Kei die Diva, Jermaine der Wahnsinnige

Von Sebastian Hahn
Kei Kamara musste sein Team nach einem Ausraster verlassen
© getty

Pünktlich zur Hinrundenhalbzeit geht es beim Vizemeister aus Columbus heiß her. Ein Ex-Cottbuser muss zwischen seinen besten Spielern schlichten, auch in Orlando gibt's jede Menge Beef. Jordan Morris macht dagegen einfach weiter, Giovani dos Santos erklärt den Kampf um das Tor des Jahres zur Solo-Veranstaltung. Und: Toronto empfängt endlich die Reds.

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Spiel der Woche: Columbus Crew gegen die Montreal Impact. Eigentlich schien der Vizemeister zuletzt wieder in die Spur gefunden zu haben, zu Beginn der zweiten Halbzeit gegen die Montreal Impact sah es für die Mannschaft von Gregg Berhalter beim Stand von 4:1 auch eigentlich nach einem lockeren Heimsieg aus.

Doch der Vizemeister implodierte binnen weniger Minuten: Keine zwei Minuten benötigten Didier Drogba und Ignacio Piatti, um auf 3:4 zu verkürzen, in der Nachspielzeit netzte ausgerechnet Ex-Crew-Stürmer Dominic Oduro den verdienten Ausgleich und machte den Fallout von Columbus im zweiten Durchgang perfekt. Doch damit nicht genug: Denn in der Kabine erwartete Coach Berhalter die nächste schwierige Situation - und es war nicht die Express-Lieferung der Montreal Impact...

Diva der Woche: ...Denn der ehemalige Spieler von Energie Cottbus musste zuschauen, wie sein Star-Stürmer Kei Kamara vor sämtlichen Medienvertretern komplett durchdrehte. Stein des Anstoßes: Ein Elfmeter in der 53. Minute: Den wollte eigentlich Kamara schießen, damit er seinen ersten MLS-Hattrick perfekt machen konnte. Der Angreifer aus Sierra Leone ist neben Federico Higuain (übrigens der Bruder von Gonzalo) einer von zwei Strafstoß-Schützen bei Columbus, "Pipa" Higuain war aber schneller am Ball.

"Wir haben uns unterhalten und er sagte nur: "Lass Ethan (Finley, Anm. d. Red.) schießen." Ethan meinte dann, dass ich ruhig schießen könnte, worauf Pipa aber meinte: "Nein, ich schieße jetzt", erklärte Kamara noch in der Kabine. Im Anschluss lieferten sich die beiden Stars des Vizemeisters ein heftiges Wortgefecht, erst Kapitän Michael Parkhurst konnte schließlich schlichte. Higuain netzte - und hatte so genau wie Kamara einen Doppelpack auf dem Konto. Zu diesem Zeitpunkt stand es 4:1 für die Crew, die Partie endete bekanntermaßen 4:4.

Doch Kamara legte in beste Diva-Manier nach: "Das ist einfach egoistisch, so verhält sich kein Teamkollege. Wie lange ist er hier? Wie viele Tore hat er für mich aufgelegt? Ein, zwei? Ich brauche ihn nicht, ich vertraue lieber Ethan oder meinen Außenverteidigern, die legen mir den Ball wenigstens auf." Schon letzte Saison hatte sich Kamara darüber beschwert, dass er die Torjägerkanone nur nicht gewonnen habe, weil er keine Elfmeter schießen durfte. Sebastian Giovinco hatte die Trophäe abgeräumt, weil beide Spieler 22 Tore, der Italiener aber mehr Assists auf dem Konto hatte.

Während Higuain schon abgerauscht war, hatte Kamara derweil noch eine letzte Ansage an seinen argentinischen Teamkollegen: "Sie brauchen mich nicht fragen, wie meine Beziehung zu ihm ist. Wir haben es eben geklärt, aber er ist mir ehrlich gesagt egal. Ich brauche keine Beziehung zu ihm , weil sie nicht existiert." Seine Schimpftirade hat für ihn Konsequenzen: Nicht nur, dass er deswegen von Coach Berhalter für die nächste Partie intern gesperrt wurde, Columbus hat den Störenfried kurzerhand zu den New England Revolution getradet. Im Gegenzug bekommt das Team Cash, denRevolution-Erstrundenpick 2017 und den Zweitrundenpick 2018.

#GioCanNotOnlyChip der Woche: Giovani dos Santos überzeugte in den letzten Wochen für die L.A. Galaxy mit Traumtoren, darunter auch überragende Lupfer. Dass der Mexikaner aber nicht nur lupfen, sondern auch sonst ganz passabel schießen kann, bewies er beim 4:2-Erfolg der Franchise aus Los Angeles gegen die New England Revolution. Grund genug für die MLS, aus dem Begriff Golazo, der normalerweise einen besonders schönen Weitschuss beschreibt, kurzerhand Giolazo zu machen.

