv völlig neben sich stand, waren die Lakers voll im Spiel.

Vieles sprach dafür, dass L.A. und vor allem Bryant zu Beginn von Halbzeit zwei aufdrehen würden. Aber von wegen - es wurde für die Lakers erst mal noch schlimmer. Garnett und Rondo waren zu Beginn des dritten Viertels nicht zu stoppen, sodass die Celtics mit einem 9:2-Run ihre Führung auf immerhin 13 Punkte (49:36) ausbauten.

Fisher mit dem wichtigsten Dreier der Saison

Die Quote von Bryant, der weiter zu viel wollte und überdrehte, ging noch weiter in den Keller (3/17). Es war ein Albtraum für den Superstar. Dank einiger weniger Treffer von Bryant und aufgrund einer starken Phase von Lamar Odom fanden die Lakers aber wieder zurück in die Partie. Vor Beginn des Schlussviertels stand auf dem Scoreboard: Celtics 57 - Lakers 53. Ein bemerkenswerter Zwischenstand.

Es war nicht schön, es war in vielen Teilen sogar sehr hässlich, aber es war vor allem dramatisch. Bis sechseinhalb Minuten vor dem Ende blieben die Celtics vorne (64:61), dann brach ihnen Derek Fisher das Genick.

Der Point Guard der Lakers, der zwischenzeitlich angeschlagen in die Kabine gegangen war, kehrte zur entscheidenden Phase aufs Feld zurück und machte das, was er schon so oft gemacht hat: einen Schlüsselwurf treffen.

Fishers Dreier zum 64:64 ist in der Nachbetrachtung die Initialzündung für die Wende zugunsten der Lakers gewesen. Denn danach übernahm L.A. durch Freiwürfe von Bryant zum ersten Mal seit langer Zeit die Führung und schlich sich in der Folge auf sechs Punkte davon (70:64).

Gasol und Artest überragend

Ein Dunk von Garnett brachte Boston noch einmal auf 68:71 heran, aber das große Problem der Celtics war jetzt, dass sie die Lakers immer und immer wieder an die Freiwurflinie schickten. Und als es dann in die letzten zwei Minuten ging, war auf Gasol und Artest Verlass.

Gasol blockte auf der einen Seite Pierce weg und traf auf der anderen Seite einen Layup im Getümmel zum 76:70. Danach wurde es verrückt.

Ein Dreier von Wallace nach einer Auszeit der Celtics sorgte für Hoffnung auf der Bank von Boston, doch auf der Gegenseite traf auch ausgerechnet Artest einen Money-Schuss von Downtown. Die Celtics gaben aber nicht auf. 51 Sekunden vor Schluss verwandelte Ray Allen einen Dreier aus der Ecke zum 76:79.

Im nächsten Angriff verballerte Bryant einen Dreier, aber bezeichnenderweise war Gasol zur Stelle und holte sich den Offensiv-Rebound - seinen neunten im Spiel. Die Folge waren das sechste Foul von Wallace gegen Bryant und zwei weitere Freiwürfe für Kobe, die er nutzte. 81:76 Lakers.

Vujacic macht alles klar

Doch es war immer noch nicht vorbei. Rondo schnappte sich nach einem Fehlwurf von Ray Allen den Ball und versenkte einen der wenigen Dreier seiner NBA-Karriere. Bostons Rückstand betrug 16 Sekunden vor der Sirene nur noch zwei Punkte (79:81).

So blieb für die Celtics die Hoffnung, dass die Lakers an der Linie patzen könnten. Doch das sollten sie nicht tun. Sasha Vujacic wurde gefoult, und der Slowene verwandelte die beiden wichtigsten Freiwürfe seines Lebens zum 83:79-Endstand.

Rondo nahm noch mal einen letzten Verzweiflungs-Dreier, dann landete der Ball über Gasol bei Bryant, der jubelnd übers Feld lief und die Uhr runterspielte. Es war Party-Time! Die Lakers feierten ihre Titelverteidigung und ihre insgesamt 16. Meisterschaft (die fünfte in den letzten elf Jahren).

Auf der anderen Seite ergriffen die Celtics sofort die Flucht. Boston wird noch lange darüber nachdenken, warum es dieses Spiel verloren hat. Die Lakers schossen 32,5 Prozent aus dem Feld, 20 Prozent von der Dreierlinie, 67,5 Prozent von der Freiwurflinie - und besonders guten Team-Basketball (nur 11 Assists) spielten sie auch nicht.

Ohne Worte: Lakers mit 23 Offensiv-Rebounds

Dennoch sind sie der Champion. Die Überlegenheit am Brett (53:40-Rebounds/23:8 offensiv) und bei den Freiwürfen (37 Freiwurfversuche - Boston nur mit 17) machten es möglich. Artest (20 Punkte, 5 Rebounds, 5 Steals) und Gasol (19 Punkte, 18 Rebounds, 4 Assists, 2 Blocks) waren herausragend, für Bryants Leistung gibt es dagegen, wie er auch selbst einräumte, nur ein Wort: mies.

Dass er am Ende noch ein auf den ersten Blick respektables Double-Double (23 Punkte, 15 Rebounds) verbuchte, kann daran auch nichts ändern. 6/24 aus dem Feld - mehr muss man nicht dazu sagen.

Nach dem Spiel wurde Bryant (28,6 Punkte im Schnitt in der Serie), der seinen insgesamt fünften Titel gewann, zum zweiten Mal in seiner Karriere als Finals-MVP ausgezeichnet. Sicherlich in der Gesamtbetrachtung verdient, aber selten hat wohl ein Spieler nach einer derart schlechten Leistung in einem entscheidenden Finalspiel im Anschluss die Trophäe in den Händen gehalten.

Was wird aus Phil Jackson?

Bryant und den Lakers wird es - zurecht - egal sein. Was zählt, ist alleine der Titel. Und der bleibt nach einer dramatischen Finals-Schlacht gegen den Erzrivalen wieder in Los Angeles. "Ich möchte mich definitiv bei meinen Ärzten bedanken. Vor allem bei meiner Psychaterin, sie hat mir sehr geholfen, relaxter zu werden", sagte ein glücklicher Artest nach dem Spiel. Die Stimmung bei den Celtics war auf der anderen Seite natürlich am Boden.

"Wir waren die engste, emotionalste und verrückteste Gruppe, die ich in meinem Leben jemals gesehen habe. Viele Jungs haben in der Kabine geweint", erklärte Rivers. Hinter Rivers' Zukunft steht genauso ein Fragezeichen wie hinter der von Phil Jackson.

Ob der Zen-Master nach elf Titeln aufhört, ist die große Frage in Los Angeles. "Ich muss jetzt mal tief durchatmen und mir die Zeit nehmen, um darüber nachzudenken", ließ sich Jackson nicht in die Karten schauen. "Er weiß, wie sehr ich will, dass er bleibt", sagte Bryant, der kurz, bevor er die MVP-Trophy in die Höhe streckte, schon an die neue Saison dachte: "Lasst uns die nächste Meisterschaft angehen!"

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