Start-Ziel-Sieg für Alberto Contador?

Von Torsten Adams
Lance Armstrong (l.) und Alberto Contador auf einer Höhe. Auch bei der Tour de France 2009?
© Imago

Vier Jahre nach seinem letzten Sieg bei der Tour de France kehrt Lance Armstrong auf Frankreichs Straßen zurück. Doch hat der siebenfache Toursieger eine realistische Chance auf den achten Triumph? Oder fährt sein Teamkollege Alberto Contador alles in Grund und Boden?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Im Favoriten-Ranking nimmt SPOX die aussichtsreichsten Klassementfahrer unter die Lupe und checkt ihre Fähigkeiten:

Alberto Contador (26, ESP / Astana): Der Überflieger

Kletterqualität: "Der beste Kletterer der Welt". So sieht nicht nur Lance Armstrong den Madrilenen. Gewann die Tour 2007, wurde 2008 ausgeschlossen und sinnt nun auf Revanche. Ist amtierender Giro- und Vueltasieger und muss im Hochgebirge niemanden fürchten.

Zeitfahrstärke: Galt lange als Schwäche von Contador. Inzwischen hat sich das Leichtgewicht aber auch in dieser Disziplin erstaunlich verbessert. Kommt als frisch gebackener spanischer Zeitfahrmeister zur Tour. Gepaart mit seinen herausragenden Kletterqualitäten sagen viele Experten einen Start-Ziel-Sieg von Contador voraus.

Qualität des Teams: Eines ist klar: Astana ist das beste Rundfahrtteam der Welt. Mit Abstand. Mit Armstrong, Contador, Leipheimer, Klöden und Zubeldia stehen gleich fünf Fahrer im Aufgebot, die bereits einen Top-5-Platz bei der Tour erreichten.

 

Cadel Evans (32, AUS / Silence-Lotto): Der Kämpfer

Kletterqualität: Gilt als zäher Kämpfer am Berg, der sich selten aus der Ruhe bringen lässt. Weniger explosiv im Vergleich zu Contador oder Schleck. Bevorzugt die regelmäßigen Steigungen und fährt sein Tempo kontinuierlich durch. Nachteil: Kann oftmals seine Leistung nicht im entscheidenden Moment abrufen.

Zeitfahrstärke: Der beste Zeitfahrer unter den Tour-Favoriten. Hier kann der 32-Jährige Zeit auf die Konkurrenz gutmachen, auch wenn es in diesem Jahr nur ein langes Einzelzeitfahren gibt. Schlug Contador in dieser Disziplin bei der Dauphine gleich zwei Mal.

Qualität des Teams: Im Vergleich zu den anderen Favoriten verfügt Evans über mittelmäßige Unterstützung. Könnte auf den schweren Bergetappen früh auf sich alleine gestellt sein, da mit Thomas Dekker kurz vor Tourstart sein Leutnant aufgrund eines positiven Doping-Befundes weggebrochen ist. Evans wird als Zweiter der Jahre 2007 und 2008 dennoch wieder um den Tourtitel mitfahren.

 

Andy Schleck (24, LUX / Saxo Bank): Der Youngster

Kletterqualität: Der 24-Jährige gilt als aggressiver Fahrer mit herausragenden Berg- und Puncher-Qualitäten. Versucht es in Anstiegen häufig mit Angriffen und Tempowechseln. War bei seiner Tour-Premiere im letzten Jahr der beste Jungprofi und gilt als noch talentierter als sein Bruder Fränk, der 2008 drei Tage das Gelbe Trikot trug.

Zeitfahrstärke: Trotz intensiven Feilens an seiner Zeitfahrtechnik: Unter den Top-Favoriten ist Schleck der schwächste Zeitfahrer. Fuhr im Chrono der Tour de Suisse einen für seine Verhältnisse anständigen 15 Rang heraus. Trotzdem: Beim langen Zeitfahren über 40,5 Kilometer in Annecy wird er ordentlich Zeit fressen. Das könnte ihm zum Verhängnis werden.

Qualität des Teams: Nach dem Wechsel von Vorjahressieger Sastre zu Cervelo bildet Schleck zusammen mit Bruder Fränk die luxemburgische Speerspitze von Saxo Bank. Teamchef Riis bringt wie jedes Jahr eine hoch motivierte Mannschaft an den Start. Mit Cancellara und Voigt verfügt das dänische Team über zwei absolute Arbeitspferde, die jederzeit ein Feld sprengen können.

