Frauen-Bobmannschaft aus Nigeria nimmt an Olympia 2018 teil: Cool Runnings II

Nigeria bringt erstmalig ein Team zu den Olympischen Winterspielen
© instagram.com/bsfnigeria/

Zum ersten Mal in der Geschichte hat sich eine Bobmannschaft aus Afrika für die Olympischen Winterspiele qualifiziert. Von den Sommerspielen 2012 in London führte der Weg dreier Nigerianerinnen dank Crowdfunding bis in den Eiskanal von Pyeongchang. Die Story erinnert an Jamaikas Bob-Helden von vor 30 Jahren, ist für die Athletinnen selbst aber viel mehr als einfach nur ein sportlicher Erfolg.

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Disney, lange Zeit auf Zeichentrick-Mäuse und Kindergeschichten spezialisiert, erkannte schnell, dass diese Geschichte filmreif ist: Vier Jamaikaner, die sich offenbar wenig aus Sonne, Palmen und Traumstränden machen, werfen sich regelmäßig in einen Bob und hetzen damit die Eiskanäle dieser Welt herunter. Ihr Ziel: die Olympischen Winterspiele 1988 im kanadischen Calgary.

Anfangs von der Konkurrenz belächelt, gelang dem Team aus der Karibik tatsächlich die Olympia-Qualifikation - und damit die Grundlage für Disneys Kinohit "Cool Runnings" aus dem Jahr 1993. Rund 150 Millionen Dollar spielte die Geschichte ein, noch heute ist der Film über die Sportgrenzen hinaus bekannt.

Nun, genau 30 Jahre nach dem jamaikanischen Märchen, steht die nächste Winter-Wunderstory bevor. Im vergangenen November nämlich qualifizierte sich ein nigerianisches Frauen-Bobteam für die Winterspiele 2018 in Südkorea.

Seun Adigun, Ngozi Omwumere und Akuoma Omeoga heißen die Damen, die mit ihrer Olympia-Teilnahme Geschichte schreiben. Zum ersten Mal überhaupt wird ein nigerianisches Team bei Winterspielen an den Start gehen, zum ersten Mal überhaupt wird sich eine afrikanische Mannschaft im olympischen Eiskanal versuchen.

Seun Adiguns Karriere: Von den Sommerspielen zu den Winterspielen

"Wir kommen von einem Kontinent, wo niemand auf die Idee käme, mit 80 oder 90 Meilen pro Stunde einen Eiskanal runterzurasen", merkt Adigun an. Jeden Morgen wache sie auf und denke "Gott, hilf mir, was mache ich da eigentlich gerade?", wie sie gegenüber der BBC zugab.

Adigun, das ist nicht nur die Pilotin des Zweierbobs, sondern auch die Initiatorin dieses kuriosen Unterfangens. Mit einem Lebenslauf, der einmalig ist: In der Nähe von Chicago aufgewachsen, machte sich die Tochter nigerianischer Eltern einen Namen in der Leichtathletik. Als Afrika-Meisterin über die 100 Meter Hürden gelang ihr 2012 die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele in London - ehe sie sich zu einem Tapetenwechsel entschied.

Den orangefarbenen Kunststoff einer Laufbahn, auf der Adigun bis zu diesem Zeitpunkt ihre Erfolge gefeiert hatte, tauschte sie ein gegen einen offenen Tunnel aus Eis. 2014 begann sie schließlich ihr Bob-Training - mit einem selbstgebauten Holz-Gefährt namens Mayflower.

Nigerias Bob-Team dank Crowdfunding nach Südkorea

Schnell konnte Adigun ihre heutigen Kolleginnen, die ebenfalls mit nigerianischem Hintergrund in den USA aufwuchsen und professionelle Leichtathletik-Erfahrung vorweisen, von der Idee überzeugen. Problem: Um den Traum von Olympia zu verwirklichen, brauchte das Trio rund 150.000 Dollar. Geld, das sie zum damaligen Zeitpunkt nicht zu Verfügung hatten.

Doch von dieser Hürde ließen sich die Sportlerinnen nicht beeindrucken. "Man darf keine Angst vor Risiken haben", sagte Adigun einmal: "Manchmal steht man vor einer Tür und weiß nicht, was sich auf der anderen Seite befindet. Das wird man erst dann herausfinden, wenn man die Tür öffnet."

Also kämpften Adigun, Anschieberin Omwumere und Ersatzfrau Omeoga weiter. Um die benötigte Summe zusammenzubringen, setzten sie auf Crowdfunding. Und tatsächlich: Mithilfe ihrer Fans und einer Kreditkartenfirma sammelte das Team genug Geld, um finanziell den Weg nach Südkorea stemmen zu können.

Sportlerin

Größte Erfolge

Seun Adigun

Gold bei Afrikameisterschaften (2010), Gold bei den All-Africa Games (2011), Qualifikation für Olympia (2012)

Ngozi Onwumere

Gold (4x100-Meter-Staffel) und Silber (200-Meter-Lauf) bei All-Africa Games 2015

Akuoma Omeoga

-

Adigun: "Ein riesiger Meilenstein für den Sport"

Als dann mit den Qualifikationsläufen in Salt Lake City, Whistler und Calgary - dem Ort, an dem die jamaikanischen Bobfahrer 1988 Geschichte schrieben - auch die sportlichen Vorgaben erreicht waren, war das Wunder perfekt. "Das ist ein riesiger Meilenstein für den Sport in Nigeria", jubelte Adigun bei ESPN.

Doch der 30-Jährigen geht es bei ihrem Abenteuer nicht nur um den sportlichen Erfolg. Sie will anderen Menschen zeigen, dass "mit Glauben, ein wenig Hilfe und Ausdauervermögen nichts unmöglich ist", wie sie bereits vor einem Jahr in der Daily Mail betonte.

Auch Bremserin Omwumere hat ein höheres Bestreben. "Wir sind starke Leute, wir können alles erreichen, was wir uns vornehmen", sagte sie: "Es geht immer um das große Ganze und darum, Nigeria gut dastehen zu lassen."

Letzteres gelingt ihnen schon jetzt sehr gut. Im Rampenlicht machen sie allesamt eine ausgezeichnete Figur und gewinnen bei ihren Auftritten in zahlreichen Talkshows, wenn sie wie zum Beispiel bei der berühmten Talkerin Ellen DeGeneres strahlend und tanzend das Studio betreten, immer mehr Sympathien.

Große Ziele in Südkorea

Nichtsdestotrotz reist die dreiköpfige Nationalmannschaft Nigerias nicht unter dem Motto "Dabei sein ist alles" nach Pyeongchang. Man habe für den Wettkampf am 20. Februar klare Pläne, stellte Adigun gegenüber Reuters klar: "Unser großes Ziel ist es, so stark wie möglich zu sein und das Podium anzugreifen."

Dass sie ihr Vorhaben erreichen können, da ist sich Adigun sicher. Schließlich hätten sie als ehemalige Sprinterinnen bereits ihre Nervenstärke bewiesen und darüber hinaus genug Kraft, um den Schlitten mit Schwung Richtung Tal zu befördern.

Doch egal, wie die Olympischen Spiele am Ende verlaufen: Die Geschichte der Nigerianerinnen ist schon jetzt filmreif und erinnert an ihre jamaikanischen Vorgänger. "Mit einer Gruppe von Menschen verglichen zu werden, die 30 Jahre später immer noch für etwas Legendäres gefeiert werden, ist einfach fantastisch", freut sich Adigun.

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