Flashback der Woche: Vier Tore erzielten die L.A. Galaxy gegen die New England Revolution, neben Giovani dos Santos trugen sich noch zwei weitere Stars in die Torschützenliste ein, die einigen Fans wohl Flashbacks in die frühen 2000er verschaffen dürften. Ein Doppelpack von Robbie Keane bei seinem Comeback am Muttertag, in der Nachspielzeit ein Sprint über das ganze Feld durch Steven Gerrard inklusive anschließendem Treffer - vor einigen Jahren hätte sowas Premier-League-Alltag sein können. Mittlerweile lassen beide ihre Karriere in der Stadt der Engel ausklingen - kicken können sie aber immer noch.

Homecoming der Woche: Nach acht Wochen war es endlich soweit. Der Toronto FC durfte endlich seinen Roadtrip beenden und nach acht Auswärtsspielen in Serie wieder im heimischen BMO Field antreten, das zu Saisonbeginn noch renoviert wurde. Passend dazu war der aktuelle Liga-Krösus FC Dallas zu Gast - fungierte aber nicht als Party-Crasher. Stattdessen spielte die starke TFC-Offensive um Sebastian Giovinco den FCD über 90 Minuten an die Wand. Der Italiener war es dann auch, der den entscheidenden Treffer von Tsubasa Endoh auflegte - und damit weiter an allen Toren der "Reds" beteiligt ist. Für Endoh war es übrigens sein Premieren-Treffer in der MLS, so einen Riesenjubel wie im direkt am Lake Ontario gelegenen Stadion hätte er sich aber wohl kaum vorstellen können.

Bomben-Transfer der Woche: Jermaine Jones. Vor Saisonbeginn noch von den New England Revolution geschasst, schien Jones kurz vor seinem Karriereende zu stehen. Die Colorado Rapids schnappten sich den US-Nationalspieler aber schlussendlich doch noch - und könnten jetzt wohl kaum glücklicher sein. Beim 1:0-Erfolg über Real Salt Lake erzielte er nicht nur den goldenen Treffer sondern auch sein drittes Tor im dritten Spiel für die Franchise aus Colorado. Die Rapids stehen damit zum ersten Mal seit 2008 zu diesem Zeitpunkt der Saison auf dem Spitzenplatz in der Western Conference.

Wrestling-Match der Woche: Die Fans von Orlando City hatten am Wochenende nicht viel Spaß. Nicht nur, dass sich die Lions in einem fußballerisch eher durchwachsenen Schlagabtausch mit den New York Red Bulls durch ein 1:1 lediglich einen Punkt sicherten, beide Teams ließen den Ball auch öfter ruhen als gewohnt. Insgesamt 34 Fouls pfiff Schiedsrichter Ted Unkel und verteilte dazu acht Gelbe und eine Rote Karte an Lions-Verteidiger Cristian Higuita. Kurzum: In Florida hätte am Freitagabend auch ein WWE-Event stattfinden können, es wäre unaufmerksamen Zuschauern wohl nicht aufgefallen.

Streak der Woche: Jordan Morris bleibt weiter in Form. Der Youngster sorgte in einem engen Match gegen die San Jose Earthquakes mit seinem späten Treffer zum 2:0 erneut für die Entscheidung, "The Kid" trifft damit im vierten Spiel in Folge - und stellt damit einen MLS-Rekord ein. Netzt er am Wochenende erneut, gehört ihm nicht nur der Rekord, Jürgen Klinsmann dürfte sich in Zukunft auch erneut melden.

Flutschfinger der Woche: Jake Gleeson zeigte sich in den letzten Wochen eigentlich gut in Form. Auch gegen den Derbyrivalen aus Vancouver hielt der Timbers-Keeper die 1:0-Führung lange fest, bevor ihm Mitte des zweiten Durchgangs zwei entscheidende Fehler unterliefen. Gegen Masato Kudo ließ er aus spitzem Winkel dass kurze Eck offen, bevor er einen Schuss von Cristian Bolanos durch die eigenen Hände rutschen ließ - und so die 1:2-Niederlage der Timbers besiegelte.

Save der Woche: Dieser geht an Ryan Hollingshead. Allerdings ist der 25-Jährige normalerweise nicht Torwart, sondern Mittelfeldspieler beim FC Dallas. Als sich Keeper Jesse Gonzalez allerdings in der Schlussphase verletzte und die Texaner bereits dreimal gewechselt hatten, musste Hollingshead kurzerhand ins Tor - und entschärfte diesen Freistoß von Sebastian Giovinco stark.

Torjäger-Update der Woche: So langsam füllt sich die Torjägerliste der MLS, daher als Rausschmeißer heute mal ein Update. Neben Fanendo Adi (Portland Timbers) und Urgestein Chris Wondolowski (San Jose Earthquakes) steht auch David Villa (New York City FC) mittlerweile bei sieben Saisontoren - und schon wieder ein Flashback in die 2000er.

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