 

Denis Mentschow (31, RUS / Rabobank): Der Routinier

Kletterqualität: Gehört ohne Zweifel zu den Top-Bergfahrern. Jüngster Beweis: Sein Sieg beim Giro d'Italia mit einer beeindruckenden Souveränität, wenn es bergauf ging. Zwar ist er kein Bergfloh, aber durch seine extreme Kraft auf dem Pedal schafft er es immer wieder, Angriffe auch an schweren Anstiegen zu parieren.

Zeitfahrstärke: Das Zeitfahren gilt als Paradedisziplin des Russen. Will er die Tour gewinnen, muss er seinen Konkurrenten um Gelb bei den Chronos deutliche Rückstände einschenken. Aber: Stürze und Unachtsamkeiten - wie beim abschließenden Giro-Zeitfahren - scheint er magisch anzuziehen.

Qualität des Teams: Nimmt seine neunte Tour in Angriff und ist unumstrittener Leader im Team. Hat in Gesink und Garate zwei echte Edelhelfer, die ihn auf schweren Bergetappen bis zu den Gipfeln unterstützen können. Vor allem Gesink gilt als eines der größten Klettertalente im Peloton und wird wichtige Helferdienste verrichten.

 

Carlos Sastre (34, ESP / Cervelo): Der Titelverteidiger

Kletterqualität: Überraschte im letzten Jahr als Toursieger und düpierte auf der Königsetappe hinauf nach L'Alpe D'Huez die gesamte Konkurrenz. Zieht am Berg ähnlich wie Evans konsequent sein Tempo durch und kommt vor allem in der dritten Tourwoche richtig in Schwung. Und dann geht es zum Mont Ventoux hoch. Entschied beim Giro zwei Bergetappen für sich.

Zeitfahrstärke: Dass in diesem Jahr nur 56 EZF-Kilometer zu bewältigen sind, ist ein Vorteil für den Spanier. Denn der Kampf gegen die Uhr liegt ihm nicht. Bekam von Mentschow beim Giro 138 Sekunden auf 60,6 Kilometer eingeschenkt. Muss versuchen, den Abstand zu den Konkurrenten wenigstens halbwegs gering zu halten.

Qualität des Teams: Wechselte nach seinem Toursieg von Saxo Bank zu Cervelo, das mit Hushovd und Haussler seine Priorität auf Sprintetappen legt. Beim Team aus der Schweiz steht der sportliche Erfolg angeblich ohnehin nicht an erster Stelle. Die Fahrer testen stattdessen neue Produkte und sind somit aktiv in den Entwicklungsprozess von Cervelo eingebunden.

 

Lance Armstrong (37, USA / Astana): Die große Unbekannte

Kletterqualität: Wie stark ist er wirklich? Gab bei der Tour Down Under nach über drei Jahren Rennpause sein Comeback. Die Bergetappen beim Giro haben gezeigt, dass er nicht mehr ganz über die Spritzigkeit vergangener Tage verfügt. Belegte dort aber nach seinem Schlüsselbeinbruch im März einen passablen 12. Rang.

Zeitfahrstärke: Dass er beim langen Giro-Zeitfahren (Platz 13) unter seinen Erwartungen blieb, war aufgrund der Verletzung nicht verwunderlich. Wer ihn kennt, der weiß aber, dass er sich bei der Tour keine Blöße geben will. Bereitete sich intensiv auf der Zeitfahrstrecke in Annecy (17. Etappe) vor.

Qualität des Teams: Siehe Contador. Hat mit Leipheimer und Popowitsch zwei gute Freunde an der Seite, die ihn schon bei US Postal loyal unterstützen. Aber es bleiben Fragen: Wird sich Armstrong unterordnen und Contador unterstützen, oder ist er selbst so stark, dass er die Hilfe seiner Teamkollegen für sich beanspruchen darf? Und: Wie gut erholt sich ein fast 38-Jähriger in einer dreiwöchigen Rundfahrt?

Die deutschen Fahrer: Edelhelfer, Optimisten und Heino