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MLB: Tampa Bay Rays, Kansas City Royals und Pittsburgh Pirates - Tanking will gelernt sein

Die Tampa Bay Rays haben 2018 einen kompletten Rebuild gestartet.
© getty

Lang angelegte Rebuilds sind in der MLB seit einigen Jahren ein konstanter Quell des Erfolgs für diejenigen, die solche konsequent durchziehen. In diesem Jahr schienen drei weitere Teams diesen Prozess zu starten - nur eines jedoch erscheint vollends überzeugt davon.

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Die letzten drei World Series Champions hatten eines gemeinsam: Alle drei erklommen den Thron der MLB nach einem jahrelangen und umfangreichen Rebuild. In anderen US-Ligen würde man es auch als systematisches Tanking bezeichnen.

Diese Herangehensweise braucht besonders drei Dinge: Geduld, Weitsicht und absolute Hingabe. Man muss dem Prozess vertrauen und darf auch nicht aufgrund spontaner irrationaler Gedanken davon abweichen.

Schaut man sich die derzeitige MLB-Landschaft an, befinden sich besonders die Philadelphia Phillies, Chicago White Sox und mit Abstrichen auch noch die San Diego Padres in solch einem Prozess. Andernorts wird ein solcher Rebuild gerade angestrebt - das jedenfalls hätte man in Kansas City, Tampa Bay und Pittsburgh denken können. Mittlerweile darf man nicht mehr ganz so sicher sein.

Pittsburgh Pirates und der halbe Rückzieher

Die Pittsburgh Pirates erweckten zum Start des Winters ganz klar den Eindruck, dass die Zeit für einen Rebuild am Allegheny River gekommen sei. Das Gesicht der Franchise, Andrew McCutchen, wurde zügig nach San Francisco getradet, während Star-Pitcher Gerrit Cole letztlich beim Champion in Houston landete.

Überdies hielten sich die Gerüchte, dass auch Third Baseman Josh Harrison auf dem Sprung wäre und man händeringend nach einem Abnehmer suche. Die Sache schien klar: Der Prozess zum Wiederaufbau hatte begonnen, die letzten halbwegs teuren, aber brauchbaren Parts würden zügig verhökert werden.

Doch dann akquirierten die Pirates für alle überraschend Outfielder Corey Dickerson von den Rays. Zugegeben, Dickerson ist kein Superstar oder auch nur ein fähiger Fielder - die Rays setzten ihn hauptsächlich als Designated Hitter ein. Doch mit seinen 27 Homeruns und einer 120 OPS+ zählt er durchaus zu den besseren Hittern in dieser Liga. Zudem wird Harrison wohl bleiben.

Für die Pirates gleicht dieser Move gewissermaßen einer Kehrtwende: Nun also doch kein totaler Rebuild, sondern eher ein paar punktuelle Einsparungen, trotz derer das sportliche Niveau zumindest teilweise gehalten werden könnte.

Kansas City Royals treten spät auf die Rebuild-Bremse

Noch klarer schien der Weg der Royals, deren World-Series-Teilnahmen 2014 und 2015 bereits aus einem vorherigen Rebuild resultierten. Sie wirkten erneut prädestiniert für einen neuen Anlauf von ganz hinten. Namhafte Free Agents wie Eric Hosmer, Lorenzo Cain, Mike Moustakas, Jason Vargas, Mike Minor und Melky Cabrera waren weg.

Und diejenigen, die die Lücken zumindest personell schließen sollten, waren typische Lückenfüller, die man eben holt, wenn der Nachwuchs noch nicht bereit ist und man keine wertvolle Service Time bei den Prospects verschwenden will. Anders sind Verpflichtungen von letztjährigen Teilzeitspielern wie Lucas Duda oder Jon Jay nicht zu erklären.

Was den Rebuild betraf, war man damit also auf Kurs. Doch dann fiel ihnen plötzlich doch noch einer der potenziellen Abgänge, Moustakas, wieder in den Schoß. Der diesjährige, extrem schleppend verlaufende Free-Agent-Markt machte es möglich, dass "Moose" für wenig Geld zurückgeholt wurde.

Die Royals machten somit ein Riesenschnäppchen, denn sie bekamen den besten Third Baseman auf dem Markt für nicht mal ganz acht Millionen Dollar - sollte er alle Leistungsboni erreichen.

