"Der Traum ist noch nicht ausgeträumt"

SID
Felix Neureuther gilt als Medaillenkandidat in Sotschi
© getty

Felix Neureuther muss nach einem Autounfall seine Anreise nach Sotschi auf Samstag verschieben. Noch ist unklar, welche Auswirkungen der Zwischenfall hat - sportlich und juristisch.

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Felix Neureuther trug eine Batman-Kappe auf dem Kopf, aber er sah ganz und gar nicht aus wie ein Superheld. Nein, Felix Neureuther sah dankbar aus, wie einer, der noch mal mit dem Schrecken davongekommen ist - der verdammt großes Glück gehabt hat. Und so klang Neureuther auch.

"Mir geht es ganz gut so weit", sagte er, "es ist Gott sei Dank sehr, sehr glimpflich ausgegangen". Er wiederholte dies ein paar Mal, und es ließ sich erahnen, wie arg ihm bei diesem Autounfall am frühen Freitagmorgen der Schrecken in die Glieder gefahren war.

Neureuther schaute ernst, er sprach ungewohnt leise. Nur selten setzte er ein Lächeln auf, dieses Lächeln, das er immer aufsetzt, wenn er sagen will: 'keine Sorge - bassd scho'. Doch diesmal wirkte dieses Lächeln gequält, auch als er beinahe beiläufig sagte: "Einem Start sollte nichts im Wege stehen."

Die Worte klangen ein bisschen wie das Pfeifen im Walde. Neureuther hörte sich nicht an wie einer, der sich in der kommenden Woche, am Mittwoch im Riesenslalom oder eben am Samstag im Slalom, noch seinen großen Traum von einem Olympiasieg in Sotschi erfüllen kann.

Behandlung bei Dr. Müller-Wohlfahrt

Neureuther sprach am Freitagnachmittag zu einem Zeitpunkt, als er gerade den Flughafen in Sotschi hätte erreichen sollen - zu seinem Leidwesen aber stand er bei Sonnenschein in der Münchner Innenstadt, vor der Praxis seines Vertrauensarztes Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.

Bei dem Unfall am Morgen, bei dem auch Freundin Miriam Gössner als Beifahrerin mit dem Schrecken davongekommen war, hatte er sich ein Schleudertrauma und eine Zerrung der Bänder im Nacken zugezogen. Und zwei Rippen, ergänzte er, "haben auch etwas abbekommen". Am Samstag sagte er noch, wolle er nun in Sotschi ankommen.

Als eine Art Bestätigung, dass er seine gute Laune nicht verloren hat, stellte er am Abend ein Bild auf seine Facebook-Seite. Es zeigt Neureuther mit einer Halskrause, er blickt noch ein wenig bedröppelt, der Text dazu soll Optimismus verbreiten: "Batman destroys nothing", steht da, nichts zerstört Batman. Und außerdem: "Danke an meine Schutzengel", und: "Der Traum ist noch nicht ausgeträumt."

Neureuther ist ein fröhlicher Mensch, doch am Freitagnachmittag sah er für seine Verhältnisse doch sehr mitgenommen aus. Der Autounfall, der ihm beinahe den Traum vom Olympiasieg gekostet hat oder vielleicht noch kostet, sorgte auch in Sotschi für fast lähmendes Entsetzen.

Maier: Neureuther-Ausfall wäre "mittlere Katastrophe"

Alpindirektor Wolfgang Maier wusste früh zu berichten: "Wichtig ist, dass offenbar nichts Schlimmes passiert ist." Doch was das nun für die sportliche Leistungsfähigkeit von Neureuther heißt, das bleibt unklar. Ein Ausfall Neureuthers, betonte Maier aufgewühlt, wäre für den Verband jedenfalls "eine mittlere Katastrophe".

DSV-Cheftrainer Charly Waibel gab in der "ARD" zu bedenken, "das Gemeine" an einem Schleudertrauma sei, dass sich "die Folgen erst in den nächsten Tagen zeigen". Laut Maier ist Skifahren mit einem leichten Schleudertrauma möglich. Der frühere Trainer wies zugleich darauf hin, dass im Falle eines schweren Schleudertraumas mehrere Wochen Pause notwendig sein könnten.

Neureuther war nach seinem Unfall zunächst wie geplant an den Flughafen bei München gefahren. Dort checkte er sein Gepäck für den Flug über Frankfurt nach Sotschi ein. Auf Anraten seines Trainers Albert Doppelhofer fuhr der 29 Jahre alte Vizeweltmeister im Slalom dann aber in die 40 Kilometer entfernte Praxis von Müller-Wohlfahrt. Dort wurde Neureuther ab dem Morgen mehrere Stunden lang untersucht.

Blitzeis auf der Autobahn

Neureuther sagte, er sei "bei Blitzeis auf der Autobahn" ins Schleudern geraten "und dann bin ich links in die Leitplanke rein". Vater Christian Neureuther, der sich mit Mutter Rosi Mittermaier in Sotschi aufhält, sagte dem "SID": "Ich habe mit ihm gesprochen, er hat mir gesagt: Es war mit einem Schlag so spiegelglatt, dass er keine Chance hatte."

Die Polizeiinspektion in Weilheim bestätigte dem SID auf Anfrage, dass Gössner nach dem Unfall die Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen über den Unfall informiert habe.

Dennoch ermitteln die Polizei und die Staatsanwaltschaft München II gegen Neureuther wegen "unerlaubten Verlassens einer Unfallstelle", wie das zuständige Polizeipräsidium Rosenheim dem SID bestätigte. Wegen der Beschädigung der Leitplanke hätte Neureuther bis zum Eintreffen der Polizei vor Ort bleiben müssen.

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