"Killerinstinkt? Einfach einschalten"

Von Interview: Bastian Strobl
Jack Culcay (r.) kehrt gegen Mikheil Khutsishvili auf den TV-Bildschirm zurück
© Getty

Golden Jack is back! Im Vorprogramm von Robert Stieglitz' WM-Kampf boxt Jack Culcay am Samstag unter neuer Flagge gegen den Georgier Mikheil Khutsishvili (ab 23 Uhr auf Sat.1). Im SPOX-Interview spricht er über seine Rückkehr auf den TV-Bildschirm, die Schlagstärke eines Idols und spielt Promoter für seinen persönlichen Traumkampf.

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SPOX: Herr Culcay, im Moment ist einiges los bei Ihnen. Der Kampf am heutigen Samstag, und dann sind Sie neuerdings bei SES Boxing. Wie kam der Wechsel von Universum zustande?

Jack Culcay: Ich würde das eher als eine neue Partnerschaft zwischen Universum und SES bezeichnen. Klaus-Peter Kohl und Ulf Steinforth kennen sich ja gut, deswegen hat sich das schnell ergeben.

SPOX: Hat der Wechsel von Susi Kentikian für Sie eine Rolle gespielt?

Culcay: Nein, vom Wechsel von Susi habe ich erst aus der Presse erfahren. Der hat mich also nicht in meiner Entscheidung beeinflusst. Wir sehen uns nicht so häufig im Gym, da sie gerne länger ausschläft und erst am Abend trainiert (lacht).

SPOX: Haben Sie ein Wechsel zu einem anderen Boxstall in Betracht gezogen? Zu Sauerland oder Arena vielleicht?

Culcay: Ich stehe unter Vertrag. Was ich in Betracht ziehe oder nicht, steht hier nicht zur Debatte.

SPOX: Trotz Ihres Abgangs gibt es aber keine Probleme mit Kohl, immerhin gelten Sie als größtes Talent im deutschen Boxsport?

Culcay: Universum ist derzeit leider nicht in der Lage, attraktive Kampfabende mit einem starken TV-Partner zu veranstalten. Daher ist ein Kampf bei SES die einzige Möglichkeit, ins Fernsehen zu kommen.

SPOX: Noch mal zur Klarstellung: Der Vertrag mit SES ist aber schon unter Dach und Fach?

Culcay: Alle Parteien haben sich geeinigt, nicht über Vertragsdetails in der Öffentlichkeit zu sprechen.

SPOX: Sie sind momentan also ein bisschen in der Schwebe?

Culcay: Das ist richtig, derzeit ist alles etwas unklar und provisorisch und niemand weiß, wie es weitergeht. Die beiden Boxställe haben eben eine Partnerschaft, deswegen kann ich am 9. April für SES boxen. Als Beispiel: Normalerweise ist es ja so, dass man bei einem neuen Boxstall auch einen neuen Trainer bekommt. Aber mir war wichtig, dass Michael Timm mein Trainer bleibt und ich weiterhin im Universum-Gym trainieren kann.

SPOX: Weil Ihr Verhältnis zu Timm sehr speziell ist?

Culcay: Genau. Wir haben jetzt seit Beginn meiner Profikarriere gut miteinander zusammengearbeitet. Er kennt mich und weiß, wie ich ticke, und genauso ist es andersrum auch. Wenn ich jetzt wieder einen neuen Trainer bekommen würde, müsste ich ganz von vorne anfangen und erste wieder diese Beziehung und das Vertrauen aufbauen. Dafür habe ich einfach keine Zeit, ich will ja weiterkommen.

SPOX: Michael Timm legt viel Wert auf die Defensive. Die ist bei Ihnen ja eher an zweiter Stelle.

Culcay: Das stimmt zwar, aber wir üben schon die ganze Zeit an meiner Deckung. Ich werde langsam besser. Es ist wichtig, in einem Kampf variieren zu können zwischen Doppeldeckung und einem offeneren Stil.

SPOX: Ihr offener Stil hat Ihnen im letzten Kampf gegen Alexej Ribchev aber auch viele Schläge Ihres Gegners eingebracht.

Culcay: Das ist zwar richtig. Aber ich habe auch versucht, über die Runden zu gehen. Ich wollte nicht von Anfang gleich in die Vollen gehen wie bei meinen früheren Kämpfen. Ich habe mir meine Kräfte eingeteilt.

SPOX: Nach dem Kampf haben Sie gesagt: "Er war der erste Gegner, der richtig gewinnen wollte." Wie ist das denn zu verstehen?

Culcay: Das hat man gleich gesehen. Bei den anderen Gegnern war der Kampf eigentlich schon nach den ersten Schlägen gelaufen. Aber Ribchev habe ich getroffen und er hat zurückgeschlagen. Daran merkt man, ob jemand Eier in der Hose hat.

SPOX: Aber das bedeutet ja im Umkehrschluss, dass Ihre früheren Gegner eher das Prädikat Fallobst verdienen?

Culcay: Das kann man so nicht sagen. Es ist natürlich auch immer eine Frage meiner Tagesform. An manchen Tagen bin ich gut und die Gegner fallen schnell um, an anderen Tagen geht es über die Runden.

SPOX: Kann es sein, dass Sie sich absichtlich ein wenig zurückgenommen haben?

