Neues Dopingmittel in Sotschi?

SID
David Howman war von den neuen Erkenntnisse schockiert
© getty

Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi kommt möglicherweise ein bislang unbekanntes, hoch wirksames Dopingmittel zum Einsatz. Bei Undercover-Recherchen wurde einem Reporter-Team des "WDR" in Moskau ein neuartiger sogenannter Wachstumsfaktor angeboten.

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Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi kommt möglicherweise ein bislang unbekanntes, hoch wirksames Dopingmittel zum Einsatz. Bei Undercover-Recherchen im Umfeld der Russischen Akademie der Wissenschaften wurde einem Reporter-Team des WDR in Moskau ein neuartiger sogenannter Wachstumsfaktor, ein synthetisch hergestelltes Molekül zum Muskelaufbau, angeboten.

Die hohe Wirksamkeit des Mittels, das ein "renommierter russischer Forscher" in einem mit versteckter Kamera gedrehten Verkaufsgespräch "Full Size MGF" nannte, bestätigte das Dopinglabor in Köln.

"Wir haben festgestellt, dass es authentisches MGF ist. Das Produkt ist in diesem Präparat vorhanden, in hoher Reinheit. Es ist dem IGF1, einem muskelaufbau- und regenerationsfördernden Produkt ähnlich und dementsprechend als sehr hoch wirksam einzustufen", sagte der Kölner Dopinganalytiker Mario Thevis, der derzeit im Labor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in Sotschi an den Kontrollen der bei Olympia-Athleten entnommenen Proben beteiligt ist.

Der Mechano Growth Factor (MGF) ist eine körpereigene Eiweißsubstanz, die direkt in den Muskelzellen entsteht und das Wachstum des Muskels bewirkt. "Full Size MGF" wird nach WDR-Angaben in Moskau in einer Forschungseinrichtung im staatlichen Auftrag bezüglich seiner biochemischen Wirkung erforscht und bislang nur im Tierversuch getestet.

Doppelt so starke Wirkung im Muskel

Die Substanz wirke nach Angaben des Wissenschaftlers, der an der Akademie in Moskau tätig ist, im Muskel doppelt so stark wie ein herkömmlicher Wachstumsfaktor und könne von keinem Dopingfahnder aufgespürt werden.

Angeblich werde die Substanz bislang nur in geringen Mengen hergestellt und ist deshalb sehr teuer. Den Reportern bot er 100 Milligramm für 100.000 Dollar (gut 74.000 Euro) an - mit der Zusicherung, die Ware schon vor Beginn der Spiele zu liefern.

"Das ist schockierend. Aber noch mehr schockiert mich aus rein menschlicher Sicht, dass diese Menschen dann so etwas wie Versuchstiere sind", sagte WADA-Generaldirektor David Howman dem "WDR": "Ich denke, wir wären daher naiv, wenn wir glauben, dass alle Sportler, die bei einem solchen Ereignis wie den Olympischen Spielen in Sotschi antreten, sauber sind."

Das IOC will vor und während der Spiele in Sotschi mehr testen als jemals zuvor und plant mit 2453 Dopingkontrollen. In der vergangenen Woche waren bereits zwei russische Biathletinnen mit positiven A-Proben aufgefallen.

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