"Fußball wird die NFL angreifen"

Dan Hunt sieht die USA als kommenden Fußball-Weltmeister
© getty

Dan Hunt ist der Enkel des ersten Ölmilliardärs der Geschichte und der Sohn der wohl einflussreichsten Persönlichkeit im US-Sport. SPOX traf den 38-Jährigen in Texas zum großen Interview. Dan Hunt über die sportverrückteste Familie der Welt, die Erfindung des Namens Super Bowl und den Michael-Jordan-Moment. Außerdem: Warum Fußball in den USA die NFL angreifen kann und ein WM-Titel nur eine Frage der Zeit ist.

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SPOX: Dan, Ihr Vater Lamar war bekanntlich eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der (US-)Sportgeschichte. Können Sie uns beschreiben, was Sport in Ihrer Familie für einen Stellenwert hat?

Dan Hunt: Es ist ganz einfach: Sport ist unser Leben. Mein Großvater H.L. Hunt verdiente, wie die meisten wissen, sehr sehr viel Geld im Ölgeschäft. Mein Vater war dann derjenige in der Familie, bei dem die Liebe zum Sport entflammte. Sein Spitzname in der Jugend war "Games", weil er bekannt dafür war, sich die ganze Zeit für die Kinder in der Nachbarschaft Spiele auszudenken. Dank meines Dads und seiner Karriere im Sport-Business darf ich das jetzt alles zusammen mit meinem Bruder weiterführen und habe den tollsten Job der Welt. Wir sitzen hier im Toyota Stadium - es war das letzte Stadionprojekt, das ich mit meinem Vater umsetzen durfte, während er noch lebte. Die Leute lachen immer, aber wir sind jetzt schon fast 50 Jahre im Fußball-Geschäft dabei, dazu kommt die NFL mit den Kansas City Chiefs. Und die Chicago Bulls und der Tennissport haben auch nach wie vor einen großen Platz in unseren Herzen. Durch unser Engagement im Sport durfte ich schon so viele großartige Erfahrungen sammeln, ganz vorne stehen dabei die Reisen zu den Fußball-Weltmeisterschaften. Im vergangenen Jahr war ich zum achten Mal bei einer WM vor Ort, für meinen Bruder war es sogar schon die zehnte WM. Wir haben unglaubliche Spiele gesehen über die Zeit.

SPOX: Was war das beste Spiel, das Sie jemals live gesehen haben?

Hunt: Das Viertelfinale zwischen Brasilien und Frankreich 1986 in Mexiko war ein atemberaubendes Spiel. Dass die Franzosen im Elfmeterschießen gewannen, brach mein Herz, weil wir alle in der Familie große Brasilien-Fans waren. Und als Deutschland dann das Finale verlor, wurden unsere Herzen gleich wieder gebrochen. Brasilien und Deutschland - das waren neben den USA unsere Teams. (lacht) Das hat natürlich mit den persönlichen Beziehungen meines Vaters zu Pele und Franz Beckenbauer zu tun. Ich hatte die große Ehre, den Kaiser im letzten Jahr während der Bayern-Tour in Portland zu treffen, da wurde wirklich ein Kleiner-Jungen-Traum für mich wahr.

SPOX: Und wie war es mit Pele?

Hunt: Ich erinnere mich vor allem an die Momente, als ich noch sehr jung war und hautnah miterleben durfte, wie diese Superstars mit meinem Vater umgingen. Ich wusste damals zwar schon, dass mein Vater eine einigermaßen wichtige Persönlichkeit war. Aber wenn du dann siehst, wie Pele auf deinen Dad zustürmt, ihn freundschaftlich umarmt und ganz private Momente mit ihm teilt, ist das sehr besonders. Zu sehen, dass dein Dad so eine herzliche Beziehung zum besten Spieler aller Zeiten hat, war ziemlich cool zu sehen.

SPOX: Wenn wir gerade bei Deutschland und Brasilien sind...

Hunt: (lacht) 7:1. Ich war im Stadion. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Was soll ich sagen? Der WM-Titel war so verdient für das deutsche Team. Es war so ein komplettes Team mit so vielen talentierten Spielern. Es war eine Mannschaft, die nicht nur unglaublich diszipliniert aufgetreten ist, was für ein Schocker bei einer deutschen Mannschaft, sondern auch eine Mannschaft der Kreativität und des Genies. Dieses deutsche Team ist ganz sicher einer der größten Champions aller Zeiten. Da müssen wir schon zu einigen der brasilianischen Weltmeister-Teams zurückgehen, um vielleicht Vergleichbares zu finden.

SPOX: Angesichts Ihrer Schwärmerei: Haben Sie einen deutschen Lieblingsspieler?

