„Solis bekam alles geschenkt“

SID
Karsten Röwer arbeitet seit 2008 für das Sauerland-Team
© getty

Er wurde von Fritz Sdunek trainiert. Und führte Jürgen Brähmer zurück in die Weltspitze. Vor der Titelverteidigung des WBA-Weltmeisters im Halbschwergewicht gegen Enzo Maccarinelli (Sa., 22.15 Uhr im LIVE-TICKER) blickt Brähmer-Trainer Karsten Röwer auf seine Karriere zurück.

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SPOX: Herr Röwer, am Samstagabend verteidigt Jürgen Brähmer seinen WBA-Titel im Halbschwergewicht gegen Enzo Maccarinelli. Wie lief die Vorbereitung?

Karsten Röwer: Ich bin sehr zufrieden mit Jürgen gewesen. Es gab keine Blessuren, er ist verletzungsfrei durch das Trainingslager gekommen, das ist immer sehr wichtig. Es lief schon fast zu perfekt, deswegen mussten wir die Belastung am Ende noch mal erhöhen.

SPOX: Es lief zu perfekt? Das müssen Sie erklären.

Röwer: Jürgen war fast zu früh schon richtig gut drauf. Deswegen haben wir noch ein paar Schichten geschoben, damit er in ein kleines Tief fällt und richtig platt ist, nur so konnte er sich in der letzten Woche noch mal komplett regenerieren und wird am Kampfabend topfit sein.

SPOX: Wie haben Sie Brähmer auf Maccarinellis Körpergröße eingestellt? Immerhin ist der Waliser zwölf Zentimeter größer als der Weltmeister.

Röwer: Größe ist nicht alles. Das Sprichwort passt auch aufs Boxen ganz gut (schmunzelt). Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Jürgen darauf gut einstellen kann. Ich erinnere mich da zum Beispiel an den Kampf gegen Tony Averlant, den er mit einem Körperhaken vorzeitig auf die Bretter schickte.

SPOX: Wo sehen Sie Maccarinellis Schwächen?

Röwer: Er ist konditionell immer gut dabei, aber bei der Schnelligkeit hat er deutlich das Nachsehen. Da ist Jürgen auf einem ganz anderen Level. Auch die Treffergenauigkeit sollte für uns sprechen. Gegen Lebedev hat man zudem gesehen, dass Maccarinelli immer wieder Deckungslücken hat, wenn er unter Druck gerät.

SPOX: Sie kennen Brähmer schon sehr lange, haben bereits als Amateur mit ihm zusammengearbeitet. Seit seinem Wechsel zu Sauerland 2012 bilden sie erneut ein erfolgreiches Gespann. Welche Entwicklung hat er durchlaufen?

Röwer: Er geht mittlerweile viel bewusster an die Sache ran. Ich weiß nicht, ob man es Altersmilde nennen kann, aber ihm ist bewusst, dass er nicht mehr viele Jahre im Ring vor sich hat. Deswegen genießt er diese Momente umso mehr. Und er muss keinem mehr etwas beweisen, finanzielle Gründe gibt es auch nicht. Es geht rein um den eigenen Antrieb.

SPOX: Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben? Eine Vater-Sohn-Beziehung?

Röwer: Um Gottes Willen, die Zeiten sind vorbei (lacht). Wir sind einfach zwei erwachsene Männer, die in vielen Sachen einen gemeinsamen Nenner haben und sportbegeistert sind.

SPOX: Das war bei der Amateur-WM 1996 in Havanna wohl noch anders. Ein junger Brähmer gewann damals den Titel. Welche Erinnerungen haben Sie daran noch?

Röwer: Sie glauben es mir vielleicht nicht, aber ich weiß noch ganz genau, gegen wen und vor allem wie er damals geboxt hat. Das Highlight war ein Duell mit einem Kubaner in der zweiten Runde, das war ganz großes Kino, ein Traumkampf von Jürgen. Die einheimischen Fans waren auf einmal ganz still.

SPOX: Sehr unüblich für die boxbegeisterten Kubaner.

Röwer: Das stimmt, auf Kuba lebt man Boxen noch richtig. Die ganze WM damals war ein unvergessliches Erlebnis. Wir haben in einer Art Sportschule übernachtet, mit einfachsten Mitteln. Zudem hatte Jürgen Zahnprobleme und musste im Vorfeld das Sparring ausfallen lassen. Erst vor Ort konnten wir das nachholen, gegen einen Halbschwergewichtler. Und was ist passiert? Jürgen als Weltergewichtler mit 67 Kilos hat ihn vorgeführt. Die kubanischen Trainer sind danach auf mich zugekommen: "Der wird mal Weltmeister!" So schlecht lagen sie damit ja nicht.

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