Das Problem hiermit ist jedoch: Moustakas wird nicht dabei helfen, die Saison zu versenken. Im Gegenteil! Moustakas wird alles daransetzen, zum seine Incentives zu erreichen, andererseits Eigenwerbung zu betreiben, denn auch wenn er eine Option für 2019 besitzt, dürfte sein klares Ziel sein, mit einer überragenden Saison seinen Marktwert zu steigern und dann vielleicht im kommenden Winter - im Windschatten der Superstars Bryce Harper und Manny Machado - vielleicht doch noch einen lukrativen langfristigen Vertrag zu ergattern.

Tampa Bay Rays am ehesten im Rebuild

Bevor es "in" wurde und Teams im Baseball zum systematischen Rebuild ansetzten, taten dies die Rays vor über zehn Jahren schon und mit beachtlichem Erfolg für ein Small-Market-Team. Die Krönung des Ganzen war die Teilnahme an der World Series 2008, in der man den Phillies unterlag.

Insgesamt sprangen aus diesem Prozess zwei Division-Titel und zwei Wildcards von 2008 bis 2013 heraus. Es gelang dem Team immer wieder, mit deutlich geringerer Payroll den Großmächten aus New York und Boston Paroli zu bieten und in der East Division mitzuhalten. Nach nunmehr vier Saisons in Serie ohne Playoff-Teilnahme schien die Zeit gekommen, mal wieder von vorne anzufangen.

Entsprechend räumten die Rays in großem Stile auf: Teamlegende Evan Longoria wurde nach San Francisco getradet, der aufstrebende Slugger Steven Souza Jr. nach Arizona und Dickerson nach Pittsburgh. Pitcher Jake Odorizzi schickte man nach Minnesota und Alex Cobb wurde in die Free Agency entlassen - zumindest Stand jetzt.

Des Weiteren ließen sie Logan Morrison und Lucas Duda ziehen und gaben auch Reliever Pat Cishek ab. Im Gegenzug gab Tampa Bay lediglich für Carlos Gomez (vier Millionen Dollar) signifikant Geld auf den Tisch, scheinbar um der Beschwerde der MLBPA gegen die Rays und andere Teams mit sehr niedriger Payroll, nicht noch mehr Futter zu geben.

MLB: Nur die Rays setzen nachhaltig aufs Tanking

Im Hinblick auf die kommende Saison lässt sich zumindest mal konstatieren, dass gerade die Rays nachhaltig die Flinte ins Korn geworfen haben. Während die Boston Red Sox und New York Yankees mächtig aufgerüstet haben, nachdem beide im Vorjahr schon die Playoffs erreicht hatten, erkannten die Rays, dass aktuell ein Angriff eher aussichtslos erscheint. Der Rebuild hat begonnen und dürfte in naher Zukunft weiter vorangetrieben werden - vielleicht sogar schon aggressiv zur Trade Deadline Ende Juli.

Bei den Royals und Pirates wiederum dürfte nun das "Problem" bestehen, dass beide zwar nicht wirklich konkurrenzfähig erscheinen in ihren Divisionen, sie aber dennoch auf eine respektable Anzahl an Siegen kommen sollten. Gewissermaßen sind sie zu schlecht, um anzugreifen, aber zu gut, um schlecht zu sein. Es reicht in einem Rebuild nicht, einfach teure Spieler abzuschieben. Der zweite Schritt nämlich ist die Positionierung im Draft. Und wer zu viele Spiele gewinnt, kommt hier nicht an die Top-Spots heran.

Das ist zwar im Baseball generell nicht ganz so wichtig, weil einfach jedes Teams Talent auf andere Art und Weise bewertet und daher durchaus die Chance besteht, dass ein Team völlig andere Spieler wertschätzt als ein anderes. Doch gerade die ganz hohen Picks sind meist diejenigen, die essenziell werden, um einen Rebuild-Prozess erfolgreich zu vollenden. Leute wie Longoria, David Price bei den Rays oder auch Kris Bryant (Cubs) oder Carlos Correa (Astros) waren allesamt Top-3-Draftpicks!

Während die Rays nun also auf einem guten Weg zu sein scheinen, hat man sich in Pittsburgh und Kansas City offenbar noch nicht so ganz mit dem kompletten Neustart angefreundet. Sportlich erreichen werden sie damit nach menschlichem Ermessen nicht viel, einen kräftezehrenden und mitunter frustrierenden Prozess aber verlängern sie damit sicherlich.

Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.

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