Tragischer Held: Wegen Umbau offen

Von Alexander Mey
Bruno Spengler fährt ab 2012 für BMW in der DTM
© Imago

Bruno Spengler avancierte bei Mercedes zum tragischen Helden der DTM. Nun steht er bei BMW vor völlig neuen Herausforderungen. War der Wechsel seine letzte Chance? Abwanderungsgedanken gab es.

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Die Website von Bruno Spengler ist schwarz. Zu sehen ist nur ein BMW-Logo. Darunter der Text: "Bruno.Spengler - New page coming soon" Eine Baustelle, genau wie die DTM-Karriere des 28-jährigen Kanadiers.

Spengler kam 2005 in die Rennserie und schlug schon im zweiten Jahr ein wie eine Bombe. Als Neuling im Mercedes-Werksteam wurde er Vizemeister hinter DTM-Legende Bernd Schneider. 2007 das gleiche, wieder Vizemeister, diesmal nach einer Niederlage im letzten Rennen gegen Mattias Ekström.

Spenglers erster Meistertitel war nur eine Frage der Zeit, so die einhellige Meinung. Doch die Zeit wurde lang. Nach den Plätzen fünf und vier in den Jahren 2008 und 2009 führte er sowohl 2010 als auch 2011 die Meisterschaft bis wenige Rennen vor Schluss teils deutlich an, nur um dann den Titel dramatisch noch aus der Hand zu geben.

No regrets: beneidenswert oder heuchlerisch?

Bruno Spengler, eine Karriere vom Jungstar zum tragischen Helden, zum Verlierer? "Ich sehe es lieber so: Ich hatte viermal die Chance, den Titel zu holen. Es ist doch besser, zweimal Zweiter und zweimal Dritter als viermal Sechster zu sein", sagt Spengler beim Treffen mit SPOX. "Motorsport ist so. Es passieren Sachen, die man nicht erwartet, das muss man sich klar machen, wenn man sich für diesen Job entscheidet."

Eine beneidenswerte Sichtweise - oder doch nur Heuchelei? "Ich konnte die Tiefen in meiner Karriere schon immer sehr gut abhaken. Ich bin ein Mensch, der im Hier und Jetzt lebt und nicht gerne in die Vergangenheit schaut. Ich werde selten sagen: 'Ach, vor zwei Jahren, das war scheiße!' So denke ich nicht", sagt Spengler.

Es ist Abend und Spengler sitzt im Rahmen einer lockeren Veranstaltung entspannt am Tisch. Er lacht viel, ist offen, hat einen wachen Blick. Man nimmt ihm ab, dass er Niederlagen gut abhaken kann. So sieht kein tragischer Held aus.

Letzte Chance nach zahlreichen Nackenschlägen?

Der Wechsel im Winter von Mercedes zu BMW ist seine große Chance, all die Nackenschläge der letzten Jahre hinter sich zu lassen. Ein Neuanfang, vielleicht sogar die letzte Chance, sich noch einmal für die DTM zu motivieren?

"Nein, es war auf keinen Fall die letzte Chance. Ich bin gerade mal 28 Jahre alt und will noch viel erreichen. Es war nicht die letzte Motivation, es war die pure Motivation", widerspricht Spengler.

Er hatte ein gut dotiertes Angebot für einen neuen Vertrag bei Mercedes vorliegen und beteuert, sich dort immer sehr wohl gefühlt zu haben. Aber: "Es war an der Zeit für mich zu wechseln, und von Anfang an beim Neuaufbau des BMW-Projekts dabei zu sein, war eine große Herausforderung."

Spengler: "Hatte überlegt, in die NASCAR zu gehen"

Der Einstieg von BMW in die DTM hat Spengler ganz neue Perspektiven eröffnet. Vielleicht gerade noch rechtzeitig, denn auch wenn er kein tragischer Held ohne Motivation war, gab es im letzten Jahr erste Abwanderungsgedanken.

"2011 hatte ich überlegt, in die NASCAR zu gehen. Mein Manager hatte Kontakte, es gab auch Gespräche und Interesse an mir. Aber richtig konkret ist es nicht geworden", sagt Spengler. "Die NASCAR übt eine gewisse Faszination aus. Mein Problem sind aber die vielen Ovalrennen, das ist im Moment noch nicht mein Ding."

Dann doch lieber weiter Rundstreckenrennen in der DTM. "Die DTM ist nun einmal eine der besten Rennserien der Welt. Die Autos sind toll zu fahren und die Atmosphäre an den Strecken ist grandios", rührt Spengler die Werbetrommel.

"DTM ist immer noch ein deutsches Phänomen"

Er ist schon sehr lange dabei, das merkt man, wenn man ihn über die DTM reden hört. Von den Problemen der letzten Jahre mit nur zwei Herstellern und der fehlenden Anerkennung außerhalb Deutschlands redet er nicht viel.

Und das als Nordamerikaner. "In einem Dorf mitten im Wald" groß geworden, wie er sagt. NHL-Fan, Montreal Canadiens. Dort, wo er herkommt, kennt man die DTM normalerweise nicht einmal vom Hörensagen. "Die DTM ist immer noch ein deutsches Phänomen", erkennt auch Spengler an.

Aber er erfährt am eigenen Leib erste kleine Fortschritte: "In meinen ersten Jahren kannte in Kanada niemand die DTM, aber es wird besser. Ich bekomme mehr Fanpost aus der Heimat. Seit zwei Jahren kann man dort die Rennen zumindest in einer Aufzeichnung sehen."

DTM-Hersteller wollen nach Asien und Nordamerika

Das Ziel aller drei Hersteller ist es, ihre Marken mittels der DTM auch in Asien und Nordamerika weiter zu pushen. Sei es durch die Ausweitung der DTM selbst oder durch den Einsatz der DTM-Autos in anderen lokalen Rennserien.

BMW ist unter anderem unter dieser Voraussetzung zurückgekommen.

Da wären frühe Erfolge eines Kanadiers wie Spengler mit Sicherheit gerne genommen. Auch wenn es schwer wird, die auf Anhieb zu erreichen.

"Tolle Zeit" statt Titel

"Mit dem neuen Auto musst du bei den Testfahrten jede Runde nutzen, um dich aufs erste Rennen vorzubereiten. Denn die Zeit ist gerade für uns als Neuling extrem knapp", dämpft Spengler ein wenig die hohen Erwartungen.

Um den Titel wird er in der kommenden Saison aller Voraussicht nach nicht fahren. Aber darum geht es für ihn zum ersten Mal seit sechs Jahren auch nicht.

Es geht um "pure Motivation", "Spaß pur", "eine tolle Zeit" - Schlagworte, die Spengler mit strahlenden Augen oft wiederholt.

Er steht vor einem persönlichen Neuanfang, vor einer großen Chance. Egal, ob es nun die letzte in der DTM ist oder nicht.

Der DTM-Rennkalender

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