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MLB - Ronald Acuna und die Atlanta Braves: Die Krux mit der Service Time

Ronald Acuna wird voraussichtlich nicht zum Lineup der Braves am Opening Day gehören.
© imago

Center Fielder Ronald Acuna steht auf dem Sprung in die MLB. Doch ob er bereits zum Opening Day Teil des Lineups der Atlanta Braves sein wird, muss stark bezweifelt werden. Grund dafür ist eine Regel, die einer Franchise finanzielle Vorteile bringt, einem Spieler aber entgegenstrebt.

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Wie geht man am besten mit hochtalentierten Baseball-Prospects um? Eine Frage, so alt wie ... das aktuell gültige Kompensationssystem der Major League Baseball. Dieses birgt nämlich eine Art Cheat Code, um die ohnehin schon lange Kontrolle einer Franchise über ein Eigengewächs noch etwas zu verlängern.

Konkret heißt dies: Ein Spieler kann erstmals Free Agent werden, wenn er mindestens sechs Jahre an sogenannter Service Time in der MLB absolviert hat. Als Service Time wird die Zeit angesehen, die ein Spieler entweder im aktiven 25-Spieler-Kader oder auf der Disabled List verbringt. Offiziell zählt die MLB 172 Tage für ein Jahr an Service Time. Insgesamt besteht ein MLB-Jahr allerdings aus 183 Tagen.

Das wiederum führt dazu, dass ein Team theoretisch einen hochveranlagten Rookie mindestens zwölf Tage in den Minors halten kann, um zu verhindern, dass er ein Jahr an Service Time angerechnet bekommt. Folglich würde sich dann die Kontrolle über den Spieler seitens des Teams um ein weiteres Jahr verlängern. Die Free Agency erreichte er damit erst nach sieben anstatt sechs Jahren.

Viele Teams machen von dieser Praxis bei hochkarätigen Newcomern nicht Gebrauch. Die Yankees etwa hätten Aaron Judge im Vorjahr zurückhalten können, ließen ihn aber von Anfang an ran. Zudem betonen sie in diesem Jahr, dass eine solche Überlegung bei ihrem aktuellen Toptalent Gleyber Torres keine Rolle spielen werde.

Das bekannteste Gegenbeispiel wäre Kris Bryant, den die Cubs 2015 tatsächlich aufgrund dieser Regelung zurückgehalten haben, obwohl er augenscheinlich sofort bereit gewesen wäre. Das Ende vom Lied: Die Cubs verpassten den Division-Titel mit drei Spielen Rückstand und mussten über die Wildcard gehen. Mit Bryant von Beginn an wäre vielleicht sogar da schon mehr drin gewesen - Bryant wurde letztlich dennoch NL Rookie of the Year.

Atlanta Braves: Was tun mit Ronald Acuna?

In dieser Saison sind es nun die Atlanta Braves, die vor der Entscheidung stehen, wie sie denn mit ihrem Top-Rookie umgehen sollen. Die Rede ist von Ronald Acuna Jr., der bereit ist für die Major Leagues, egal wen man fragt.

Acuna überzeugt mit seiner unvergleichlichen Dynamik, seiner starken Defense und der Power, die er schon mit Anfang 20 an den Tag legt. Wenn einer in die MLB - und damit ins Center Field der Atlanta Braves - gehört, dann sicherlich er. Er ist darüber hinaus laut MLBPipeline das beste Prospect unter allen Positionsspielern in diesem Jahr - nur Pitcher/Hitter Shohei Ohtani (Angels) steht noch vor ihm in der Gesamtbetrachtung. Baseball America wiederum hat ihn sogar insgesamt auf Platz eins gelistet.

Doch allem Anschein nach werden ihn die Braves nicht zum Opening Day in den Kader aufnehmen. Eine Maßnahme, die rein finanzieller Natur zu sein scheint.

Offiziell zeigt sich Acuna aber verständig demgegenüber und betont: "Ich habe mit ein paar Leuten gesprochen und ich denke, es geht darum, ob sie mich für ein paar Wochen oder Monate - wie auch immer das funktioniert - in Triple-A lassen, zum Wohle des Teams." Acuna bekräftigte allerdings: "Ich versuche, mich nicht auf irgendwas Derartiges zu konzentrieren. Mein Ziel ist es, um einen Kader-Platz zu kämpfen und es hoffentlich ins Team zu schaffen."

Atlanta Braves: Erinnerungen an Jason Heyward 2010

Nun muss man allerdings auch bedenken, dass die Braves gewissermaßen gebrannte Kinder sind, was diese Art von Spielermanagement angeht. Im Jahr 2010 entschieden sie sich dazu, das damalige Toptalent Jason Heyward schon zum Opening Day ins Team zu holen. Der Outfielder dankte es dem Team und schlug direkt im ersten Spiel einen Homerun. 2015 aber ging er bereits als Free Agent. Wie man es macht, macht man es bekanntlich verkehrt.

Verkehrt erscheint indes auch die Anweisung an Acuna, doch bitte sein Cap gerade und nicht schief aufzusetzen. Ernsthaft. Im Jahr 2018. Bob Bowman von MLB.com berichtete vor kurzem, dass die "Braves von ihm wollen, dass er sein Cap gerade trägt und eine professionelle Erscheinung behält." Immerhin hätten sie aber gern, dass er seine "Spaß liebende, extravagante Herangehensweise" ans Spiel behalte.

Andruw Jones, einst selbst Center Fielder der Braves, wird im selben Artikel mit den Worten zitiert: "Die Hauptsache ist, dass er daran denkt, geradlinig zu bleiben und seine Umgebung zu respektieren." Und er fügte an: "Sei demütig, aber demütig-frech."

Unterm Strich wollen die Braves also einen Spieler, der sich ordentlich kleidet, zum Wohle des Teams ein Jahr länger auf seine Free Agency wartet und nebenbei auch noch in irgendeiner Form bescheiden bleiben soll. Allerdings ist er nicht der einzige Spieler der Liga, der es bevorzugt, seine Kappe schief zu tragen. Fernando Rodney (Twins) tut es, selbst Tim Tebow - der natürlich Lichtjahre von der MLB entfernt scheint -, wurde am Media Day mit einer schiefen Cap auf dem Kopf abgelichtet. Was genau wirft man Acuna also vor?

MLB: Prospects können sich nicht kurzfristig wehren

Am Ende des Tages kann ein Prospect wie Acuna freilich nichts dagegen tun, was eine Organisation mit ihm in den ersten Jahren seiner MLB-Karriere anstellt. Doch das Verhalten, das man letztlich an den Tag legt, sendet Nachrichten an mehrere Parteien.

Der Spieler selbst wird unter Umständen daran zurückdenken, wenn er in die Nähe der Free Agency kommt. Ein anderes internationales Talent wiederum könnte sich im Zweifel lieber für eine andere Organisation entscheiden. Und andere MLB-Teams könnten sich auch überlegen, dem Vorbild der Konkurrenz zu folgen, was wiederum schlecht wäre für Prospects allerorten.

Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.

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