Fall Peng Shuai: Politik fordert diplomatischen Olympia-Boykott

SID
Peng Shuai, WTA, Tennis, China
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Politiker der Koalitionsparteien der künftigen Bundesregierung fordern wegen des Falls der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking und kritisieren das Verhalten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) scharf.

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Ein diplomatischer Boykott sei "das Mindeste, was ich erwarte. Wir sollten die Olympischen Spiele 2022 als das benennen, was sie sind: eine Propagandashow unter Beteiligung des IOC und seiner Sponsoren", sagte Erhard Grundl, sportpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS).

"Wir müssen die permanenten Menschenrechtsverletzungen in China klar benennen und uns nicht hinter wirtschaftlichen Beziehungen verstecken", ergänzte Grundl. Kein deutscher Politiker sollte sich "an dieser Propagandashow beteiligen".

Die Spielerinnen-Organisation WTA drängte derweil am Samstag weiter auf Aufklärung im Fall der zwischenzeitlich verschwundenen Peng Shuai. WTA-Chef Steve Simon sei "nach wie vor zutiefst besorgt darüber, dass Peng nicht frei von Zensur oder Zwang ist", teilte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP mit.

Simon habe Peng Shuai zwei E-Mails geschickt, "ihre Antworten waren eindeutig von anderen beeinflusst". Deswegen habe Simon "beschlossen, sich erst dann wieder per E-Mail an sie zu wenden, wenn er sicher ist, dass die Antworten ihre eigenen sind und nicht die ihrer Zensoren."

WTA droht China mit Entzug von Tennis-Turnieren

Peng Shuai hatte Anfang des Monats in dem Twitter-ähnlichen Medium Weibo geschrieben, vom ehemaligen chinesischen Vizepremier Zhang Gaoli (75) sexuell missbraucht worden zu sein. Der Eintrag wurde ebenso gelöscht wie zahlreiche Interneteinträge über Peng, von der danach mehr als zwei Wochen jede Spur fehlte.

Die WTA hatte gedroht, ihre Turniere aus dem Reich der Mitte abzuziehen, sollte der Fall nicht transparent und umfassend aufgeklärt werden.

Peng tauchte am vergangenen Wochenende in einem Pekinger Restaurant und bei einem Tennisturnier in der chinesischen Hauptstadt wieder auf. Staatsmedien veröffentlichten entsprechende Videoclips.

Am Sonntag führte Peng außerdem ein Videotelefonat mit dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach. Nach Angaben des IOC erklärte Peng Shuai darin, dass sie in ihrem Haus in Peking wohlauf sei, aber ihre Privatsphäre respektiert wissen möchte.

In der Folge wurde dem IOC von der Sportlervereinigung Global Athlete vorgeworfen, nichts zur Aufklärung beigetragen, sondern sich "mitschuldig an der böswilligen Propaganda der chinesischen Behörden" gemacht zu haben.

Der frühere Bundesvorsitzende der Grünen, der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer, sagte der FAS, Bach habe "das IOC zur Geisel Chinas" gemacht und "sich nun immer tiefer in eine unappetitliche Komplizenschaft beim Wegdrücken der Menschenrechtsthematik verstrickt". In Peking beginnen am 4. Februar 2022 die Olympischen Winterspiele.

 

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