Bundestrainer Ullrich setzt auf Michael Greis

Von Carolin Blüchel
Michael Greis hat sich mit Bundestrainer Frank Ullrich wieder versöhnt
© Getty

Vor dem Saisonstart der Biathleten im schwedischen Östersund (20 km Einzel, ab 17.15 Uhr im LIVE-TICKER) stehen die Zeichen im deutschen Herren-Team auf Versöhnung. Frank Ullrich und Michael Greis haben ihren Streit beigelegt. Neben Greis setzt der Bundestrainer seine Hoffnungen in die Jugend.

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Es wurde zuletzt viel debattiert im deutschen Biathlon-Team der Herren. Michael Greis nannte Bundestrainer Frank Ullrich indirekt einen Despoten, kapselte sich von der Mannschaft ab und ging während der kompletten Vorbereitung eigene Wege.

Pünktlich zum Saisonstart in Östersund herrscht im Biathlon-Lager allerdings wieder Friede, Freude, Eierkuchen. Vergeben und vergessen sind die Zwistigkeiten zwischen Ullrich und seinem erfolgreichsten Schützling - angeblich. Das letzte Trainingslager im finnischen Muonio, bei dem der verlorene Sohn wieder zur Mannschaft gestoßen war, soll als Therapie für die geschundenen Seelen gedient haben.

"Auch wenn es viele nicht glauben: Das Verhältnis zwischen mir und Frank Ullrich ist mittlerweile besser als zuvor", sagte Greis. In dasselbe Horn bläst auch der Bundestrainer. "In Muonio hat man gemerkt, wie die Mannschaft wieder enger zusammengerückt ist. Es war schön zu sehen, wie wieder alle an einem Strang gezogen und sich ins Zeug gelegt haben."

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Augen-OP ermöglicht Greis den Durchblick

Ob der Burgfrieden von Dauer ist, wird sich im Laufe der Saison zeigen und sicherlich auch von den Leistungen des abtrünnigen Dreifach-Olympiasiegers abhängen.

Dieser fühlt sich auf jeden Fall bestens gewappnet. "Ich bin mit der Vorbereitung insgesamt sehr zufrieden. Ich habe an meiner Lauftechnik gearbeitet und außerdem am Stehendschießen, weil ich da zuletzt Probleme hatte, den richtigen Stand zu finden", sagte er der "Welt".

Zudem erhofft sich der 32-Jährige den perfekten Durchblick am Schießstand, nachdem er sich einer Laserbehandlung am Auge unterzogen hat.

Ullrich erwartet von Greis, der im vergangenen Jahr als Gesamt-Weltcupvierter bester Deutscher war, auch in dieser Saison Top-Platzierungen. "Michael Greis wird sich nach wie vor an der Weltspitze orientieren", sagte Ullrich zu SPOX.

Magdalena Neuner wieder fit

Große Lücke hinter Greis

Grundsätzlich steht aber fest, dass hinter dem Ausnahme-Athleten eine mittlere bis große Lücke klafft. Die Rücktritte von Sven Fischer und Ricco Gross im Jahr 2007 konnten im letzten Jahr noch nicht kompensiert werden.

Anders als im Damen-Team, das mit Magdalena Neuner, Martina Beck, Kati Wilhelm und Andrea Henkel gleich vier Siegläuferinnen aufweist, stehen Wolf, Andreas Birnbacher und auch Michael Rösch deutlich im Schatten ihres Kapitäns.

Ullrich behält dennoch seinen Optimismus und glaubt weiter an den kontinuierlichen Fortschritt. "Von Alexander Wolf erwarte ich mir einiges. Schließlich hat er es im letzten Jahr erstmals aufs Podium geschafft. Michael Rösch hatte in der letzten Saison einen kleinen Rückschlag, doch er hat daraus gelernt. Und auch Andreas Birnbacher wird punktuell Akzente setzen können", lautet die Prognose des Oberhofers.

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Schutzschild für die jungen Athleten

Besondere Hoffnung setzt er jedoch auf seine Youngster: Toni Lang und Christoph Stephan stehen vor Ihrer ersten kompletten Weltcup-Saison. Um ihnen die Eingliederung in die Mannschaft zu erleichtern und auch mit dem Medienrummel klar zu kommen, nimmt Ullrich seine arrivierten Athleten in die Pflicht:

"Die erfahrenen Athleten wie Greis und Wolf müssen das Schutzschild für die Jüngeren bilden. Das kostet viel Kraft. Aber es ist der normale Werdegang. Früher hatten Sven Fischer, Frank Luck, Ricco Gross und Peter Sendel das Schutzschild gebildet, so dass sich Michael in diesem Schatten entwickeln konnte."  

Fragezeichen hinter Björndalens Form

Maß der Dinge wird laut Ullrich jedoch wieder Über-Biathlet Ole-Einar Björndalen sein. "An ihm geht kein Weg vorbei. Er ist für uns der Gradmesser. Aber im Männerbereich gibt es mittlerweile 20 bis 30 Athleten, die vorne mitmischen können. Die Herausforderung wird immer größer", sagte der 50-Jährige.

Björndalen selbst sieht sich - zumindest im Moment - noch nicht in der Favoritenrolle. Nachdem sich der Seriensieger der vergangenen Jahre im Trainingslager einen hartnäckigen Magenvirus eingefangen hatte, war an Training lange Zeit nicht zu denken.

"Ich habe keine vollständige Kontrolle über meine derzeitige Form", gab der Norweger zu. Ob er in Östersund an den Start geht, wird er kurzfristig entscheiden.

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