Auf den Spuren von Arthur Ashe

Von Carolin Blüchel
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© Getty

Am Montag blickt die Tennis-Welt wieder auf New York: In Flushing Meadows starten dann die US Open. Zum 40. Geburtstag soll ein US-Tennispieler triumphieren. Die Hoffnungen der Gastgeber ruhen nicht nur auf Andy Roddick. Die SPOX-Vorschau.

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München - Die US Open werden 40 Jahre alt. Und Amerika wäre nicht Amerika, würde es dieses Jubiläum nicht mit einer gigantischen Party feiern: Größer, teurer, glamouröser. Zur perfekten Inszenierung fehlt eigentlich nur noch der Titelgewinn eines US-Boys.

Das US-Fernsehen überträgt live, wenn sich am Montagabend 25 ehemalige Champions - von Rod Laver bis Roger Federer, von Billie Jean King bis Venus Williams - die Ehre geben und Oscar-Preisträger Forrest Whitaker durch den Abend führen wird. Selbst die Witwe von Arthur Ashe, dem ersten Sieger der Open-Ära 1968, hat ihr Kommen angekündigt.

Ein Blick auf die ehemaligen Helden des letzten Grand Slam Turniers des Jahres dürfte bei den US-Amerikanern aber auch Wehmut aufkommen lassen. 19 Mal in 40 Jahren triumphierte bei den Herren ein Lokalmatador in Flushing Meadows. Mit Jimmy Connors (5 Siege), John McEnroe (4), Pete Sampras (5) und Andre Agassi (2) kommen gleich vier Tennis-Legenden aus den eigenen Reihen.

Die gute alte Zeit. Die Gegenwart sieht anders aus. Denn der letzte US-amerikanische US-Open-Sieg liegt bereits fünf Jahre zurück. Nach Andy Roddicks Triumph 2003 folgte die Herrschaft von König Roger. Aus war es mit der amerikanischen Herrlichkeit.

Fragezeichen hinter Roddick

In diesem Jahr soll es anders werden. Und wieder liegen die Hoffnungen der Gastgeber auf Roddick. Der hat sogar auf seine Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Peking verzichtet, um ja topfit zu sein.

Dennoch steht hinter dem 26-Jährigen ein großes Fragezeichen. Nachdem er Anfang des Jahres mit Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic die Top Drei der Welt geschlagen und zwei Turniersiege eingeheimst hatte, plagte ihn eine hartnäckige Schulterverletzung, die unter anderem auch zu seiner Absage für die French Open führte.

Außerdem stagnierten die Leistungen des einstigen Wunderkindes in den vergangenen Jahren. Außer der Finalteilnahme 2006 in New York hat er nicht mehr viel vorzuweisen. "Man muss ihm vorwerfen, dass er sich nicht mehr auf seine Stärken besinnt, wie zum Beispiel seine extrem starke Vorhand und den knallharten Aufschlag", kritisierte Bic Mac McEnroe.

Blake der neue Liebling

Die Amerikaner haben aber spätestens seit Platz vier bei Olympia und dem Sieg im Viertelfinale gegen Federer einen neuen Liebling: James Blake. Zwar kam der 28-Jährige bei einem Grand-Slam-Turnier noch nie über das Viertelfinale hinaus, doch eben dieser Sieg über Federer in Peking auf Hartplatz lässt die Gastgeber von einem "next big American" träumen.

Da scheint es auch vernachlässigbar, dass der Schweizer soeben als Weltranglistenerster entthront wurde und eine kleine Durststrecke durchleidet.

"Ich fühle mich stärker, als es der vierte Platz ausdrückt", sagte Blake dem "New Haven Register" nach dem verlorenen Bronze-Match gegen Djokovic. "Ich spiele besser denn je, vor allem was den Aufschlag betrifft. Zu wissen, dass ich Roger schlagen kann, gibt mir unendlich viel Selbstvertrauen.“

Günstige Auslosung

Nun soll es in New York mit dem ganz großen Coup klappen. Er wäre der erste afro-amerikanische Sieger seit Arthur Ashe, der zugleich sein großes Idol ist. Die Chancen stehen beim Blick auf das Tableau gar nicht mal so schlecht. Erst im Viertelfinale könnte mit Nadal der erste ganz dicke Brocken warten.

Die Erstrunden-Gegner der Deutschen

Für den Spanier war allerdings bisher in New York immer im Viertelfinale Endstation. Außerdem scheint Blake die Spielweise der neuen Nummer eins zu liegen. Im direkten Vergleich steht es 3:2 für den vermeintlichen Außenseiter, dessen Stärken beim Return und dem druckvollen Grundlinienspiel liegen. Ein Duell mit Federer und Djokovic wäre erst im Finale möglich. Und mit der frenetischen Unterstützung der Massen im Arthur-Ashe-Stadium ist der Überraschung Tür und Tor geöffnet.

Um ein Haar querschnittgelähmt

Eine besondere Eigenschaft, die einen großen Champion ausmacht, besitzt Blake auf jeden Fall: Er kann kämpfen. Er kann kämpfen wahrscheinlich wie kein Zweiter, und er glaubt auch in den aussichtlosesten Situationen an seine Chance.

Dem war nicht immer so. Vom Profi-Debüt 1999 bis zum Jahr 2003 wollte der Vorstoß in die Weltspitze trotz stetiger Verbesserung nicht wirklich gelingen. Ausgerechnet das Seuchenjahr 2004 gab Blakes Karriere die entscheidende Wende.

Bei einem Trainingssturz knallte er mit dem Genick gegen den Netzpfosten, brach sich einen Halswirbel und entging nur um Haaresbreite einer Querschnittslähmung. Wenige Wochen später erlag sein Vater einem Krebsleiden. Und wäre das alles nicht schon schlimm genug, erkrankte der damals 24-Jährige im selben Jahr noch an Gürtelrose, was zu der vorübergehenden Lähmung einer Gesichtshälfte führte. An Leistungssport war nicht im Traum zu denken. Eine vielversprechende Karriere schien im Keim erstickt.

Rasanter Aufstieg nach Comeback

Doch Blake steckte nicht auf. Er brachte seine Leidensgeschichte auf Papier und landete mit "Breaking Back: How I Lost Everything and Won Back My Life" sogar in der Bestsellerliste der "New York Times". Damit war die Vergangenheit verarbeitet, der Blick sollte sich ab sofort nur noch nach vorne richten.

Beweis dafür ist ein Zitat Blakes auf seiner Homepage: "Im Sport ist es wie im Leben – der einzige Weg dort Erfolg zu haben, wo du zuvor gescheitert bist, ist, die Vergangenheit hinter dir zu lassen und den Blick unvoreingenommen auf kommende Aufgaben zu richten."

Dieses Motto katapultierte Blake nach seinem Comeback 2005 zwischenzeitlich bis auf Rang vier der Weltrangliste (April 2006). Längst ist er eine feste Größe in den Top-Ten. Und vielleicht macht er nach drei Viertelfinal-Teilnahmen in New York in diesem Jahr seinen amerikanischen Traum perfekt.

Hier gibt's alle Spiele der ersten Runde in der Übersicht