Harting "verabscheut" Thomas Bach

SID
Robert Harting schämt sich für Thomas Bach
© getty

Der Sturm der Entrüstung nach der IOC-Entscheidung gegen einen Komplett-Ausschluss des russischen Teams von den Sommerspielen in Rio nimmt selbst mit zwei Tagen Abstand noch an Stärke zu. IOC-Präsident Thomas Bach steht weiter inmitten heftiger Kritik.

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"Ich persönlich verabscheue diesen Menschen mehr denn je und schäme mich sehr stark dafür, dass ich in indirekter Situation am Gleichen mit ihm arbeite", sagte Diskus-Olympiasieger Robert Harting am Dienstag in Kienbaum dem SID.

Zuvor hatte der 31-Jährige bereits erklärt: "Er ist für mich Teil des Doping-Systems, nicht des Anti-Doping-Systems. Ich schäme mich für Thomas Bach." Harting stelle sich die Frage, ob der Tauberbischofsheimer als IOC-Präsident "noch tragbar ist".

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Für das ehemalige Hockey-Ass Stefan Blöcher stand die Antwort auf diese Frage schon vorher fest. "Die größte Sauerei ist die Vergabe der Winterspiele 2022 nach Peking. Danach hätte Bach schon entlassen werden müssen. Das ist geisteskrank. Ich denke, Olympia wird nie wieder so sein, wie es wahr", wird er in der Bild-Zeitung zitiert. Für Ex-Schwimmstar Michael Groß ist das Signal "für jeden Sportler fatal". Die Entscheidung sei, "als ob das IOC auf einem anderen Planeten sitzen würde".

Aus Protest gibt der über viele Jahre verdiente deutsche Spitzenfunktionär Hans Wilhelm Gäb seinen Olympischen Orden zurück. "Ich halte die Entscheidung für den bisher schwersten Schlag gegen die olympische Integrität und die olympischen Prinzipien", sagte der langjährige Tischtennis-Präsident dem SID. "Ich möchte nicht die Auszeichnung einer Organisation tragen, welche die Ideale des Sports verrät."

"Einfach peinlich"

Ansonsten hieß es: Robert Harting vs Thomas Bach, der Herr des Rings gegen den Herrn der Ringe. Für den Berliner ist der Schuldige schnell ausgemacht. Nach der IOC-Entscheidung sei für ihn ein Stück die "Welt untergegangen."

Das IOC habe mit Bach an der Spitze "eine neue Enttäuschungsdimension erreicht", meinte Harting. Die Entwicklungen der vergangenen Tage, ein russisches Team trotz der Beweise für ein systematisches und staatlich geschütztes Dopingsystem nach Rio zu lassen, sei "einfach peinlich". Dass die russischen Leichtathleten weiter gesperrt sind, bezeichnete Harting als "richtige Maßnahme. Das ist vielleicht ein Weckruf."

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Dass dieser Ausschluss Russlands Sport ins Mark getroffen hat, ist zweifelsfrei. Den Restschmerz aber werden Wladimir Putin und Co. wohl gut aushalten können: Der Flurschaden hält sich nach dem IOC-Entscheid, die Verantwortung über weitere Sperren an die Weltverbände abzugeben, in Grenzen.

Ein Trend zeichnet sich ab

Trotz der vermeintlich verschärften Zulassungskriterien wird ein großes russisches Team in Rio an den Start gehen. Vermutlich werden es 250 bis 300 Athleten sein. Noch liegen zwar längst nicht alle Entscheidungen der Weltverbände vor, wie viele Sportler wegen ihrer Verbindungen zum nachgewiesenen Staatsdoping in Russland gesperrt werden, doch dieser klare Trend zeichnet sich ab.

Bis Dienstag gab es insgesamt 40 gesperrte Sportler. Nur namentlich im McLaren-Report erwähnte sowie früher schon dopinggesperrte Sportler wurden bislang ausgeschlossen.

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Das größte Kontingent stellt der Schwimmverband, der trotz sieben gesperrter Schwimmer noch 66 Sportler entsendet. Hinzu kommen unter anderem 30 Volleyballer (inklusive Beach), 16 Fechter, 14 Handballerinnen und 11 Judoka.

Wie viele der 18 nominierten Radsportler aufgrund einer Dopingvergangenheit ausgeschlossen werden, steht ebenso noch nicht fest wie die Entscheidung der Gewichtheber. Laut McLaren-Report hatte es in dieser Sportart im Zeitraum zwischen Ende 2011 bis August 2015 117 vertauschte Dopingproben gegeben, die zweitmeisten nach der Leichtathletik (137).

Bei den Radsportlern hatte es 26 vertauschte Proben, bei den Ringern 28 gegeben. Auch die Entscheidung des Ringer-Weltverbandes UWW steht noch aus.

Aber selbst, wenn es in diesen von der Manipulation besonders betroffenen Sportarten noch jeweils eine Handvoll Ausschlüsse gäbe, würde die Mannschaftsstärke wohl nicht unter 250 fallen. Für ein Land mit nachgewiesenem Staatsdoping eine beachtliche Zahl.

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