Raymond van Barneveld im Interview: "Wenn ich an die WM denke, glüht mein Körper"

Raymond van Barneveld freut sich auf die Darts-WM im Ally Pally
© getty

Raymond van Barneveld stand in vier der letzten fünf Jahre im Halbfinale der Darts-WM (täglich live auf DAZN und im LIVETICKER) - kein Wunder, dass die Tage im Ally Pally einen riesigen Stellenwert für den fünffachen Weltmeister haben. Im Interview erklärt Barney die Sonderstellung des Jahres-Highlights, den Prestigewert der Premier League und gibt Tipps für die Entwicklung junger Talente. Außerdem erinnert sich der Niederländer an sein erstes Duell mit Phil Taylor.

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SPOX: Herr van Barneveld, in diesem Jahr war die World Series mit den German Darts Masters erstmals in Deutschland, im nächsten Jahr wird die Premier League einen Spieltag in Berlin austragen. Wie sehen Sie die Entwicklung von Darts in Deutschland?

Raymond van Barneveld: Die Entwicklung ist riesig. Die European Tour kommt immer häufiger nach Deutschland. Es gibt große Bühnen, jede Nacht sind Tausende Zuschauer da. Es ist phänomenal. Deutschland hat einen Premier-League-Spieltag verdient. Ich habe gehört, dass auch die Einschaltquoten speziell bei der WM sehr gut sind. Entsprechend bin ich davon überzeugt, dass es der richtige Weg der PDC ist, Deutschland mehr und mehr für den Dartssport zu erschließen.

SPOX: Was macht die PDC besonders gut, um das enorme Wachstum der Sportart anzukurbeln?

van Barneveld: Es ist ein großes Fest. Als ich noch bei der BDO gespielt habe, war es immer sehr ruhig. Nach drei Darts haben die Leute geschrien, aber sie sind sofort wieder still geworden. Hier ist das anders. Die Leute feiern einen Abend, an dem sie zum Darts gehen. Sie verkleiden sich als Superman oder Batman, sie bringen jede Menge gute Laune in die Veranstaltungshallen, sie machen Lärm, singen Lieder. Dazu kommt, dass der sportliche Standard enorm gestiegen ist. Es gibt höhere Averages, mehr Nine-Darter. Es gibt nicht mehr so viele Whitewashes, sondern es ist immer aufregend und spannend. Das ist der Schlüssel. Aber wissen Sie, was das Wichtigste ist, um diese Begeisterung hochzuhalten?

SPOX: Erklären Sie.

van Barneveld: Wenn der Sport in Deutschland so populär bleiben soll, ist es wichtig, dass mindestens ein oder zwei deutsche Spieler konkurrenzfähig sind. Es wäre großartig für die Turniere in Deutschland, wenn regelmäßig ein Deutscher ins Viertel- oder sogar ins Halbfinale kommen würde. Dann würde die Begeisterung womöglich noch weiter wachsen.

SPOX: Wie sehen Sie die Entwicklung der deutschen Spieler wie Max Hopp oder Martin Schindler?

van Barneveld: Sie sind sehr talentiert, aber sie sind an einem Punkt in ihrer Karriere, an dem sie mehr Hilfe brauchen.

SPOX: Wie meinen Sie das?

van Barneveld: Es wäre sehr gut, wenn Sponsoren Geld in einen Topf werfen und eine Art Trainingslager für die Spieler organisieren würden. Sie müssen regelmäßig auf hohem Niveau trainieren. Vielleicht sollten sich fünf oder sechs Spieler zusammenschließen und sich drei bis vier Tage die Woche in einem Hotel treffen, um zusammen zu trainieren - wie eine Fußballmannschaft. Ich bin sicher, dass es in der Zukunft deutsche Darter geben wird, die Viertel- und Halbfinals erreichen und irgendwann auch Turniere gewinnen können. Aber es Schritt für Schritt eine Entwicklung dorthin geben. Mensur Suljovic hat es geschafft.

SPOX: Er hat die Champions League of Darts in Cardiff gewonnen.

van Barneveld: Das war ein außergewöhnlicher Erfolg. Er hat Peter Wright, Gary Anderson und Dave Chisnall geschlagen, im Halbfinale mich und im Finale noch einmal Anderson. Das war kein Erfolg bei irgendeinem Turnier, sondern er hat sich gegen die Besten durchgesetzt. Und das ist auch für das deutsche Publikum gut. Natürlich weiß ich, dass Mensur Österreicher ist, aber ich bin überzeugt, dass er als deutschsprachiger Spieler trotzdem eine wichtige Identifikationsfigur ist. An seinem Werdegang sehen junge, begabte Spieler: Wenn du hart an dir arbeitest, wenn du Erfahrungen sammelst und von Turnier zu Turnier tingelst, kannst du der Beste werden. Also auf geht's, fangt an zu trainieren!

SPOX: Dieser Aufforderung sind in den letzten Jahren offenbar viele Spieler nachgekommen, das Niveau wird stärker und stärker.

van Barneveld: Auf jeden Fall.

SPOX: Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

van Barneveld: Als ich zur PDC gekommen bin, hast du deine Matches auch mit einem Average von 90 oder sogar 85 noch gewonnen. In den letzten Jahren habe ich viele Matches verloren, in denen ich über 100 gespielt habe. Ich weiß nicht, wann es begonnen hat, dass jeder dreistellige Averages gespielt hat. Das ist ja nicht einmal mehr die absolute Spitze. Michael van Gerwen und Phil Taylor spielen regelmäßig um die 110. Ich habe nicht wirklich eine Erklärung dafür, außer dass wir uns gegenseitig jeden Tag besser machen. Spieler wie Michael, Gary oder Phil haben so einen natürlichen Wurf, sie können selbst mit ihrem Z-Game noch Spiele gewinnen. Aber gerade Michael spielt ja nie auf diesem niedrigen Niveau. Er ist immer gut, immer in Form. Und das motiviert andere Spieler, umso härter zu arbeiten, um dieses Level auch zu erreichen.

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