Tennis - Nach Debakel im Davis Cup: Boris Becker als Retter?

SID
Boris Becker, Alexander Zverev
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Nach dem vermeidbaren Aus im Davis Cup gegen die Schweiz steht das deutsche Tennis unter Druck. Die Aussichten sind bescheiden, aber nicht hoffnungslos.

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Boris Becker stand die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben, erst mit einem Tag Verspätung rang sich der dreimalige Wimbledonsieger zu einem halbherzig-nichtssagenden öffentlichen Statement durch. "Wir haben schwer gekämpft und alles auf dem Platz gelassen", schrieb Becker bei Instagram.

Alles reichte in diesem Fall nicht, das deutsche Davis-Cup-Team um seinen nicht weniger ratlosen Anführer Alexander Zverev muss nach dem 2:3 gegen die Schweiz in Trier im Herbst in den Playoffs um den Klassenerhalt in der Weltgruppe kämpfen. "Das hatten wir uns eigentlich nicht so vorgestellt", sagte DTB-Präsident Dietloff von Arnim. "Es ist, wie es ist, ich kann es nicht ändern", sagte ein frustrierter Zverev.

1:1 hieß es nach dem ersten Tag in Trier, da war es Zverev noch gelungen, die Auftakt-Niederlage des überforderten Oscar Otte mit einem Zweisatzsieg gegen Altmeister Stan Wawrinka auszugleichen. 24 Stunden später war Zverev wie verwandelt. Das vom Doppel Tim Pütz und Andreas Mies vorgelegte 2:1 konnte er nicht nutzen, seine Niederlage gegen Marc-Andrea Huesler und das vergebliche Aufbäumen von Daniel Altmaier gegen Wawrinka brachten Deutschland an den Rand der Zweitklassigkeit.

Zverev, nach seiner schweren Fußverletzung im Juni 2022 nach wie vor auf der Suche nach Form und Konstanz, steht fast sinnbildlich für den Zustand des deutschen Männertennis anno 2023. Läuft es bei Deutschlands Vorzeigeprofi nicht, läuft es auch in der Mannschaft so gut wie gar nicht. "Wir haben das Problem, dass zumindest im Einzel die Kluft nach Zverev riesig ist", sagte der frühere Wimbledonsieger Michael Stich der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

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Boris Becker als Retter? DTB wohl nicht abgeneigt

Und jetzt? Die Aussicht auf die kommenden Monate und die richtungsweisende Playoff-Runde im September ist nicht so richtig verheißungsvoll. Oscar Otte blieb zuletzt vieles schuldig, auch der derzeit verletzte Jan-Lennard Struff ist kein verlässlicher Punktegarant, und Daniel Altmaier hat seit seinem überraschenden Achtelfinal-Einzug bei den French Open 2020 nicht allzu viel Zählbares geliefert. Nachwuchs? Talente? Fehlanzeige.

Und so schließt sich der Kreis zu Boris Becker. Der 55-Jährige, auf Einladung des Deutschen Tennis Bundes (DTB) als "Freund der Mannschaft" in Trier ständig mit dem Team zusammen, ist einer erneuten Zusammenarbeit mit dem DTB offenbar nicht abgeneigt. In welcher Form das sein wird und ob er nach seiner zuletzt verbüßten Haftstrafe in seine alte Position als "Head of Men' Tennis" zurückkehren kann und will, werden die nächsten Wochen zeigen. Klar ist aber auch: Tennis ist Beckers Kernkompetenz, die Spieler hören ihm zu, er hat was zu sagen.

Teamchef Michael Kohlmann vermied trotz der Niederlage Kritik an seiner Mannschaft. "Eigentlich kann sich keiner etwas vorwerfen", sagte er. Kohlmann, seit genau acht Jahren im Amt, machte und macht einen guten Job, er muss mit dem arbeiten, was er hat. "In der Breite fehlt es uns ein bisschen", sagte DTB-Präsident von Arnim, der im Play-off auf ein Heimspiel hofft. "Mit der dann bestmöglichen Mannschaft und dem Heimpublikum im Rücken wäre ich sehr zuversichtlich, dass wir auch im nächsten Jahr in der Weltgruppe spielen", sagte Von Arnim dem SID.

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