Biathletinnen ratlos: "Keine Erklärung"

SID
Völlig fertig: Andrea Henkel ist nicht in bester Verfassung
© getty

Die erfolgsverwöhnten deutschen Biathletinnen sind am Tiefpunkt angekommen. Erstmals reichte es in einem Einzelrennen bei Olympischen Winterspielen nicht einmal für die Top 10.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Nach ihrem schlimmsten Debakel in der Geschichte der Olympischen Winterspiele waren die deutschen Biathletinnen einfach nur ratlos. "Für so etwas gibt es keine Erklärung", sagte Evi Sachenbacher-Stehle. Die 33-Jährige lieferte in Sotschi ein ganz schwaches Verfolgungsrennen ab, war an einem Tag zum Vergessen als 27. aber bezeichnenderweise immer noch "beste" Deutsche.

Mit sechs Schießfehlern hatte sie ebenso keine Chance wie Andrea Henkel (3), die auf Platz 29 weit hinter den Erwartungen zurückblieb. "Ich verstehe nicht woran das liegt, ich kann es einfach nicht nachvollziehen. Da müssen wir jetzt mal drüber reden", sagte Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig hörbar angesäuert. Weder am Schießstand noch in der Loipe waren die beiden Doppel-Olympiasiegerinnen konkurrenzfähig.

Während Darja Domratschewa (Weißrussland) ausgelassen ihren überlegenen Olympiasieg vor Tora Berger (Norwegen) und Teja Gregorin (Slowenien) feierte, stand das erfahrene deutsche Duo völlig entsetzt im Zielraum und starrte entgeistert auf die Anzeigetafel. Anstatt nach Edelmetall zu greifen, fanden sich Sachenbacher-Stehle und Henkel mit Rückständen von knapp drei Minuten hinter der Spitze wieder. Nachdem es auch die Männer in Sotschi bislang noch nicht auf das Podest geschafft haben, drohen die ersten Winterspiele ohne deutsche Biathlon-Medaille.

Neuner rät zur Ruhe

"Das Wichtigste ist jetzt, den Sportlern ein gutes Gefühl zu vermitteln. Man muss ihnen sagen, dass man trotzdem an sie glaubt", sagte Rekordweltmeisterin Magdalena Neuner. Die Verfolgungs-Olympiasiegerin von Vancouver 2010 war für die ARD als Expertin vor Ort, war jedoch genauso ratlos wie ihre ehemaligen Teamkolleginnen: "Was soll man sagen, sie haben schon bessere Leistungen abgeliefert."

Das ist noch sehr höflich ausgedrückt, denn die Ansprüche des Frauenteams sind andere. In der Vergangenheit gab es für Uschi Disl, Kati Wilhelm und Co. Medaillen am Fließband. Vor den Spielen in Sotschi war Wilhelms siebter Platz im Sprint 2006 in Turin das schlechteste Top-Resultat überhaupt. Die goldenen Zeiten sind jedoch vorbei, in der Realität laufen die Skijägerinnen bei Höhepunkten nur noch hinterher. Bereits bei der WM 2013 in Nove Mesto hatte Andrea Henkel ("Die anderen waren einfach besser") mit Silber im Einzel die einzige Frauen-Medaille gewonnen.

Ohne Neuner keine Siege

"Wir sind mit großer Erwartungen hierher gekommen. Jetzt haben wir einen Wettkampf erlebt, in dem beide Teildisziplinen, das Laufen und das Schießen nicht gelungen sind", sagte Hönig: "Vor allem die Laufleistungen haben nicht gepasst. Andere Nationen können auch Plätze gut machen, uns ist das nicht gelungen." Satte 2:45,9 Minuten Rückstand hatte im Ziel die Sprint-Elfte Sachenbacher-Stehle, Henkel folgte bei ihren letzten Winterspielen knappe 15 Sekunden später. Die Youngster Laura Dahlmeier (1 Fehler) auf Platz 30 und Franziska Preuß (3) als 40. landeten nach dem schwachen Sprint noch weiter hinten.

In den vergangenen Jahren haben sich die Probleme bei den Biathletinnen drastisch verschärft. Der Rücktritt von Neuner war nach den Abschieden von Wilhelm und Martina Beck sicher der heftigste Verlust. Trotz guter Ansätze bei Dahlmeier und Preuß mangelt es an Nachwuchs. Auch der Olympiaverzicht von Miriam Gössner war ein Tiefschlag. Die 23-Jährige musste wegen starken Rückenproblemen in Folge eines Mountainbike-Unfalls auf ihre Starts in Sotschi verzichten. Sie sorgte in dieser Woche nur für Schlagzeilen, weil sie für die neueste Ausgabe des Playboy die Hüllen fallen ließ.

Immerhin macht die dreimalige Olympiasiegerin Kati Wilhelm ihren Nachfolgerinnen Hoffnungen auf einen positiven Verlauf der Winterspiele. "Das ist Biathlon, es kann auch nach so einem Rennen wieder schnell nach vorne gehen", sagte sie. Im Einzelrennen am Freitag, dem Massenstart am kommenden Montag und den Staffeln zum Abschluss bestehen noch vier Chancen auf Edelmetall.

Alles zu Olympia

Artikel und Videos zum Thema