Biathleten mit viel Selbstvertrauen

SID
Simon Schempp könnte für eine überraschende Medaille sorgen
© getty

Die deutschen Biathleten haben einen Ruf zu verlieren. Siegertypen wie Kati Wilhelm, Uschi Disl und Michael Greis trugen seit der Wiedervereinigung zum Gewinn von 16 Goldmedaillen und 43-mal Edelmetall bei Olympischen Winterspielen bei, keine Nation war erfolgreicher. Nach zwei durchwachsenen Jahren droht Andrea Henkel und Co. in Sotschi aber der endgültige Verlust ihrer Vormachtstellung. Von Angst vor einem Debakel wie bei der WM 2013 ist aber nichts zu spüren.

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"Natürlich sind wir hier in der Lage um das Podium mitzulaufen", sagte Bundestrainer Uwe Müssiggang am Freitag bei Traumwetter im Biathlonstadion Laura: "An dem bestimmten Tag muss dafür aber die Topleistung kommen, sehr gut reicht bei Olympia nicht für ganz vorne." Und vorne waren die deutschen Skijäger immer: Seit 1980 gab es bei Winterspielen immer mindestens eine Goldmedaille.

In den vergangenen Monaten war nach schwachen Auftritten oft an der Leistungsfähigkeit des Teams gezweifelt worden - bis bei der Olympia-Generalprobe in Antholz mit drei Siegen und fünf Podestplätzen endlich der Knoten platzte. "Wir haben nachgewiesen, dass wir in der Weltspitze mit den Ton angeben und Rennen bestimmen können", sagte Müssiggang.

Vor vier Jahren in Vancouver holte Magdalena Neuner noch drei von fünf deutschen Medaillen, nach dem Karriereende der mittlerweile hochschwangeren Rekordweltmeisterin müssen andere in die Bresche springen - allen voran Altmeisterin Henkel. "Ich gehöre zum Glück wieder zum Favoritenkreis und will eine Medaille", sagte die Doppel-Olympiasiegerin. Die Thüringerin (36) wird ihre Karriere nach dem Winter beenden.

Henkel hoft auf fünfte Medaille

Schon zu Beginn im Sprint am Sonntag (15.30 im LIVE-TICKER) darf Henkel auf ihr fünftes olympisches Edelmetall hoffen, noch größer sind die Chancen aber zum Abschluss mit der Frauenstaffel. "Da traue ich den Mädels auf jeden Fall eine Medaille zu", sagte Neuner, die in Sotschi als Fernsehexpertin mit kugelrundem Babybauch vor Ort sein wird: "Ich hoffe, dass ich mit unseren Athleten ein bisschen feiern kann."

In den Einzelrennen wird es deutlich schwerer. Tora Berger (Norwegen), Darja Domratschewa (Weißrussland) und Gabriela Soukalova (Tschechien) sind die Topfavoriten. "Und es gibt noch viele andere, die ein Wörtchen mitreden wollen", sagte Henkel, die im Vorjahr mit Silber die einzige Einzelmedaille bei der WM in Nove Mesto gewonnen hatte.

In den Wettbewerben der Männer ist die Situation noch extremer. Auch wenn Simon Schempp zuletzt in Antholz seine ersten beiden Siege feierte, sind Medaillen in den Individualrennen nur schwer zu bekommen.

Fourcade und Svendsen favorisiert

Der Gesamtweltcup-Führende Martin Fourcade (Frankreich) und der elfmalige Weltmeister Emil Hegle Svendsen (Norwegen) werden die ersten beiden Plätze wohl meist unter sich ausmachen. "Und wenn es eigentlich nur noch Bronze für den Rest zu gewinnen gibt, wird es extrem schwer", sagte Müssiggang.

Verstecken will sich Schempp aber trotzdem nicht. "Die Ansprüche sind auf alle Fälle gestiegen", sagte der 25-Jährige aus Uhingen vor dem Sprint-Auftakt am Samstag (15.30 Uhr im LIVE-TICKER): "Die Formkurve steigt an, ich habe viel Selbstvertrauen."

Schempp "hat gezeigt, was möglich ist"

Und seine beiden Triumphe haben auch der Mannschaft neue Kraft gegeben. "Er hat allen gezeigt, was möglich ist", sagte Müssiggang: "Wenn Simon eine solche Entwicklung nehmen kann, dann können das die anderen auch."

Vier bis sechs Medaillen sollen die Skijäger laut Medaillenkorridor in der Zielvereinbarung des Deutschen Olympischen Sportbundes gewinnen. "Im Biathlon kann man das nicht genau voraussagen", meinte Müssiggang: "Unser Ziel ist, dass wir in jedem Rennen Athleten am Start haben, die um Medaillen mitkämpfen können." Ob es dann ein, zwei oder vier, fünf Medaillen gebe, "spielt im Vorfeld nicht so die große Rolle."

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