Bolt: "Vielleicht laufe ich nie mehr so schnell"

Von Interview: Florian Regelmann
Usain Bolt stellte im letzten Jahr bei der WM in Berlin seinen 100-Meter-Fabelweltrekord auf
© Getty

Sprint-Superstar Usain Bolt befindet sich mitten im Übergangsjahr 2010. Und das hat überraschend gezeigt: Er ist schlagbar. Bei der Diamond League in Stockholm zog Bolt gegen Tyson Gay den Kürzeren und kassierte damit die erste Niederlage seit über zwei Jahren. Im SPOX-Interview spricht Bolt über sein großes Idol, seinen Wechsel zum Weitsprung und Europas neuen Sprint-Gott.

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SPOX: Usain, in Barcelona fanden in der vergangenen Woche die Europameisterschaften statt. Christophe Lemaitre, der erste Weiße unter 10 Sekunden, ist Europas neuer Sprintstar...

Usain Bolt: Jaja, ich weiß. Ich kenne Christophe. Ich bin in dieser Saison in Paris gegen ihn gelaufen und er hat mich echt beeindruckt. Er ist sehr gut - er ist vor allem noch sehr jung. Wenn er sich von den Leuten nicht zu sehr unter Druck setzen lässt, hat er eine große Zukunft vor sich. Da bin ich sicher.

SPOX: Für uns Europäer gab es die EM, aber für Sie gibt es in diesem Jahr kein Großereignis: Keine WM und keine Olympischen Spiele. Das muss ein ganz anderes Gefühl für Sie sein als in den letzten beiden Jahren?

Bolt: Das stimmt, es fühlt sich ein bisschen anders an. Man könnte vielleicht denken, dass es ein eher langweiliges Jahr für mich ist. Aber so ist es nicht. Ich finde die Saison überhaupt nicht langweilig. Ich konzentriere mich ganz auf die Diamond-League-Events, die den Fans tollen Sport und eine tolle Show bieten.

SPOX: Der Show-Aspekt ist Ihnen bekanntermaßen nicht unwichtig. Woher kommt dieser Drang dazu eigentlich?

Bolt: Ich habe einfach Spaß, das ist alles. Ich habe mit einigen meiner Kollegen darüber gesprochen - und die meisten finden es okay, was ich mache. Ich glaube, dass es auch den Fans gefällt, wenn ich meine Persönlichkeit zeige. Die Leute schauen mir gerne zu, also bleibe ich auch so wie ich bin.

SPOX: Wer sind denn Ihrer Meinung nach neben Ihnen die größten Showmen im Sport?

Bolt: (lacht) Das ist eine wirklich gute Frage. Es gibt viele großartige Showmen in den verschiedenen Sportarten. Ganz ehrlich: Mein großes Idol ist und bleibt Kevin Garnett. KG ist gar nicht unbedingt der große Showman, aber er ist seit Ewigkeiten einer der besten Basketballspieler der Welt und tut alles, um sein Team zu großen Erfolgen zu führen. Das gefällt mir an ihm.

SPOX: Hatten Sie auch in der Leichtathletik Vorbilder, denen Sie als Junge nachgeeifert haben?

Bolt: Kennen Sie Don Quarrie?

SPOX: Ja, er ist eine jamaikanische Sprint-Legende.

Bolt: Er holte bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal Gold über die 200 Meter und Silber über die 100 Meter. Er war ein so geschmeidiger Sprinter, vor allem seine Kurventechnik war ein Traum - er hat mich mit seiner Technik inspiriert. Außerdem habe ich auch Michael Johnson bewundert.

SPOX: Inzwischen werden Sie von vielen Kids bewundert. Was möchten Sie diesen Talenten mit auf den Weg geben?

Bolt: Ich nehme meine Vorbildrolle sehr ernst. Wenn es eine Sache gibt, die ich gerne weitergeben würde, wäre es, dass man für seinen Erfolg sehr hart arbeiten muss. Anders geht es nicht. Gleichzeitig ist es aber wichtig, dass man bei all der harten Arbeit den Spaß nicht vergisst. Trainiert hart und habt Spaß bei dem, was ihr tut. Das ist meine Message.

SPOX: Sie hatten 2010 bis jetzt keine einfache Saison. Eine Entzündung an der Achillessehne hat für eine Zwangspause gesorgt. Wie geht es Ihnen aktuell?

Bolt: Danke, mir geht es gut. Ich nähere mich wieder meiner hundertprozentigen Fitness. Auch weil Ihr tolle Ärzte habt in Deutschland, Dr. Müller-Wohlfahrt ist der Beste.

SPOX: Werfen wir schon mal einen Blick auf die nächste Saison mit der WM in Südkorea. Greifen Sie dann wieder Ihren Weltrekord an?

Bolt: Ich setze mir keine Zeiten als Ziel. Ich laufe, um Rennen zu gewinnen. Das ist das Wichtigste. Vielleicht laufe ich auch nie mehr schneller als 9,58 Sekunden, das ist gut möglich.

SPOX: Vorausgesetzt Sie wollen aber noch schneller laufen: Wo können Sie noch Zeit herausholen?

Bolt: Ich habe schon hart an meinem Start gearbeitet, aber ich denke, dass die ersten 20 Meter trotzdem immer noch der Bereich sind, wo ich eine bessere Zeit herausholen könnte.

SPOX: Ist es eigentlich sicher, dass Sie bis zu den Olympischen Spielen in London 2012 Sprinter bleiben und dann zum Weitsprung wechseln?

Bolt: Wenn die Dinge 2012 so gut laufen, wie ich es mir vorstelle, werde ich versuchen, eine neue Herausforderung zu finden. Der Weitsprung könnte die Disziplin sein, die ich mir aussuche, weil ich glaube, dass ich das ganz gut könnte (lacht).

SPOX: Dann nehmen wir doch einfach mal an, dass Sie zum Weitsprung wechseln: Was für eine Weite würden Sie anpeilen?

Bolt: Ich habe ehrlich gesagt absolut keine Ahnung, wie weit ich springen könnte. Ich habe es noch nie ausprobiert.

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