Auch Ricco positiv getestet

SID
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© DPA

Narbonne - Die Doping-Erschütterungen werden immer heftiger und rütteln an den Grundfesten der Tour de France. Mit dem zweifachen Etappensieger Riccardo Ricco wurde der dritte Doper nach Manuel Beltran und Moises Duenas Nevado (beide Spanien) enttarnt.

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Riccos spanisches Team Saunier Duval trat zur 12. Etappe in Lavenalet nicht mehr an. "Wir stellen unsere sportlichen Aktivitäten im Moment ein. Er ist kein x-beliebiger Fahrer, wir haben das Team um ihn herum aufgebaut und unser Image", erklärte Teamchef Pietro Algeri den Tränen nahe.

Vorher hatten sich regelrechte Jagdszenen in Lavelanet abgespielt. Bergtrikot-Träger Ricco wollte am Startort im Wagen seines Teams flüchten, die Polizei verfolgte ihn und nahm ihn in Gewahrsam. Der 24-jährige Italiener, für große Sprüche und Provokationen bekannt, wurde die Verwendung des neuen EPO-Präparats CERA nach dem Zeitfahren am vergangenen Dienstag in Cholet, das Stefan Schumacher gewonnen hatte, nachgewiesen.

"Ein weiterer isolierter Fall"

"Wir werden noch keine drakonischen Maßnahmen gegen die Teams einleiten, solange wir nicht mehr wissen", hatte vor dem selbst gewählten Tour-Aus der spanischen Mannschaft ASO-Direktor Patrice Clerc erklärt. "Für uns ist das ein weiterer von isolierten Fällen."

Ricco war bereits zu Tour-Beginn in Verdacht geraten, nachdem sein Name auf einer Liste von fünf Fahrern erschienen sein soll, die nach Kontrollen der französischen Anti-Doping-Agentur AFLD "Auffälligkeiten" aufgewiesen hätten, wie die "L'Equipe" berichtete. Der diesjährige Zweite des Giro d'Italia hatte seinen Hämatokritwert außerhalb der Norm mit natürlichen Ursachen erklärt.

Keine Gefahr für die Fortsetzung der Tour

Trotz der neuesten dramatischen Ereignisse sah Hans-Michael Holczer, der Manager des Teams Gerolsteiner, keine Gefahr für die Fortsetzung der Tour de France, die 2006 und 2007 ähnliche Doping-Erdbeben erlebt hatte. "Die Tour geht weiter, sie steht hinter den Kontrollen und hat sie initiiert. Uns stehen wahrscheinlich noch weitere Unbelehrbare ins Haus. Interessant wird, aus welchen Teams sie kommen könnten", sagte der Mathematiklehrer.

Der Doping-Experte Rasmus Damsgaard hatte vor Bekanntwerden des neuesten Falles ein düsteres Bild von der Tour gemalt. Der Däne, der die internen Anti-Doping-Programme in Jens Voigts CSC-Saxo-Team und bei der US-Equipe Garmin leitet, kritisierte den Tour-Veranstalter ASO und die AFLD, die die Tests beim Juli-Spektakel vornimmt.

"Ich befürchte, sie würden 10, 20 oder 30 Prozent der Fahrer mit EPO überführen, wenn sie jetzt das komplette Feld testen würden. Die zwei Fälle Beltran und Duenas zeigen, dass ihre Dopingkontrollen nicht funktionieren, solange sie sich mit Stichproben begnügen", hatte Damsgaard einem dänischen Internetportal erklärt. Voigt nannte den Vorwurf "eine gewagte Aussage".

Nach der 4. Etappe erwischt

Über die Art der in Duenas Gepäck sichergestellten Präparate wollte dessen Teamleitung von Barloworld weiter nichts mitteilen. Team-Chef Claudio Corti beteuerte noch einmal, dass es sich um einen "Einzelfall" handelte, und das auch Duenas Zimmer-Kollegen Felix Cardenas und Paolo Longo Borghini, inzwischen nach Stürzen ausgestiegen, auf Befragen nichts Verdächtiges mitgeteilt hätten.

AFLD-Chef Pierre Bordry wies den Vorwurf zurück, dass man Riccos Testergebnisse - wie die von Duenas' - bereits am Mittwoch hätte bekanntgeben müssen: "Das ist eine Frage der Kapazitäten. Die Laboratorien haben sehr viel zu tun."

Zugleich forderte er von der französischen Regierung mehr Gelder für den Anti-Doping-Kampf: "Ich brauche mehr Mittel vom Ministerium, um die Kontrollen schneller durchführen zu lassen", sagte er. Ricco und Duenas waren beide nach der 4. Etappe erwischt worden.

Peloton ist entrüstet

"Wir fahren hier alle auf Weltniveau und wenn dann einer am Berg so abhaut, wie Ricco, dann hat man als Fahrer schon ein komisches Gefühl.", sagte der ehemalige Träger des Gelben Trikots, Kim Kirchen vor dem Etappenstart.

In die gleiche Kerbe schlägt Gerolsteiner-Profi Heinrich Haussler: "Es gibt immer noch Fahrer, die so dumm sind, zu dopen. Und es ist ärgerlich, dass sie den Radsport damit kaputt machen. Aber wenigstens sieht man, dass die Kontrollen gut funktionieren."