Radsport: Primoz Roglic gewinnt 106. Giro d'Italia - Cavendish holt Etappensieg

SID
Primoz Roglic
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Primoz Roglic gewinnt den 106. Giro d'Italia und besiegt ein altes Trauma. Das Experiment des deutschen Hoffnungsträgers Lennard Kämna ist geglückt. Trotzdem bleiben Fragen offen.

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Als Primoz Roglic sein Tour-de-France-Trauma besiegt hatte, wollte das Lächeln aus seinem Gesicht gar nicht mehr verschwinden. Im Rosa Trikot ließ sich der Slowene unter anhaltenden "Rogla"-Rufen seiner Fans als Sieger des 106. Giro d'Italia feiern, ehe er am Sonntag beim großen Finale in Rom den gold-geschwungenden Siegerpokal Trofeo Senza Fine in die Höhe stemmte. "Es ist unglaublich", sagte Roglic, "ich werde den Tag für den Rest meines Lebens nicht vergessen."

Im finalen Massensprint vor dem Kolosseum hatte zuvor Altmeister Mark Cavendish vom Team Astana Qazaqstan seinen insgesamt 17. Etappensieg beim Giro geholt. Der Sprintkönig, mit seinen 38 Jahren ältester Etappensieger bei der Italien-Rundfahrt, hatte vor einigen Tagen angekündigt, sein Rennrad nach vier Weltmeistertiteln und 17 Profijahren zum Ende dieser Saison in die Ecke zu stellen.

Der deutsche Hoffnungsträger Lennard Kämna bekam die Feierlichkeiten nur am Rande mit. Zufrieden konnte aber auch der 26-Jährige vom Team Bora-hansgrohe sein. Das Experiment, bei einer großen Landesrundfahrt auf die Gesamtwertung zu fahren, war zumindest nicht gescheitert.

Nach 21 Etappen und knapp 3500 Kilometern belegte Kämna als Neunter die erhoffte Top-10-Platzierung in der Gesamtwertung. Der Rückstand auf Roglic betrug am Ende 7:46 Minuten.

"Ich würde schon sagen, dass es funktioniert hat", sagte Teamchef Ralph Denk dem Deutschlandfunk: "Bei einer so großen Rundfahrt in die Top 10 zu fahren, das hat schon einen gewissen Wert. Das haben nicht so viele Deutsche vor ihm geschafft."

Kämna hatte sich in der Vergangenheit vor allem als Etappenjäger einen Namen gemacht. Ob der Rollenwechsel zum Klassementfahrer von Dauer ist und er beispielsweise im kommenden Jahr auch bei der Tour de France auf die Gesamtwertung fährt, soll nach einer eingehenden Analyse entschieden werden.

"Ist es das, was er will, und ist es das, was wir wollen? Oder wollen wir wieder einen aggressiveren Kämna sehen, was seinem Naturell sogar noch einem Stück weit eher entspricht?", fragte Denk.

Grundsätzlich war Denk mit den Auftritten seiner Mannschaft zufrieden. "Es war ein guter Giro, kein sehr guter", sagte er. Zwei Etappensiege durch Nico Denz waren die Höhepunkte, die erfolgreiche Titelverteidigung gelang aber nicht. Als Nachfolger des australischen Bora-hansgrohe-Profis Jai Hindley ließ sich Roglic feiern.

Ausschlaggebend für den Erfolg war sein Sieg im Bergzeitfahren am Samstag zum Monte Lussari an der italienisch-slowenischen Grenze. "Ich hatte die Beine, und die Fans haben mir "Extra-Watts" gegeben. Ich bin geflogen und habe es genossen", sagte Roglic.

40 Sekunden nahm Roglic dem bis dahin führenden Briten Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) trotz eines Defekts am Rad ab. In der finalen Wertung lag der Kapitän des Teams Jumbo-Visma, dem auch der deutsche Youngster Michel Heßmann angehörte, 14 Sekunden vor Thomas.

Roglic genoss den Augenblick - und wurde doch von der Vergangenheit eingeholt. Erinnerungen an die Tour-Schmach von 2020 wurden wach. Damals startete Roglic im Gelben Trikot ins Bergzeitfahren der vorletzten Etappe an der Planche de Belles Filles. Roglic erwischte einen schlechten Tag, sensationell wurde er von seinem Landsmann Tadej Pogacar noch entthront.

"Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man", sagte Roglic nun, "wenn man nicht aufgibt und weiterkämpft, wird man belohnt." Das Rosa Trikot als Beleg dafür trug Roglic in Rom auf den Schultern.

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