Culcay: Ich wollte schon über die Runden gehen, weil ich dann mehr Erfahrung sammeln kann. Ich nehme dann den Fuß vom Gas, vor allem in den ersten Minuten des Kampfes. Ich versuche, nicht immer jeden schnell umzuhauen. Und die Zuschauer haben dann ja auch mehr vom Kampf.

SPOX: Seit Ihrem letzten Fight haben Sie vor allem an Ihrer Schlagstärke gearbeitet. Wollen Sie etwa Ihrem Idol Mike Tyson nacheifern?

Culcay: (lacht) Mal schauen. Ich habe mir früher immer seine Kämpfe angeguckt. Er hatte diesen Killerinstinkt, den man sich abschauen kann.

SPOX: Der fehlt Ihnen also noch?

Culcay: Nicht unbedingt. Den Killerinstinkt habe ich schon, ich muss nur noch den Knopf finden und ihn einfach einschalten.

SPOX: Vielleicht ja schon in Ihrem nächsten Kampf gegen den Georgier Mikheil Khutsishvili: Was kann man von ihm erwarten?

Culcay: Er hat immerhin gegen Matthew Hatton, den Bruder von Ricky Hatton, geboxt. Mit 22 Jahren hat er schon 31 Kämpfe auf dem Buckel. In Sachen Erfahrung hat er mir also einiges voraus.

SPOX: Khutsishvili hat erst am 18. März in Frankreich gekämpft. Ist die Regenerationspause nicht zu kurz für einen Boxer?

Culcay: Nicht unbedingt. Sein Vorteil ist, dass er voll im Saft steht. Ich dagegen habe vor fünf Monaten meinen letzten Kampf gehabt, was auch nicht gerade optimal ist.

SPOX: Eigentlich sollten Sie gegen den Franzosen Kamel Abdesselam antreten. Ist der Georgier also nur eine B-Lösung?

Culcay: Natürlich war der Fokus auf Abdesselam. Aber wenn ein Gegner ausfällt, muss man schnell handeln und hat dann nicht mehr die große Auswahl. Aber das Wichtigste ist erstmal, dass ich wieder boxen und Kampfpraxis sammeln kann, nachdem ja schon im Januar ein anvisierter Fight ausgefallen ist.

SPOX: Aber stört das nicht die Kampfvorbereitung, wenn sich der Gegner ständig wechselt?

Culcay: Eigentlich schon, aber man muss auf alles vorbereitet sein und sich kurzfristig umstellen können. Ich sollte einmal gegen einen 1,90-Meter-Riesen kämpfen und habe mich dementsprechend im Sparring darauf vorbereitet, aber dann war der krank und ich sollte gegen einen viel Kleineren kämpfen. Für mich ist das also nichts Neues. Zu meiner Amateurzeit war das sowieso Gang und Gebe. Fällt der eine aus, kommt der Nächste an die Reihe.

SPOX: Also ein Qualitätsmerkmal von Ihnen. Vielleicht hat Ihr neuer Promoter Ulf Steinforth Sie ja auch deshalb als "Zukunft des deutschen Boxens" bezeichnet. Wie gehen Sie mit diesem Druck um?

Culcay: Ach, den merke ich eigentlich gar nicht. Ich konnte schon immer gut mit der Erwartungshaltung umgehen. Ich würde sogar sagen, das ist besser so. Dann kann ich besser trainieren und mehr aus mir rausholen. Ich liebe einfach diese Herausforderung, anderen etwas zu beweisen.

SPOX: Der Kampf am 9. April bedeutet für Sie auch die Rückkehr ins TV, nachdem Ihr letzter Fight nur auf "bild.de" gezeigt wurde.

Culcay: Dass ich auf "Sat.1" boxen kann, ist natürlich Gold wert. Und das schon in meinem achten Profikampf. Es ist einfach immer noch so, dass die meisten Zuschauer am Fernsehgerät hocken und nicht vor dem Internet. In ein oder zwei Jahren könnte das schon anders ausschauen. Insofern war der Kampf auf "bild.de" genau zum richtigen Zeitpunkt.

SPOX: Jetzt haben wir zu Beginn so viel über Boxställe geredet. Spielen Sie doch selber mal Promoter: Wie würde Ihr Traummatch lauten?

Culcay: (schmunzelt) Da gibt es einige Name, die mir da einfallen: Cotto oder Pacquiao zum Beispiel. Aber am liebsten würde ich gegen Floyd Mayweather kämpfen. Der Kampf sollte dann natürlich in Amerika stattfinden, das wäre schon cool.

SPOX: Mayweather hat ja auch in verschiedenen Gewichtsklassen gekämpft. Kommt für Sie so etwas auch in Frage?

Culcay: Auf jeden Fall. Ich würde gerne mal eine Gewichtsklasse tiefer gehen. Mit dem Gewicht an sich hatte ich sowieso nie Probleme. Ich könnte aber auch ein paar Kilo draufpacken und mich im Mittelgewicht versuchen.

SPOX: Davor steht aber erstmal Ihr zweites Profi-Jahr an. Was nehmen Sie sich vor?

Culcay: Vielleicht geht einer meiner nächsten Kämpfe ja schon um die deutsche Meisterschaft. Ob es sogar mit der Europameisterschaft was wird, kann ich nicht sagen. Ich bin nicht der Typ, der sich großartig aufspielt und rumtönt: 'Ich bin jetzt bereit, gib mir den Titelkampf.' Da vertraue ich vollkommen auf meinen Trainer und Manager.

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