2008 hatte jede Menge zu bieten: Hitzfeld und Kahn feierten Abschied, Klinsmann und Hoffenheim eroberten die Bundesliga. Die EM in Österreich und der Schweiz war an Dramatik kaum zu übertreffen und den Ausrutscher schlechthin leistete sich ein gewisser John Terry ausgerechnet im Finale der Champions League. Auf das und noch viel mehr blickt Premiere-Kommentator Wolff Fuss in seinem Jahresrückblick für SPOX zurück.
A wie Aragones, Luis: Bei der Wahl zum Trainer des Jahres in Europa hat der Mann sehr gute Karten. Schließlich ist er Europameister geworden und hat nebenbei Spanien geeint. Für einen alten Kauz nicht schlecht. Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, aber ich habe dieses EM-Finale mit einem relativ guten Gefühl gesehen. Denn es war kein Endspiel, dass wir verloren haben, sondern eines das Spanien verdient gewonnen hat.
B wie Ballack, Michael: Um ein Haar Champions-League-Sieger, beinahe englischer Meister, fast Europameister und am Ende knapp vor dem Rauswurf aus der Nationalmannschaft. Soll keiner sagen, bei ihm sei 2008 nichts los gewesen. Zwischendurch sehr erfolgreich geheiratet.
C wie Champions League: Aus deutscher Sicht das Highlight: Schalke im Viertelfinale. International: der gegrätschte Elfmeter von John Terry im Finale in Moskau gegen Manchester. Persönlich: Am Vorabend des Spiels von Werder in Mailand Einladung zum Essen mit dem Vorstand. 1:1 vorausgesagt, seitdem in Bremen als mündig akzeptiert. Am Spieltag Trainergespräch mit Thomas Schaaf. Fast einstündige Audienz, mit philosophischem Tiefgang. Er ist der Richtige.
D wie Daum, Christoph: Der Mann ist ein Phänomen. Können Sie sich noch an seine erste Pressekonferenz erinnern? Vor Jahren im Krankenhaus? Als Menschen, in Ballonseide gehüllt, ihren Tropf schiebend, die bizarre Kulisse boten. Da wähnte sich gar mancher im falschen Film. Anderthalb Jahre wähnte sich Daum selbst im falschen Film, seit Sommer ist er wieder richtig und der erste Fußballklub Köln ist in Richtung Klassenerhalt unterwegs.
E wie England: Das Mutterland des Fußballs versuchte die EM im vergangenen Sommer so gut es ging zu ignorieren. Jeder Anpfiff, jedes Spiel, insbesondere die von Kroatien und Russland, waren Stiche in die Seele. Mit Fabio Capello wurden die Uhren wieder auf Anfang gestellt und der englische Fußball geht zunehmend aufrechter. Nachdem der englische Boulevard im Sommer titelseitenweise über das Phänomen "Ufo" berichtete, wird im Sommer 2010 vom "WAR" die Rede sein... dem Sturmduo WAlcott und Rooney. Herzallerliebst!
F wie Fiorito, Villa: Das ist der Geburtsort eines der größten Fußballer aller Zeiten: Diego Armando Maradona. Im Fußball verehrt, vom Leben verfolgt. Dieser Mann ist neuer Nationaltrainer Argentiniens. Die Aufgabenstellung ist simpel: Er soll Argentinien 2010 zum Weltmeister machen. Ohne jegliche Erfahrung als Trainer, nur kraft seiner Strahlkraft. Vor dem ersten Länderspiel in Schottland zog er durch die Vereine, um seine neuen Mitarbeiter persönlich zu begrüßen. In München war es eher sachlich, in Manchester wollten sich alle Spieler mit ihm fotografieren lassen, und in Liverpool war er eine Art Pontifex maximus: Steven Gerrard reiste mit kompletter Familie und Verwandtschaft an. Sie wollten Diego einfach nur mal anfassen.
