Verfall der alten Helden

Von Torsten Adams
Andy Schleck (l.) hat Lance Armstrong bei der Tour de France den Rang abgelaufen
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Best of the rest: Von Sanchez bis Kreuziger
Die Plätze eins und zwei scheinen vergeben. Doch welcher Fahrer hat noch Chancen auf das Podium? Wer steht in Paris in den Top Ten?

Die üblichen Verdächtigen

Levi Leipheimer (RSH): Nach Armstrongs Debakel hat sich die Strategie im Team RadioShack grundlegend geändert. Zwar bleibt Armstrong der Boss seines Teams. Der Mann, für den gefahren wird, ist aber Levi Leipheimer (6., + 03' 59"). Der 36-Jährige hielt bisher an allen Anstiegen mit den Konkurrenten um Platz drei mit und kann im anschließenden Zeitfahren zusätzliche Zeit gutmachen.

Denis Mentschow (RAB): Klammheimlich hat sich auch Denis Mentschow (4., + 02' 58") im Klassement weit nach vorne geschlichen. Der zweifache Vuelta-Sieger und Gewinner des Giro d'Italia 2009 hat sich in der Vorbereitung wie immer bedeckt gehalten und kam als Wundertüte zur Tour. Offensichtlich waren die wenigen Wettkampftage genau die richtige Maßnahme des Russen von Rabobank, dem mit Robert Gesink ein bärenstarker Kletterer zur Seite steht.

Ivan Basso (LIQ): Eigentlich müsste man Ivan Basso (10., + 05' 09") als Newcomer bei der Tour bezeichnen, hatte er seinen letzten Auftritt bei der Frankreich-Rundfahrt doch 2005, als er Zweiter hinter Armstrong und vor Ullrich wurde. Der 32-Jährige zeigte nach Morzine und am Madeleine keinerlei Schwächen und scheint am Berg in einer formidablen Verfassung zu sein. Sein Rückstand rührt vor allem von der Pflaster-Etappe, als er 2:25 Minuten auf Schleck verlor. Die große Frage aber ist: Hat der Italiener nach dem dreiwöchigen Giro noch die Kraft, auch in der dritten Tourwoche noch einmal zusetzen zu können?

Samuel Sanchez (EUS): Bei Samuel Sanchez (3., + 02' 45") weiß man nie genau, wo man dran ist. Mal fährt er die Tour, mal schaut er sich die Vuelta als Saisonhöhepunkt aus, mal zieht er beide Rundfahrten durch. In diesem Jahr hat sich der Baske für die Tour entschieden und scheint top gerüstet zu sein. Der Abfahrtsspezialist war der einzige, der Contador und Schleck am Madeleine zumindest zeitweise folgen konnte. Im Schlussanstieg nach Avoriaz nahm er seinem Landsmann sogar zehn Sekunden ab. Und die besten Etappen kommen für den Euskaltel-Kapitän ja erst noch: In den Pyrenäen werden die radsportverrückten Basken den Olympiasieger wieder mit aller Inbrunst den Berg nach oben schreien.

Die Newcomer

Robert Gesink (RAB): Radsport-Insidern ist Robert Gesink (7., + 04' 22") bereits seit 2007 ein Begriff, als er die Deutschland Tour als Fünfter abschloss. 2008 ließ der 24-Jährige mit Platz vier bei Paris - Nizza aufhorchen, ein Jahr später fuhr er als Dritter beim Amstel Gold Race über die Ziellinie. Rabobank baute seinen jungen Star behutsam auf. Bei seiner Tour-Premiere 2009 warf ihn schon in der ersten Woche ein gebrochenes Handgelenk aus dem Rennen. In diesem Jahr läuft es besser für den 1,87m-Schlaks. In den Anstiegen kann der Kletterspezialist erwartungsgemäß mit den Besten mithalten. Dass er im Hochgebirge zuhause ist, hat Gesink bereits bei der Tour de Suisse gezeigt, als er die Königsetappe nach La Punt gewann - vor Armstrong, den Schlecks, Klöden, Kreuziger und Leipheimer. Vor allem die Konstellation mit Gesink und Mentschow als Doppelspitze wird Rabobank in den Pyrenäen eine gute taktische Ausgangsposition verschaffen. Und: Dem "Kondor von Varsseveld" kommt es entgegen, dass es nur ein langes Zeitfahren bei dieser Tour gibt.

Jurgen van den Broeck (OLO): Jurgen wer? Van! den! Broeck! Kein Wunder, dass der Name denjenigen, die nur ab und an zur Tour einschalten, weniger geläufig sein wird. Der Belgier konnte sein gesamtes Leistungsvermögen bis dato noch nicht komplett ausspielen, weil er wichtige Helferdienste für Cadel Evans leisten musste. Nun aber ist van den Broeck (5., + 03' 31") Kapitän seines Teams und bewegt sich am Berg regelmäßig unter denen, die das Hinterrad von Schleck und Contador nicht mehr halten können. Nach Rang 15 im Vorjahr "wäre ein Platz auf dem Podium fantastisch", sagt Teamchef Marc Sergeant optimistisch. "Aber realistischerweise wären wir auch mit einem fünften Platz zufrieden".

Roman Kreuziger (LIQ): In diesem Jahr steht Roman Kreuziger (11., + 05' 11") am Scheideweg. Nachdem seine Leistungskurve 2009 etwas abgeflacht war, soll der Tour de Suisse-Sieger von 2008 zusammen mit Basso eine schlagkräftige Liquigas-Allianz bilden. Bisher ist den beiden das auch gut gelungen. Zudem bekräftigt der Tscheche via Twitter nur allzu oft, dass er in den kommenden Tagen mit besseren Beinen rechnet als in der ersten Tourwoche. Seine bisher beste Tour-Platzierung im vergangenen Jahr, als er 9. wurde, dürfte für den 24-Jährigen diesmal kein Problem darstellen. Im Gegenteil: Mit etwas Glück sind sogar die Top-5 drin!

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