Hunt: Also Manuel Neuer oder Thomas Müller würde ich sofort nehmen. (lacht) Neuer nicht nur aufgrund seiner fantastischen Paraden, sondern weil es vielleicht noch nie so einen dominanten Torwart gab. Neuer hat diese Präsenz, diesen Einschüchterungsfaktor - das macht ihn so speziell. Müller liebe ich einfach, weil ich es liebe, wie er Fußball spielt. Er spielt mit so einer Leidenschaft. Er treibt sich überall auf dem Platz herum und ist ständig in Bewegung - und er hat die unglaubliche Fähigkeit, Tore zu machen. Aber es gibt so viele fantastische Spieler auf der Welt. Cristiano Ronaldo ist von der Athletik her einzigartig, Lionel Messi schießt Tore, die einen sprachlos machen. Aber ich liebe auch Andrea Pirlo. Was er in seinem Alter noch leistet, ist beeindruckend. Und wenn wir bei Juve sind: Paul Pogba ist jetzt schon so gut, aber er hat vor allem noch so viel Luft nach oben, er wird einer der ganz Großen in meinen Augen. Er wird besser und besser. Oder Arjen Robben, er ist auch einer meiner Lieblinge. Da mein Vater auch zu Johan Cruyff eine enge Beziehung pflegte, haben wir auch den Holländern immer ein bisschen die Daumen gedrückt.

SPOX: Wenn wir zum FC Dallas kommen, bei dem Sie als Präsident die Fäden in der Hand halten. Gibt es Bestrebungen, mal einen deutschen Spieler zu verpflichten? Deutsche Spieler in der MLS haben ja eine gewisse Tradition.

Hunt: Ich würde sehr gerne einen Deutschen nach Dallas holen. Deutsche Spieler sind wie gemacht für die MLS. In unserer Liga musst du sowohl verteidigen als auch angreifen können, es wird schnell und physisch gespielt - da ist die MLS ähnlich wie die Bundesliga. Ich würde sagen, dass die MLS aufgrund des Salary Caps die ausgeglichenste Liga überhaupt ist, aber die Bundesliga ist sicher die kompletteste Liga auf der Welt. Als wir bei der WM waren, haben mein Bruder und ich gescherzt, welche deutschen Spieler wir gerne kaufen würden. Die Diskussion ging hin und her. Am Ende haben wir gesagt: Wir könnten alle Namen in einen Hut schmeißen und einen ziehen. Egal wer kommt, wir würden ihn mit Kusshand nehmen. (lacht) Im Laufe der Zeit wird sich eine Möglichkeit ergeben, um einen Deutschen zu holen. Je mehr gute junge Spieler die MLS produziert, umso mehr wird sich Deutschland für den US-Markt interessieren. Es wird immer mehr US-Talente geben, die für Probetrainings nach Deutschland kommen. US-Spieler werden für größere Summen verkauft werden. Der europäische Markt wird sich so ganz automatisch für die MLS-Teams öffnen. Wir haben jetzt schon viele Talente, die interessant sind für Europa. Unser U-18-Kapitän Coy Craft war schon in Deutschland zum Probetraining, Dortmund hat nicht umsonst Christian Pulisic geholt. Hier in Dallas haben wir dazu noch Alex Zendejas, er ist mit 17 Jahren unser jüngster Profi und ein riesengroßes Mittelfeld-Talent. Merkt Euch den Namen, Alex Zendejas! Die U-Nationalmannschaften der USA werden von Turnier zu Turnier stärker, auch das ist ein Zeichen, was sich hier entwickelt.

SPOX: Wie gut ist die MLS im Moment sportlich gesehen? Wo würden Sie die Liga im Vergleich einordnen?

Hunt: Die niederländische Eredivisie ist eine Liga, die vom Niveau vielleicht vergleichbar ist und die auch viele gute Spieler produziert, die dann in die großen Ligen wechseln. Für uns war eigentlich immer Mexiko der Maßstab, aber dazu muss man sagen, dass ein mexikanischer Top-Klub durch die hohen TV-Gelder in einer Transferperiode mehr ausgeben kann als die gesamte MLS. Ich bin sicher, dass ein MLS-Team auch in den großen europäischen Ligen mithalten könnte. Nicht an der Spitze, so naiv bin ich nicht, aber konkurrenzfähig wäre ein gutes MLS-Team durchaus. Unser Problem ist, dass wir noch nicht die tief besetzten Kader haben wie in Europa und dass unsere Saison einfach zu kurz ist. Wir sind in den USA noch nicht bereit für eine elfmonatige Fußball-Saison. Teilweise hat das auch mit dem Klima zu tun. Das ist in Deutschland zwar ähnlich, aber da ist es Teil der Fußball-Kultur. Wir müssen es schaffen, die Saison zu verlängern, auch zum Wohle der Nationalmannschaft.

Seite 1: Hunt über Pele-Anekdoten, die Stärke der MLS und heiße US-Talente

Seite 2: Hunt über einen Angriff des Fußballs auf die NFL und die USA als Weltmeister

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