H wie Hoffenheim, die TSG 1899: Danke, dass es euch gibt. Für die Liga ein inhaltlicher Bessermacher. Ich hatte das Vergnügen, Hoffe beim Aufstiegsspiel gegen Fürth zu kommentieren. Das hatte fast was Niedliches. In der Woche zuvor war ich in Köln, wo 50.000 im Stadion und später 200.000 in der Stadt gefeiert haben. Im Kraichgau gab es jeweils ein Zehntel davon. Die Tradition beginnt jetzt, der Fußball ist vorzüglich und die Verbalattacken aus München zeigen, wie ernst der Klub schon jetzt genommen wird.
Hoffenheim in der Zwickmühle: Der Senkrechstarter muss aufrüsten
I wie Inter: Heißt seit dieser Saison Jose Mourinho. Einer der größten Selbstdarsteller im Weltfußball ist zurück und es läuft wie immer. In der Champions League sind die Italiener extrem minimalistisch, zuweilen desinteressiert, durch die Gruppenphase geschlendert, in der Serie A marschieren sie vorne weg. Noch wichtiger für die italienischen Kollegen: Die Pressekonferenzen von Inter haben wieder anständigen Unterhaltungswert. Nach dem muffeligen Roberto Mancini ein Segen.
J wie Jahres, Trainer des: In Deutschland eine höchst diffizile Geschichte. Der Ehrenpreis für Ottmar Hitzfeld fürs Lebenswerk und für Friedhelm Funkel für langjährige Bundesligatreue sowie den Turn-Around im Verlauf der Hinrunde mit der Eintracht - das kann man nicht lernen. Dahinter kabbeln sich die Herren Rangnick (siehe H wie Hoffenheim, die TSG 1899) und Labbadia. Bruno Labbadia hat seine Trainerkarriere Punkt für Punkt auf- und ausgebaut. Vor zwei Jahren war er noch im Premiere-Expertenteam. Einmal begleitete er uns privat zu einem Champions-League-Spiel in Liverpool und verfolgte gebannt wie sich ab zwei Stunden vor dem Anpfiff das Stadion füllte. Ein echter Fußballliebhaber mit großem Sachverstand.
K wie Klinsmann, Jürgen: Bescherte uns 2006 was Schönes, ein Märchen. Verbunden mit der Jahreszeit, es war Sommer, schaffte es dieses zusammengesetzte Substantiv, sich zu einem absoluten Unwort zu entwickeln. Die Märchen gab es plötzlich in sämtlichen Sportarten und in sämtlichen Ausführungen, also auch als Version Herbst, Winter und Frühling. Aber das soll nicht Thema sein. Klinsmann hat sich in der Tat als Bessermacher der Bayern erwiesen. Beim Trainergespräch vor dem Champions-League-Spiel in Florenz gewährte er Einblicke in die Schwierigkeiten als Bayern-Trainer. Sehr spannend! Seine Bayern erlaubten sich im Verlauf der Hinrunde häufiger mal den menschlichen Zug der Fehlbarkeit! Sehr sympathisch. So sind Bayernspiele echte Erlebnisse.
L wie Lautern: Es ist manchmal faszinierend, wie schnell sich die Dinge im Fußball ändern. Vergangene Saison fast abgestiegen, jetzt überwintern die Roten Teufel auf einem Aufstiegsplatz. Ich war zum Hinrundenende gegen Freiburg zu Gast bei einem Verein, der seine Seele wiedergefunden hat und zwar in sämtlichen Bereichen. Ex-Trainer Kjetil Rekdal sagte mal über den FCK: "Früher waren wir froh, wenn wir nach einem Auswärtsspiel vom Betze fuhren und noch alle Zähne im Mund hatten." Diese adrenalin- und testosterongeladene Energie haben Stefan Kuntz und Milan Sasic wieder entfacht. Frohes Fest!
M wie Machtkampf: Ein echtes Gähn-Thema! (siehe auch P wie Podolski, Lukas). Ballack gegen Löw, Löw gegen Ballack, Ballack gegen Bierhoff, Frings gegen Löw. Wer kann wann, warum und überhaupt mit wem nicht mehr. Kann ein öffentlicher Kritiker noch Käptn sein, kann ein Trainer einen gegen den Ehrenkodex verstoßenden Spieler noch dulden? Ach Herrje! Es könnte alles so einfach sein, aber wenn's weiter nichts ist...
Teil 2 des Rückblicks: Wolff Fuss über Podolski, Ribery, Oligarchen und Würger
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